tritts der orthodoxen Richtung in der Naturforschung einen willkommenen Vorwand, an das Dasein über- natürlicher Kräfte zu appelliren, durch deren Anstoß oder Veranlassung jene Revolutionen hervorgebracht sein sollten, um die Erde durch allmählige Uebergänge einer Gestaltung für gewisse Zwecke entgegenzuführen; es sollte eine fortgesetzte periodenweise Schöpfung mit jedesmaliger neuer Erschaffung organischer Wesen und Geschlechter stattgefunden haben, es sollte die Bibel Recht haben, welche erzählt, daß Gott eine Sündfluth über die Erde geschickt habe, um das in Sünden versunkene menschliche Geschlecht zu verderben und ein neues an seine Stelle treten zu lassen. Es sollte Gott mit eigner Hand bald Gebirge aufgerichtet, bald Meere geebnet, bald Orga- nismen geschaffen haben. Alle diese Jdeen nun von dem Wirken unmittelbarer und übernatürlicher Kräfte in der Entwicklungsgeschichte der Erde haben sich im Angesichte einer kühleren Betrachtung als Jllusionen ge- zeigt, und die neuere Entwicklung der geologischen Wissen- schaften hat einen Triumph über jene Jdee gefeiert, in- dem sie erkannte, daß die ganze wissenschaftliche An- schauungsweise der Erdentwicklung, welche ihr zu Grunde lag, eine unrichtige sei. So sehr es auch auf den ersten Anblick den Anschein haben mag, als müßten die Ver- änderungen, deren Spuren wir an der Erdoberfläche wahrnehmen, plötzlichen und allgemeinen gewaltsamen
tritts der orthodoxen Richtung in der Naturforſchung einen willkommenen Vorwand, an das Daſein über- natürlicher Kräfte zu appelliren, durch deren Anſtoß oder Veranlaſſung jene Revolutionen hervorgebracht ſein ſollten, um die Erde durch allmählige Uebergänge einer Geſtaltung für gewiſſe Zwecke entgegenzuführen; es ſollte eine fortgeſetzte periodenweiſe Schöpfung mit jedesmaliger neuer Erſchaffung organiſcher Weſen und Geſchlechter ſtattgefunden haben, es ſollte die Bibel Recht haben, welche erzählt, daß Gott eine Sündfluth über die Erde geſchickt habe, um das in Sünden verſunkene menſchliche Geſchlecht zu verderben und ein neues an ſeine Stelle treten zu laſſen. Es ſollte Gott mit eigner Hand bald Gebirge aufgerichtet, bald Meere geebnet, bald Orga- nismen geſchaffen haben. Alle dieſe Jdeen nun von dem Wirken unmittelbarer und übernatürlicher Kräfte in der Entwicklungsgeſchichte der Erde haben ſich im Angeſichte einer kühleren Betrachtung als Jlluſionen ge- zeigt, und die neuere Entwicklung der geologiſchen Wiſſen- ſchaften hat einen Triumph über jene Jdee gefeiert, in- dem ſie erkannte, daß die ganze wiſſenſchaftliche An- ſchauungsweiſe der Erdentwicklung, welche ihr zu Grunde lag, eine unrichtige ſei. So ſehr es auch auf den erſten Anblick den Anſchein haben mag, als müßten die Ver- änderungen, deren Spuren wir an der Erdoberfläche wahrnehmen, plötzlichen und allgemeinen gewaltſamen
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tritts der orthodoxen Richtung in der Naturforſchung
einen willkommenen Vorwand, an das Daſein über-
natürlicher Kräfte zu appelliren, durch deren Anſtoß
oder Veranlaſſung jene Revolutionen hervorgebracht ſein
ſollten, um die Erde durch allmählige Uebergänge einer
Geſtaltung für gewiſſe Zwecke entgegenzuführen; es ſollte
eine fortgeſetzte periodenweiſe Schöpfung mit jedesmaliger
neuer Erſchaffung organiſcher Weſen und Geſchlechter
ſtattgefunden haben, es ſollte die Bibel Recht haben,
welche erzählt, daß Gott eine Sündfluth über die Erde
geſchickt habe, um das in Sünden verſunkene menſchliche
Geſchlecht zu verderben und ein neues an ſeine Stelle
treten zu laſſen. Es ſollte Gott mit eigner Hand bald
Gebirge aufgerichtet, bald Meere geebnet, bald Orga-
nismen geſchaffen haben. Alle dieſe Jdeen nun von
dem Wirken unmittelbarer und übernatürlicher Kräfte
in der Entwicklungsgeſchichte der Erde haben ſich im
Angeſichte einer kühleren Betrachtung als Jlluſionen ge-
zeigt, und die neuere Entwicklung der geologiſchen Wiſſen-
ſchaften hat einen Triumph über jene Jdee gefeiert, in-
dem ſie erkannte, daß die ganze wiſſenſchaftliche An-
ſchauungsweiſe der Erdentwicklung, welche ihr zu Grunde
lag, eine unrichtige ſei. So ſehr es auch auf den erſten
Anblick den Anſchein haben mag, als müßten die Ver-
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Büchner, Ludwig: Kraft und Stoff. Frankfurt (Main), 1855, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_kraft_1855/80>, abgerufen am 23.11.2024.
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