Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835. Danton. Schlafe, mein Junge, schlafe. Camille. Höre, Danton, unter uns gesagt, es ist so elend, sterben zu müssen. Es hilft auch zu nichts. Ich will dem Leben noch die letzten Blicke aus seinen hübschen Augen stehlen, ich will die Augen offen haben. Danton. Du wirst sie ohnehin offen behalten. Samson drückt einem die Augen nicht zu. Der Schlaf ist barmherziger. Schlafe, mein Junge, schlafe. Camille. Lucile, deine Küsse phantasiren auf meinen Lip- pen, jeder Kuß wird ein Traum, meine Augen sinken und schließen ihn fest ein. Danton. Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem Picken schiebt sie die Wände enger um mich, bis sie so eng sind wie ein Sarg. -- Ich las einmal als Kind so eine Geschichte, die Haare standen mir zu Berg. -- Ja, als Kind! das war der Mühe werth, mich so groß zu füttern und mich warm zu halten. Blos Arbeit für den Todtengräber! -- Es ist mir, Danton. Schlafe, mein Junge, ſchlafe. Camille. Höre, Danton, unter uns geſagt, es iſt ſo elend, ſterben zu müſſen. Es hilft auch zu nichts. Ich will dem Leben noch die letzten Blicke aus ſeinen hübſchen Augen ſtehlen, ich will die Augen offen haben. Danton. Du wirſt ſie ohnehin offen behalten. Samſon drückt einem die Augen nicht zu. Der Schlaf iſt barmherziger. Schlafe, mein Junge, ſchlafe. Camille. Lucile, deine Küſſe phantaſiren auf meinen Lip- pen, jeder Kuß wird ein Traum, meine Augen ſinken und ſchließen ihn feſt ein. Danton. Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem Picken ſchiebt ſie die Wände enger um mich, bis ſie ſo eng ſind wie ein Sarg. — Ich las einmal als Kind ſo eine Geſchichte, die Haare ſtanden mir zu Berg. — Ja, als Kind! das war der Mühe werth, mich ſo groß zu füttern und mich warm zu halten. Blos Arbeit für den Todtengräber! — Es iſt mir, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0136" n="132"/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#g">Danton.</hi> </speaker><lb/> <p>Schlafe, mein Junge, ſchlafe.</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#g">Camille.</hi> </speaker><lb/> <p>Höre, Danton, unter uns geſagt, es iſt ſo elend,<lb/> ſterben zu müſſen. Es hilft auch zu nichts. Ich<lb/> will dem Leben noch die letzten Blicke aus ſeinen<lb/> hübſchen Augen ſtehlen, ich will die Augen offen<lb/> haben.</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#g">Danton.</hi> </speaker><lb/> <p>Du wirſt ſie ohnehin offen behalten. Samſon<lb/> drückt einem die Augen nicht zu. Der Schlaf iſt<lb/> barmherziger. Schlafe, mein Junge, ſchlafe.</p> </sp><lb/> <sp who="#CAM"> <speaker> <hi rendition="#g">Camille.</hi> </speaker><lb/> <p>Lucile, deine Küſſe phantaſiren auf meinen Lip-<lb/> pen, jeder Kuß wird ein Traum, meine Augen<lb/> ſinken und ſchließen ihn feſt ein.</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker> <hi rendition="#g">Danton.</hi> </speaker><lb/> <p>Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem<lb/> Picken ſchiebt ſie die Wände enger um mich, bis ſie<lb/> ſo eng ſind wie ein Sarg. — Ich las einmal als<lb/> Kind ſo eine Geſchichte, die Haare ſtanden mir zu<lb/> Berg. — Ja, als Kind! das war der Mühe werth,<lb/> mich ſo groß zu füttern und mich warm zu halten.<lb/> Blos Arbeit für den Todtengräber! — Es iſt mir,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [132/0136]
Danton.
Schlafe, mein Junge, ſchlafe.
Camille.
Höre, Danton, unter uns geſagt, es iſt ſo elend,
ſterben zu müſſen. Es hilft auch zu nichts. Ich
will dem Leben noch die letzten Blicke aus ſeinen
hübſchen Augen ſtehlen, ich will die Augen offen
haben.
Danton.
Du wirſt ſie ohnehin offen behalten. Samſon
drückt einem die Augen nicht zu. Der Schlaf iſt
barmherziger. Schlafe, mein Junge, ſchlafe.
Camille.
Lucile, deine Küſſe phantaſiren auf meinen Lip-
pen, jeder Kuß wird ein Traum, meine Augen
ſinken und ſchließen ihn feſt ein.
Danton.
Will denn die Uhr nicht ruhen? Mit jedem
Picken ſchiebt ſie die Wände enger um mich, bis ſie
ſo eng ſind wie ein Sarg. — Ich las einmal als
Kind ſo eine Geſchichte, die Haare ſtanden mir zu
Berg. — Ja, als Kind! das war der Mühe werth,
mich ſo groß zu füttern und mich warm zu halten.
Blos Arbeit für den Todtengräber! — Es iſt mir,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |