Büchner, Georg: Danton's Tod. Frankfurt (Main), 1835.
selbst die um dich sammeln, die man als Mitschul- dige Hebert's bedroht. Du mußt dich deinem Zorn überlassen. Laßt uns wenigstens nicht entwaffnet und erniedrigt wie der schändliche Hebert sterben. Danton. Du hast ein schlechtes Gedächtniß, du nanntest mich einen todten Heiligen. Du hattest mehr Recht, als du glaubtest. Ich war bei den Sectionen, sie waren ehrfurchtsvoll, aber wie Leichenbitter. Ich bin eine Reliquie, und Reliquien wirft man auf die Gasse; du hattest Recht. Lacroix. Warum hast du es dazu kommen lassen? Danton. Dazu? Ja wahrhaftig, es war mir zuletzt lang- weilig, immer im nämlichen Rock herumzulaufen, und die nämlichen Falten zu ziehen! Das ist er- bärmlich, so ein armseliges Instrument zu spielen, auf dem eine Saite immer nur einen Ton an- gibt! -- Das ist nicht zum Aushalten. Ich wollte mir's bequem machen. Ich hab' es erreicht; die Revolution setzt mich in Ruhe, aber auf andere Weise, als ich dachte. -- Übrigens auf was sich stützen? -- Unsere Metzen könnten es noch mit den
ſelbſt die um dich ſammeln, die man als Mitſchul- dige Hebert’s bedroht. Du mußt dich deinem Zorn überlaſſen. Laßt uns wenigſtens nicht entwaffnet und erniedrigt wie der ſchändliche Hebert ſterben. Danton. Du haſt ein ſchlechtes Gedächtniß, du nannteſt mich einen todten Heiligen. Du hatteſt mehr Recht, als du glaubteſt. Ich war bei den Sectionen, ſie waren ehrfurchtsvoll, aber wie Leichenbitter. Ich bin eine Reliquie, und Reliquien wirft man auf die Gaſſe; du hatteſt Recht. Lacroix. Warum haſt du es dazu kommen laſſen? Danton. Dazu? Ja wahrhaftig, es war mir zuletzt lang- weilig, immer im nämlichen Rock herumzulaufen, und die nämlichen Falten zu ziehen! Das iſt er- bärmlich, ſo ein armſeliges Inſtrument zu ſpielen, auf dem eine Saite immer nur einen Ton an- gibt! — Das iſt nicht zum Aushalten. Ich wollte mir’s bequem machen. Ich hab’ es erreicht; die Revolution ſetzt mich in Ruhe, aber auf andere Weiſe, als ich dachte. — Übrigens auf was ſich ſtützen? — Unſere Metzen könnten es noch mit den <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#LAC"> <p><pb facs="#f0060" n="56"/> ſelbſt die um dich ſammeln, die man als Mitſchul-<lb/> dige Hebert’s bedroht. Du mußt dich deinem Zorn<lb/> überlaſſen. Laßt uns wenigſtens nicht entwaffnet<lb/> und erniedrigt wie der ſchändliche Hebert ſterben.</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker><hi rendition="#g">Danton</hi>.</speaker><lb/> <p>Du haſt ein ſchlechtes Gedächtniß, du nannteſt<lb/> mich einen todten Heiligen. Du hatteſt mehr Recht,<lb/> als du glaubteſt. Ich war bei den Sectionen, ſie<lb/> waren ehrfurchtsvoll, aber wie Leichenbitter. Ich bin<lb/> eine Reliquie, und Reliquien wirft man auf die<lb/> Gaſſe; du hatteſt Recht.</p> </sp><lb/> <sp who="#LAC"> <speaker><hi rendition="#g">Lacroix</hi>.</speaker><lb/> <p>Warum haſt du es dazu kommen laſſen?</p> </sp><lb/> <sp who="#DAN"> <speaker><hi rendition="#g">Danton</hi>.</speaker><lb/> <p>Dazu? Ja wahrhaftig, es war mir zuletzt lang-<lb/> weilig, immer im nämlichen Rock herumzulaufen,<lb/> und die nämlichen Falten zu ziehen! Das iſt er-<lb/> bärmlich, ſo ein armſeliges Inſtrument zu ſpielen,<lb/> auf dem eine Saite immer nur <hi rendition="#g">einen</hi> Ton an-<lb/> gibt! — Das iſt nicht zum Aushalten. Ich wollte<lb/> mir’s bequem machen. Ich hab’ es erreicht; die<lb/> Revolution ſetzt mich in Ruhe, aber auf andere<lb/> Weiſe, als ich dachte. — Übrigens auf was ſich<lb/> ſtützen? — Unſere Metzen könnten es noch mit den<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [56/0060]
ſelbſt die um dich ſammeln, die man als Mitſchul-
dige Hebert’s bedroht. Du mußt dich deinem Zorn
überlaſſen. Laßt uns wenigſtens nicht entwaffnet
und erniedrigt wie der ſchändliche Hebert ſterben.
Danton.
Du haſt ein ſchlechtes Gedächtniß, du nannteſt
mich einen todten Heiligen. Du hatteſt mehr Recht,
als du glaubteſt. Ich war bei den Sectionen, ſie
waren ehrfurchtsvoll, aber wie Leichenbitter. Ich bin
eine Reliquie, und Reliquien wirft man auf die
Gaſſe; du hatteſt Recht.
Lacroix.
Warum haſt du es dazu kommen laſſen?
Danton.
Dazu? Ja wahrhaftig, es war mir zuletzt lang-
weilig, immer im nämlichen Rock herumzulaufen,
und die nämlichen Falten zu ziehen! Das iſt er-
bärmlich, ſo ein armſeliges Inſtrument zu ſpielen,
auf dem eine Saite immer nur einen Ton an-
gibt! — Das iſt nicht zum Aushalten. Ich wollte
mir’s bequem machen. Ich hab’ es erreicht; die
Revolution ſetzt mich in Ruhe, aber auf andere
Weiſe, als ich dachte. — Übrigens auf was ſich
ſtützen? — Unſere Metzen könnten es noch mit den
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