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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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welche Gefahren er sich gestürzt, und sein einziger Vertrauter
im Elternhause war der damals siebzehnjährige Bruder Wil-
helm, welcher sich eben zum Apotheker ausbildete. Nichts,
auch nicht den Groll des Vaters, erzählt dieser Gewährs-
mann, habe Georg so schmerzlich empfunden, wie den Zwang,
die Eltern über seine Thaten und Gesinnungen im Unklaren
erhalten zu müssen, und seine einzigen heiteren Tage seien
jene gewesen, welche er mit der Braut verbracht. Denn
Minna war im Spätherbst 1834 mit ihrer Tante nach
Darmstadt gekommen, um sich ihren künftigen Schwieger-
eltern zu präsentiren, und hatte rasch durch ihre Anmuth
und Klugheit ihre Zuneigung gewonnen. Aber der Besuch
währte nur kurz und als sie schied, wurde Georg düsterer
als vorher und klagte dem Bruder immer wieder, daß er sich
wie im Kerker fühle.

Doch brütete er nicht müßig dahin, sondern betrieb
eifriger, denn je vorher, "vom Morgengrauen bis Mitter-
nacht" Studien verschiedenster Art. Vor Allem wendete er
sich, mit Einwilligung des Vaters, wieder der vergleichenden
Anatomie zu, arbeitete in dem kleinen Laboratorium, welches
sich dieser eingerichtet, an allerlei Präparaten, die er, von
großer manueller Fertigkeit unterstützt, sehr sauber und in-
structiv herzustellen wußte, und hielt auch im Laufe des
Winters eine Reihe von Vorlesungen über Anatomie für
junge Leute, die sich dem Studium der Chirurgie zu widmen
gedachten. Aber je thätiger er sich in diesen realen For-
schungen und Demonstrationen erwies, desto brennender ward
ihm, seiner Natur nach, der Drang nach philosophischer und
poetischer Lectüre, und er genügte diesem so reichlich, daß
seine Gesundheit darunter litt. Nie hat Büchner mehr ge-

G. Büchner's Werke. k

welche Gefahren er ſich geſtürzt, und ſein einziger Vertrauter
im Elternhauſe war der damals ſiebzehnjährige Bruder Wil-
helm, welcher ſich eben zum Apotheker ausbildete. Nichts,
auch nicht den Groll des Vaters, erzählt dieſer Gewährs-
mann, habe Georg ſo ſchmerzlich empfunden, wie den Zwang,
die Eltern über ſeine Thaten und Geſinnungen im Unklaren
erhalten zu müſſen, und ſeine einzigen heiteren Tage ſeien
jene geweſen, welche er mit der Braut verbracht. Denn
Minna war im Spätherbſt 1834 mit ihrer Tante nach
Darmſtadt gekommen, um ſich ihren künftigen Schwieger-
eltern zu präſentiren, und hatte raſch durch ihre Anmuth
und Klugheit ihre Zuneigung gewonnen. Aber der Beſuch
währte nur kurz und als ſie ſchied, wurde Georg düſterer
als vorher und klagte dem Bruder immer wieder, daß er ſich
wie im Kerker fühle.

Doch brütete er nicht müßig dahin, ſondern betrieb
eifriger, denn je vorher, "vom Morgengrauen bis Mitter-
nacht" Studien verſchiedenſter Art. Vor Allem wendete er
ſich, mit Einwilligung des Vaters, wieder der vergleichenden
Anatomie zu, arbeitete in dem kleinen Laboratorium, welches
ſich dieſer eingerichtet, an allerlei Präparaten, die er, von
großer manueller Fertigkeit unterſtützt, ſehr ſauber und in-
ſtructiv herzuſtellen wußte, und hielt auch im Laufe des
Winters eine Reihe von Vorleſungen über Anatomie für
junge Leute, die ſich dem Studium der Chirurgie zu widmen
gedachten. Aber je thätiger er ſich in dieſen realen For-
ſchungen und Demonſtrationen erwies, deſto brennender ward
ihm, ſeiner Natur nach, der Drang nach philoſophiſcher und
poetiſcher Lectüre, und er genügte dieſem ſo reichlich, daß
ſeine Geſundheit darunter litt. Nie hat Büchner mehr ge-

G. Büchner's Werke. k
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[CXLV/0161] welche Gefahren er ſich geſtürzt, und ſein einziger Vertrauter im Elternhauſe war der damals ſiebzehnjährige Bruder Wil- helm, welcher ſich eben zum Apotheker ausbildete. Nichts, auch nicht den Groll des Vaters, erzählt dieſer Gewährs- mann, habe Georg ſo ſchmerzlich empfunden, wie den Zwang, die Eltern über ſeine Thaten und Geſinnungen im Unklaren erhalten zu müſſen, und ſeine einzigen heiteren Tage ſeien jene geweſen, welche er mit der Braut verbracht. Denn Minna war im Spätherbſt 1834 mit ihrer Tante nach Darmſtadt gekommen, um ſich ihren künftigen Schwieger- eltern zu präſentiren, und hatte raſch durch ihre Anmuth und Klugheit ihre Zuneigung gewonnen. Aber der Beſuch währte nur kurz und als ſie ſchied, wurde Georg düſterer als vorher und klagte dem Bruder immer wieder, daß er ſich wie im Kerker fühle. Doch brütete er nicht müßig dahin, ſondern betrieb eifriger, denn je vorher, "vom Morgengrauen bis Mitter- nacht" Studien verſchiedenſter Art. Vor Allem wendete er ſich, mit Einwilligung des Vaters, wieder der vergleichenden Anatomie zu, arbeitete in dem kleinen Laboratorium, welches ſich dieſer eingerichtet, an allerlei Präparaten, die er, von großer manueller Fertigkeit unterſtützt, ſehr ſauber und in- ſtructiv herzuſtellen wußte, und hielt auch im Laufe des Winters eine Reihe von Vorleſungen über Anatomie für junge Leute, die ſich dem Studium der Chirurgie zu widmen gedachten. Aber je thätiger er ſich in dieſen realen For- ſchungen und Demonſtrationen erwies, deſto brennender ward ihm, ſeiner Natur nach, der Drang nach philoſophiſcher und poetiſcher Lectüre, und er genügte dieſem ſo reichlich, daß ſeine Geſundheit darunter litt. Nie hat Büchner mehr ge- G. Büchner's Werke. k

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CXLV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/161>, abgerufen am 27.11.2024.