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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855.

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system, welches vom Gehirne ausstrahlt und gewisser-
maßen als der Vorsteher aller organischen Funktionen
angesehen werden kann, beherrscht das Gehirn die ganze
Masse des Organismus und läßt die Eindrücke, die es
von Außen empfängt, seien sie materieller oder geistiger
Natur, wiederum nach den verschiedensten Punkten des-
selben zurückstrahlen. So ist dieß namentlich als Wir-
kung der Gemüthsbewegungen jeder Art bekannt genug.
Wir erblassen vor Schreck, wir erglühen vor Zorn oder
Schaam. Jn der Freude erglänzt das Auge, der Puls
wird schneller durch eine freudige Erregung. Schrecken
verursacht plötzliche Ohnmachten, Aerger reichliche Gal-
lenergüsse. Der bloße Gedanke an einen ekelerregenden
Gegenstand kann augenblicklich Erbrechen erregen; der
Anblick einer den Appetit reizenden Speise läßt die Ab-
sonderung des Speichels mit großer Schnelligkeit und in
Menge vor sich gehen. Durch Gemüthsaffecte verändert
sich die Milch der Mutter in kurzer Zeit dergestalt, daß
sie dem Kinde vom größten Schaden sein kann. Es ist
eine interessante Erfahrung, daß geistige Arbeit nicht nur
die Eßlust vermehrt, sondern auch nach Davy's Mes-
sungen die thierische Wärme erhöht. Menschen von
sanguinischem Temperamente leben kürzer und schneller,
als andere, weil die stärkere geistige Erregung des Ner-
vensystems den Stoffwechsel beschleunigt und das Leben
schneller verzehrt. Umgekehrt verhalten sich die Phleg-

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ſyſtem, welches vom Gehirne ausſtrahlt und gewiſſer-
maßen als der Vorſteher aller organiſchen Funktionen
angeſehen werden kann, beherrſcht das Gehirn die ganze
Maſſe des Organismus und läßt die Eindrücke, die es
von Außen empfängt, ſeien ſie materieller oder geiſtiger
Natur, wiederum nach den verſchiedenſten Punkten des-
ſelben zurückſtrahlen. So iſt dieß namentlich als Wir-
kung der Gemüthsbewegungen jeder Art bekannt genug.
Wir erblaſſen vor Schreck, wir erglühen vor Zorn oder
Schaam. Jn der Freude erglänzt das Auge, der Puls
wird ſchneller durch eine freudige Erregung. Schrecken
verurſacht plötzliche Ohnmachten, Aerger reichliche Gal-
lenergüſſe. Der bloße Gedanke an einen ekelerregenden
Gegenſtand kann augenblicklich Erbrechen erregen; der
Anblick einer den Appetit reizenden Speiſe läßt die Ab-
ſonderung des Speichels mit großer Schnelligkeit und in
Menge vor ſich gehen. Durch Gemüthsaffecte verändert
ſich die Milch der Mutter in kurzer Zeit dergeſtalt, daß
ſie dem Kinde vom größten Schaden ſein kann. Es iſt
eine intereſſante Erfahrung, daß geiſtige Arbeit nicht nur
die Eßluſt vermehrt, ſondern auch nach Davy’s Meſ-
ſungen die thieriſche Wärme erhöht. Menſchen von
ſanguiniſchem Temperamente leben kürzer und ſchneller,
als andere, weil die ſtärkere geiſtige Erregung des Ner-
venſyſtems den Stoffwechſel beſchleunigt und das Leben
ſchneller verzehrt. Umgekehrt verhalten ſich die Phleg-

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[131/0151] ſyſtem, welches vom Gehirne ausſtrahlt und gewiſſer- maßen als der Vorſteher aller organiſchen Funktionen angeſehen werden kann, beherrſcht das Gehirn die ganze Maſſe des Organismus und läßt die Eindrücke, die es von Außen empfängt, ſeien ſie materieller oder geiſtiger Natur, wiederum nach den verſchiedenſten Punkten des- ſelben zurückſtrahlen. So iſt dieß namentlich als Wir- kung der Gemüthsbewegungen jeder Art bekannt genug. Wir erblaſſen vor Schreck, wir erglühen vor Zorn oder Schaam. Jn der Freude erglänzt das Auge, der Puls wird ſchneller durch eine freudige Erregung. Schrecken verurſacht plötzliche Ohnmachten, Aerger reichliche Gal- lenergüſſe. Der bloße Gedanke an einen ekelerregenden Gegenſtand kann augenblicklich Erbrechen erregen; der Anblick einer den Appetit reizenden Speiſe läßt die Ab- ſonderung des Speichels mit großer Schnelligkeit und in Menge vor ſich gehen. Durch Gemüthsaffecte verändert ſich die Milch der Mutter in kurzer Zeit dergeſtalt, daß ſie dem Kinde vom größten Schaden ſein kann. Es iſt eine intereſſante Erfahrung, daß geiſtige Arbeit nicht nur die Eßluſt vermehrt, ſondern auch nach Davy’s Meſ- ſungen die thieriſche Wärme erhöht. Menſchen von ſanguiniſchem Temperamente leben kürzer und ſchneller, als andere, weil die ſtärkere geiſtige Erregung des Ner- venſyſtems den Stoffwechſel beſchleunigt und das Leben ſchneller verzehrt. Umgekehrt verhalten ſich die Phleg- 9*

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Zitationshilfe: Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/151>, abgerufen am 21.11.2024.