ist im Stande, sich aus solchen Phrasen eine klare Vor- stellung von der Meinung des Definitors zu machen! Ein Gott, in dessen leiblichem und geistigem Jnnern sich alle Geister und Körper regen sollen und der dabei nur in sich selbst kreist und durch Nichts von Außen mehr bestimmt wird! Wenn sich alle Geister in dem Geist, alle Leiber in dem Leib Gottes regen, wenn er keine Außenwelt mehr außer sich hat, wie kann er da noch persönlicher Gott sein? persönlicher Gott, als welchen ihn Fechner an andern Stellen ausdrücklich auftreten läßt! Jst er alsdann nicht vielmehr Jnbegriff alles kör- perlichen und geistigen Daseins, oder die Gesammtsumme der Welt selbst, welche sich der Definitor in Gestalt einer Person gedacht hat, während doch grade die Welt in ihrer unendlichen Vielheit und Mannigfaltigkeit die Verneinung jeder Personification ist! Jene Vor- stellung einer durch die ganze Welt verbreiteten und in deren Aeußerungen unmittelbar sich manifestirenden Gött- lichkeit hat man mit einem philosophischen Kunstausdruck "pantheistisch" schon zu einer Zeit genannt, da Herrn Fechner's persönliche Seele noch tief in der Weltseele verborgen lag. Aber unsere modernen Philosophen glau- ben eine That zu thun, wenn sie altes Gemüse mit neuen Redensarten aufwärmen und als letzte Erfindung der philosophischen Küche auftischen!
iſt im Stande, ſich aus ſolchen Phraſen eine klare Vor- ſtellung von der Meinung des Definitors zu machen! Ein Gott, in deſſen leiblichem und geiſtigem Jnnern ſich alle Geiſter und Körper regen ſollen und der dabei nur in ſich ſelbſt kreiſt und durch Nichts von Außen mehr beſtimmt wird! Wenn ſich alle Geiſter in dem Geiſt, alle Leiber in dem Leib Gottes regen, wenn er keine Außenwelt mehr außer ſich hat, wie kann er da noch perſönlicher Gott ſein? perſönlicher Gott, als welchen ihn Fechner an andern Stellen ausdrücklich auftreten läßt! Jſt er alsdann nicht vielmehr Jnbegriff alles kör- perlichen und geiſtigen Daſeins, oder die Geſammtſumme der Welt ſelbſt, welche ſich der Definitor in Geſtalt einer Perſon gedacht hat, während doch grade die Welt in ihrer unendlichen Vielheit und Mannigfaltigkeit die Verneinung jeder Perſonification iſt! Jene Vor- ſtellung einer durch die ganze Welt verbreiteten und in deren Aeußerungen unmittelbar ſich manifeſtirenden Gött- lichkeit hat man mit einem philoſophiſchen Kunſtausdruck „pantheiſtiſch‟ ſchon zu einer Zeit genannt, da Herrn Fechner’s perſönliche Seele noch tief in der Weltſeele verborgen lag. Aber unſere modernen Philoſophen glau- ben eine That zu thun, wenn ſie altes Gemüſe mit neuen Redensarten aufwärmen und als letzte Erfindung der philoſophiſchen Küche auftiſchen!
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0210"n="190"/>
iſt im Stande, ſich aus ſolchen Phraſen eine klare Vor-<lb/>ſtellung von der Meinung des Definitors zu machen!<lb/>
Ein Gott, in deſſen leiblichem und geiſtigem Jnnern ſich<lb/>
alle Geiſter und Körper regen ſollen und der dabei nur<lb/>
in ſich ſelbſt kreiſt und durch Nichts von Außen mehr<lb/>
beſtimmt wird! Wenn ſich alle Geiſter in dem Geiſt,<lb/>
alle Leiber in dem Leib Gottes regen, wenn er keine<lb/>
Außenwelt mehr außer ſich hat, wie kann er da noch<lb/>
perſönlicher Gott ſein? perſönlicher Gott, als welchen<lb/>
ihn Fechner an andern Stellen ausdrücklich auftreten<lb/>
läßt! Jſt er alsdann nicht vielmehr Jnbegriff alles kör-<lb/>
perlichen und geiſtigen Daſeins, oder die Geſammtſumme<lb/>
der Welt ſelbſt, welche ſich der Definitor in Geſtalt<lb/>
einer <hirendition="#g">Perſon</hi> gedacht hat, während doch grade die<lb/>
Welt in ihrer unendlichen Vielheit und Mannigfaltigkeit<lb/>
die Verneinung jeder Perſonification iſt! Jene Vor-<lb/>ſtellung einer durch die ganze Welt verbreiteten und in<lb/>
deren Aeußerungen unmittelbar ſich manifeſtirenden Gött-<lb/>
lichkeit hat man mit einem philoſophiſchen Kunſtausdruck<lb/>„<hirendition="#g">pantheiſtiſch</hi>‟ſchon zu einer Zeit genannt, da Herrn<lb/>
Fechner’s perſönliche Seele noch tief in der Weltſeele<lb/>
verborgen lag. Aber unſere modernen Philoſophen glau-<lb/>
ben eine That zu thun, wenn ſie altes Gemüſe mit<lb/>
neuen Redensarten aufwärmen und als letzte Erfindung<lb/>
der philoſophiſchen Küche auftiſchen!</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/></body></text></TEI>
[190/0210]
iſt im Stande, ſich aus ſolchen Phraſen eine klare Vor-
ſtellung von der Meinung des Definitors zu machen!
Ein Gott, in deſſen leiblichem und geiſtigem Jnnern ſich
alle Geiſter und Körper regen ſollen und der dabei nur
in ſich ſelbſt kreiſt und durch Nichts von Außen mehr
beſtimmt wird! Wenn ſich alle Geiſter in dem Geiſt,
alle Leiber in dem Leib Gottes regen, wenn er keine
Außenwelt mehr außer ſich hat, wie kann er da noch
perſönlicher Gott ſein? perſönlicher Gott, als welchen
ihn Fechner an andern Stellen ausdrücklich auftreten
läßt! Jſt er alsdann nicht vielmehr Jnbegriff alles kör-
perlichen und geiſtigen Daſeins, oder die Geſammtſumme
der Welt ſelbſt, welche ſich der Definitor in Geſtalt
einer Perſon gedacht hat, während doch grade die
Welt in ihrer unendlichen Vielheit und Mannigfaltigkeit
die Verneinung jeder Perſonification iſt! Jene Vor-
ſtellung einer durch die ganze Welt verbreiteten und in
deren Aeußerungen unmittelbar ſich manifeſtirenden Gött-
lichkeit hat man mit einem philoſophiſchen Kunſtausdruck
„pantheiſtiſch‟ ſchon zu einer Zeit genannt, da Herrn
Fechner’s perſönliche Seele noch tief in der Weltſeele
verborgen lag. Aber unſere modernen Philoſophen glau-
ben eine That zu thun, wenn ſie altes Gemüſe mit
neuen Redensarten aufwärmen und als letzte Erfindung
der philoſophiſchen Küche auftiſchen!
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 190. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/210>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.