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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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der Freiheit verzweifelnd, wollte er durch eine Dichtung, welche
den Triumph der Republik verherrlichen sollte, sich und An-
deren Muth einsprechen. Es war also nur ein Aufbäumen
seiner trotzigen Natur, welche darnach rang, die eigene Reue
und Hoffnungslosigkeit abzuschütteln. Daß er den Stoff
aus der französischen Revolution entnehmen müsse, stand ihm
bei seiner genauen Vertrautheit mit dieser Geschichts-Epoche
sofort fest, aber ebenso schwankte er keinen Augenblick, die
dramatische Form zu wählen. Leitete ihn schon bei diesem
letzteren Entschlusse sein poetischer Instinkt, so trat derselbe
noch weit mehr hervor, als er den Stoff zu sichten begann, um
die passende Periode herauszufinden. Er hatte ursprünglich
an die erste glorreiche und noch wenig von Greueln befleckte
Epoche der Revolution gedacht, weil sich dieselbe für seine
Tendenz am Besten schickte, aber je ernstlicher er sich mit
seinem Plane beschäftigte, desto mehr interessirte ihn die
Epoche des Schreckens und ihr Höhepunkt: der Untergang
Danton's. Indem er sich für letzteren Stoff entschied, hatte
bereits der Poet in ihm über den Politiker gesiegt: die Schil-
derung der Zeit, wo sich die Republik selbst zerfleischte, war
nicht geeignet, Propaganda für ihre Ideen zu machen. Und
vollends verflüchtigten sich diese Tendenz-Gedanken, als er
nun an die Ausführung ging, denn er that dies in trübster
Gemüthsstimmung, verzweifelnd an dem Sieg seiner Ideale,
und darum weder gewillt noch vermögend, Andere hiefür zu
begeistern. Mehr als je vorher fühlte er sich "zernichtet
unter dem gräßlichen Fatalismus der Geschichte" und dem
Druck des eigenen Geschicks. So war der politische En-
thusiasmus wohl der Motor gewesen, der ihn zu poetischer Pro-
duction hingeleitet, aber er verließ ihn noch vor Beginn der Arbeit.


der Freiheit verzweifelnd, wollte er durch eine Dichtung, welche
den Triumph der Republik verherrlichen ſollte, ſich und An-
deren Muth einſprechen. Es war alſo nur ein Aufbäumen
ſeiner trotzigen Natur, welche darnach rang, die eigene Reue
und Hoffnungsloſigkeit abzuſchütteln. Daß er den Stoff
aus der franzöſiſchen Revolution entnehmen müſſe, ſtand ihm
bei ſeiner genauen Vertrautheit mit dieſer Geſchichts-Epoche
ſofort feſt, aber ebenſo ſchwankte er keinen Augenblick, die
dramatiſche Form zu wählen. Leitete ihn ſchon bei dieſem
letzteren Entſchluſſe ſein poetiſcher Inſtinkt, ſo trat derſelbe
noch weit mehr hervor, als er den Stoff zu ſichten begann, um
die paſſende Periode herauszufinden. Er hatte urſprünglich
an die erſte glorreiche und noch wenig von Greueln befleckte
Epoche der Revolution gedacht, weil ſich dieſelbe für ſeine
Tendenz am Beſten ſchickte, aber je ernſtlicher er ſich mit
ſeinem Plane beſchäftigte, deſto mehr intereſſirte ihn die
Epoche des Schreckens und ihr Höhepunkt: der Untergang
Danton's. Indem er ſich für letzteren Stoff entſchied, hatte
bereits der Poet in ihm über den Politiker geſiegt: die Schil-
derung der Zeit, wo ſich die Republik ſelbſt zerfleiſchte, war
nicht geeignet, Propaganda für ihre Ideen zu machen. Und
vollends verflüchtigten ſich dieſe Tendenz-Gedanken, als er
nun an die Ausführung ging, denn er that dies in trübſter
Gemüthsſtimmung, verzweifelnd an dem Sieg ſeiner Ideale,
und darum weder gewillt noch vermögend, Andere hiefür zu
begeiſtern. Mehr als je vorher fühlte er ſich "zernichtet
unter dem gräßlichen Fatalismus der Geſchichte" und dem
Druck des eigenen Geſchicks. So war der politiſche En-
thuſiasmus wohl der Motor geweſen, der ihn zu poetiſcher Pro-
duction hingeleitet, aber er verließ ihn noch vor Beginn der Arbeit.


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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CLIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/170>, abgerufen am 27.11.2024.