und kräftiger und mächtiger in Hervorbringung organi- scher Formen war! Es mußte unter jenen Verhältnissen möglich sein, daß ein organischer Keim unter wesentlich geänderten äußeren Verhältnissen, die ihn bald zufällig, bald nothwendig betrafen, sich nicht zu einem mit seinen Erzeugern gleichartigen Wesen, sondern zu einer ver- schiedenen Form, ja zu einer verschiedenen Species oder Art entwickelte. Sagt doch Karl Vogt selbst, ein Gegner der Metamorphosenlehre: "Wir haben keinen Grund, die Möglichkeit zu verwerfen, daß in vorwelt- licher Zeit die Thiere Jungen erzeugten, die in vielen Punkten von ihren Eltern abwichen." Wenn wir in der Jetztzeit beobachten, daß die Aenderungen, welche Klima, Lebensweise, äußere Einflüsse auf die Metamor- phose der Thiere ausüben, wohl sehr bedeutend sind, dennoch aber, wie es scheint, nie über die Art hinaus- gehen, so ist abermals zu bedenken, daß neben der ungleich größeren und mit heutigen Zuständen gar nicht mehr vergleichbaren Jntensität und Bedeutung jener äußeren Einflüsse, neben der gewaltigeren Aktion natür- licher Kräfte in jener Zeit auch die ungeheure Dauer fast endloser Zeiträume mitwirkte, in denen scheinbar kleine oder geringfügige Einflüsse große und unmöglich scheinende Wirkungen hervorbringen konnten, und in denen Zufälligkeiten und besondere Combinationen gewisser Verhältnisse hin und wider auftreten mochten, für welche
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und kräftiger und mächtiger in Hervorbringung organi- ſcher Formen war! Es mußte unter jenen Verhältniſſen möglich ſein, daß ein organiſcher Keim unter weſentlich geänderten äußeren Verhältniſſen, die ihn bald zufällig, bald nothwendig betrafen, ſich nicht zu einem mit ſeinen Erzeugern gleichartigen Weſen, ſondern zu einer ver- ſchiedenen Form, ja zu einer verſchiedenen Species oder Art entwickelte. Sagt doch Karl Vogt ſelbſt, ein Gegner der Metamorphoſenlehre: „Wir haben keinen Grund, die Möglichkeit zu verwerfen, daß in vorwelt- licher Zeit die Thiere Jungen erzeugten, die in vielen Punkten von ihren Eltern abwichen.‟ Wenn wir in der Jetztzeit beobachten, daß die Aenderungen, welche Klima, Lebensweiſe, äußere Einflüſſe auf die Metamor- phoſe der Thiere ausüben, wohl ſehr bedeutend ſind, dennoch aber, wie es ſcheint, nie über die Art hinaus- gehen, ſo iſt abermals zu bedenken, daß neben der ungleich größeren und mit heutigen Zuſtänden gar nicht mehr vergleichbaren Jntenſität und Bedeutung jener äußeren Einflüſſe, neben der gewaltigeren Aktion natür- licher Kräfte in jener Zeit auch die ungeheure Dauer faſt endloſer Zeiträume mitwirkte, in denen ſcheinbar kleine oder geringfügige Einflüſſe große und unmöglich ſcheinende Wirkungen hervorbringen konnten, und in denen Zufälligkeiten und beſondere Combinationen gewiſſer Verhältniſſe hin und wider auftreten mochten, für welche
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[83/0103]
und kräftiger und mächtiger in Hervorbringung organi-
ſcher Formen war! Es mußte unter jenen Verhältniſſen
möglich ſein, daß ein organiſcher Keim unter weſentlich
geänderten äußeren Verhältniſſen, die ihn bald zufällig,
bald nothwendig betrafen, ſich nicht zu einem mit ſeinen
Erzeugern gleichartigen Weſen, ſondern zu einer ver-
ſchiedenen Form, ja zu einer verſchiedenen Species oder
Art entwickelte. Sagt doch Karl Vogt ſelbſt, ein
Gegner der Metamorphoſenlehre: „Wir haben keinen
Grund, die Möglichkeit zu verwerfen, daß in vorwelt-
licher Zeit die Thiere Jungen erzeugten, die in vielen
Punkten von ihren Eltern abwichen.‟ Wenn wir in
der Jetztzeit beobachten, daß die Aenderungen, welche
Klima, Lebensweiſe, äußere Einflüſſe auf die Metamor-
phoſe der Thiere ausüben, wohl ſehr bedeutend ſind,
dennoch aber, wie es ſcheint, nie über die Art hinaus-
gehen, ſo iſt abermals zu bedenken, daß neben der
ungleich größeren und mit heutigen Zuſtänden gar nicht
mehr vergleichbaren Jntenſität und Bedeutung jener
äußeren Einflüſſe, neben der gewaltigeren Aktion natür-
licher Kräfte in jener Zeit auch die ungeheure Dauer
faſt endloſer Zeiträume mitwirkte, in denen ſcheinbar
kleine oder geringfügige Einflüſſe große und unmöglich
ſcheinende Wirkungen hervorbringen konnten, und in
denen Zufälligkeiten und beſondere Combinationen gewiſſer
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/103>, abgerufen am 24.11.2024.
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