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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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punkte, wohl scheine ihm, für seine Person, die Kammer-
Opposition nicht sehr verehrungswürdig, wohl komme ihm
sogar die Auflösung des Landtags sehr gelegen, weil sie die
Erbitterung der Gemüther erhöhe, dennoch sei der Stand-
punkt der constitutionellen Partei für die Flugschriften der
einzig mögliche, weil nur diese politische Schriften lese, weil
man nur aus ihren Reihen Verstärkung für die demokratisch-
revolutionäre Partei erhoffen dürfe. Denn das eigentliche
Volk, der Bauern- und Arbeiterstand, lese außer der Bibel
keine Zeile und kümmere sich auch gar nicht um die öffent-
lichen Angelegenheiten. Das Letztere mußte Büchner zugeben,
aber er zog andere Folgerungen daraus. Wir wissen, meinte
er, daß sich durch Kammer-Debatten unser Ziel, die deutsche
Republik nie und nimmer erreichen läßt, das einzige Mittel
hiezu ist die Revolution. Daß wir die Constitutionellen je-
mals hiefür gewinnen könnten, ist ein thörichter Traum;
liberale Edelleute, wie Heinrich von Gagern und reiche
Bürger, wie E. E. Hoffmann, sind höchstens für gemäßigten
Fortschritt, nie und nimmer für eine radicale Umwälzung,
weil diese, wie sie befürchten, auch ihre eigenen Titel und
Besitzthümer hinwegfegen könnte. Angenommen aber, daß
das Unmögliche möglich, daß die Liberalen Revolutionäre
würden -- was wäre damit erreicht? Nichts, gar nichts!
Die Frage der Revolution ist eine Machtfrage; wenn wir
den Bajonetten der Fürsten nicht eine überlegene Gewalt
entgegenstellen können, so müssen wir trotz aller Heiligkeit
und Gerechtigkeit unserer Principien kläglich unterliegen. Es
gilt also, eine Armee der Freiheit zu recrutiren, und dies
kann einzig durch Herbeiziehung der großen Massen geschehen.
Es ist allerdings richtig, daß sie sich bisher für politische

punkte, wohl ſcheine ihm, für ſeine Perſon, die Kammer-
Oppoſition nicht ſehr verehrungswürdig, wohl komme ihm
ſogar die Auflöſung des Landtags ſehr gelegen, weil ſie die
Erbitterung der Gemüther erhöhe, dennoch ſei der Stand-
punkt der conſtitutionellen Partei für die Flugſchriften der
einzig mögliche, weil nur dieſe politiſche Schriften leſe, weil
man nur aus ihren Reihen Verſtärkung für die demokratiſch-
revolutionäre Partei erhoffen dürfe. Denn das eigentliche
Volk, der Bauern- und Arbeiterſtand, leſe außer der Bibel
keine Zeile und kümmere ſich auch gar nicht um die öffent-
lichen Angelegenheiten. Das Letztere mußte Büchner zugeben,
aber er zog andere Folgerungen daraus. Wir wiſſen, meinte
er, daß ſich durch Kammer-Debatten unſer Ziel, die deutſche
Republik nie und nimmer erreichen läßt, das einzige Mittel
hiezu iſt die Revolution. Daß wir die Conſtitutionellen je-
mals hiefür gewinnen könnten, iſt ein thörichter Traum;
liberale Edelleute, wie Heinrich von Gagern und reiche
Bürger, wie E. E. Hoffmann, ſind höchſtens für gemäßigten
Fortſchritt, nie und nimmer für eine radicale Umwälzung,
weil dieſe, wie ſie befürchten, auch ihre eigenen Titel und
Beſitzthümer hinwegfegen könnte. Angenommen aber, daß
das Unmögliche möglich, daß die Liberalen Revolutionäre
würden — was wäre damit erreicht? Nichts, gar nichts!
Die Frage der Revolution iſt eine Machtfrage; wenn wir
den Bajonetten der Fürſten nicht eine überlegene Gewalt
entgegenſtellen können, ſo müſſen wir trotz aller Heiligkeit
und Gerechtigkeit unſerer Principien kläglich unterliegen. Es
gilt alſo, eine Armee der Freiheit zu recrutiren, und dies
kann einzig durch Herbeiziehung der großen Maſſen geſchehen.
Es iſt allerdings richtig, daß ſie ſich bisher für politiſche

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[CIX/0125] punkte, wohl ſcheine ihm, für ſeine Perſon, die Kammer- Oppoſition nicht ſehr verehrungswürdig, wohl komme ihm ſogar die Auflöſung des Landtags ſehr gelegen, weil ſie die Erbitterung der Gemüther erhöhe, dennoch ſei der Stand- punkt der conſtitutionellen Partei für die Flugſchriften der einzig mögliche, weil nur dieſe politiſche Schriften leſe, weil man nur aus ihren Reihen Verſtärkung für die demokratiſch- revolutionäre Partei erhoffen dürfe. Denn das eigentliche Volk, der Bauern- und Arbeiterſtand, leſe außer der Bibel keine Zeile und kümmere ſich auch gar nicht um die öffent- lichen Angelegenheiten. Das Letztere mußte Büchner zugeben, aber er zog andere Folgerungen daraus. Wir wiſſen, meinte er, daß ſich durch Kammer-Debatten unſer Ziel, die deutſche Republik nie und nimmer erreichen läßt, das einzige Mittel hiezu iſt die Revolution. Daß wir die Conſtitutionellen je- mals hiefür gewinnen könnten, iſt ein thörichter Traum; liberale Edelleute, wie Heinrich von Gagern und reiche Bürger, wie E. E. Hoffmann, ſind höchſtens für gemäßigten Fortſchritt, nie und nimmer für eine radicale Umwälzung, weil dieſe, wie ſie befürchten, auch ihre eigenen Titel und Beſitzthümer hinwegfegen könnte. Angenommen aber, daß das Unmögliche möglich, daß die Liberalen Revolutionäre würden — was wäre damit erreicht? Nichts, gar nichts! Die Frage der Revolution iſt eine Machtfrage; wenn wir den Bajonetten der Fürſten nicht eine überlegene Gewalt entgegenſtellen können, ſo müſſen wir trotz aller Heiligkeit und Gerechtigkeit unſerer Principien kläglich unterliegen. Es gilt alſo, eine Armee der Freiheit zu recrutiren, und dies kann einzig durch Herbeiziehung der großen Maſſen geſchehen. Es iſt allerdings richtig, daß ſie ſich bisher für politiſche

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/125>, abgerufen am 24.11.2024.