Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.
und Hemden. -- Wir kratzen fünfzig Jahre lang am Sargdeckel. Ja, wer an Vernichtung glauben könnte! dem wäre geholfen. -- Da ist keine Hoff- nung im Tod; er ist nur eine einfachere, das Leben eine verwickeltere, organisirtere Fäulniß, -- das ist der ganze Unterschied! -- Aber ich bin gerad' einmal an diese Art des Faulens gewöhnt, der Teufel weiß, wie ich mit einer andern zurecht komme. -- O Julie! Wenn ich allein ginge! -- Wenn sie mich ein- sam ließe! -- Und wenn ich ganz zerfiele, mich ganz auflöste -- ich wäre eine Handvoll gemar- terten Staubes, jedes meiner Atome könnte nur Ruhe finden bei ihr. -- Ich kann nicht sterben, nein, ich kann nicht sterben. Wir müssen schreien, sie müssen mir jeden Lebenstropfen aus den Glie- dern reißen. Ein Zimmer. Fouquier, Amar, Voulaud. Fouquier. Ich weiß nicht mehr, was ich antworten soll; sie fordern eine Commission.
und Hemden. — Wir kratzen fünfzig Jahre lang am Sargdeckel. Ja, wer an Vernichtung glauben könnte! dem wäre geholfen. — Da iſt keine Hoff- nung im Tod; er iſt nur eine einfachere, das Leben eine verwickeltere, organiſirtere Fäulniß, — das iſt der ganze Unterſchied! — Aber ich bin gerad’ einmal an dieſe Art des Faulens gewöhnt, der Teufel weiß, wie ich mit einer andern zurecht komme. — O Julie! Wenn ich allein ginge! — Wenn ſie mich ein- ſam ließe! — Und wenn ich ganz zerfiele, mich ganz auflöſte — ich wäre eine Handvoll gemar- terten Staubes, jedes meiner Atome könnte nur Ruhe finden bei ihr. — Ich kann nicht ſterben, nein, ich kann nicht ſterben. Wir müſſen ſchreien, ſie müſſen mir jeden Lebenstropfen aus den Glie- dern reißen. Ein Zimmer. Fouquier, Amar, Voulaud. Fouquier. Ich weiß nicht mehr, was ich antworten ſoll; ſie fordern eine Commiſſion. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#DAN"> <p><pb facs="#f0126" n="122"/> und Hemden. — Wir kratzen fünfzig Jahre lang<lb/> am Sargdeckel. Ja, wer an Vernichtung glauben<lb/> könnte! dem wäre geholfen. — Da iſt keine Hoff-<lb/> nung im Tod; er iſt nur eine einfachere, das Leben<lb/> eine verwickeltere, organiſirtere Fäulniß, — das iſt der<lb/> ganze Unterſchied! — Aber ich bin gerad’ einmal<lb/> an dieſe Art des Faulens gewöhnt, der Teufel weiß,<lb/> wie ich mit einer andern zurecht komme. — O <hi rendition="#g">Julie</hi>!<lb/> Wenn ich <hi rendition="#g">allein</hi> ginge! — Wenn ſie mich ein-<lb/> ſam ließe! — Und wenn ich ganz zerfiele, mich<lb/> ganz auflöſte — ich wäre eine Handvoll gemar-<lb/> terten Staubes, jedes meiner Atome könnte nur<lb/> Ruhe finden bei ihr. — Ich kann nicht ſterben,<lb/> nein, ich kann nicht ſterben. Wir müſſen ſchreien,<lb/> ſie müſſen mir jeden Lebenstropfen aus den Glie-<lb/> dern reißen.</p> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Ein Zimmer</hi>.</hi> </head><lb/> <stage><hi rendition="#g">Fouquier, Amar, Voulaud</hi>.</stage><lb/> <sp who="#FOU"> <speaker><hi rendition="#g">Fouquier</hi>.</speaker><lb/> <p>Ich weiß nicht mehr, was ich antworten ſoll;<lb/> ſie fordern eine Commiſſion.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [122/0126]
und Hemden. — Wir kratzen fünfzig Jahre lang
am Sargdeckel. Ja, wer an Vernichtung glauben
könnte! dem wäre geholfen. — Da iſt keine Hoff-
nung im Tod; er iſt nur eine einfachere, das Leben
eine verwickeltere, organiſirtere Fäulniß, — das iſt der
ganze Unterſchied! — Aber ich bin gerad’ einmal
an dieſe Art des Faulens gewöhnt, der Teufel weiß,
wie ich mit einer andern zurecht komme. — O Julie!
Wenn ich allein ginge! — Wenn ſie mich ein-
ſam ließe! — Und wenn ich ganz zerfiele, mich
ganz auflöſte — ich wäre eine Handvoll gemar-
terten Staubes, jedes meiner Atome könnte nur
Ruhe finden bei ihr. — Ich kann nicht ſterben,
nein, ich kann nicht ſterben. Wir müſſen ſchreien,
ſie müſſen mir jeden Lebenstropfen aus den Glie-
dern reißen.
Ein Zimmer.
Fouquier, Amar, Voulaud.
Fouquier.
Ich weiß nicht mehr, was ich antworten ſoll;
ſie fordern eine Commiſſion.
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