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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Meinung, daß die Kunst nur der Geschichte und der Natur
dienen, sie aber nicht meistern solle, sein Haß gegen
den Idealismus sind die Ursache und Erklärung für Manches
in seinen literarischen Erzeugnissen, was sich vielleicht weiter
als zulässig von dem idealen Standpunkte der Kunst ent-
fernt. Seine Ansichten waren die richtigen; nur trieben ihn
die Verkehrtheit und Fadheit der extrem-idealistischen Richtung
manchmal etwas zu sehr auf die entgegengesetzte Seite.

In der Gesellschaft war Büchner munter, nie zurück-
stoßend, nur scharf und eine übermüthige Satyre entwickelnd,
wo gemeine Gesinnung oder hohlköpfige Anmaßung an ihn
herantraten. Sein treffender Witz, seine launigen Einfälle,
die, wenn er in guter Stimmung war, in sprudelnder Fülle
einander drängten, belebten die Unterhaltung und machten
ihn zum angenehmen Gesellschafter.

Was seinen politischen Charakter anlangt, so war
Büchner noch mehr Socialist, als Republikaner; sein
tiefes Mitgefühl für die Leiden des Volkes und sein richtiger
Scharfblick hatten ihn damals schon erkennen lassen, daß es
sich bei den Stürmen der Zukunft weniger um eine Reform
der Gesetze, als um eine solche der Gesellschaft handle.
Während er die moralische Verderbtheit der höheren Klassen
völlig durchblickte, erkannte er zugleich vorurtheilslos die
Schwäche der geheimen revolutionären Kräfte und beurtheilte
damals schon völlig richtig die Unfähigkeit und den Doctri-
närismus derjenigen Partei, die sich die "liberale" nennen
ließ; seine Streitigkeiten mit Weidig, seine Briefe sind Be-
lege dafür. Seine Schrift: "Der Landbote", ist, wie sein
Mitschuldiger im Verhör richtig bemerkte, mehr eine Predigt
für die Armen und gegen die Reichen, als eine politische

Meinung, daß die Kunſt nur der Geſchichte und der Natur
dienen, ſie aber nicht meiſtern ſolle, ſein Haß gegen
den Idealismus ſind die Urſache und Erklärung für Manches
in ſeinen literariſchen Erzeugniſſen, was ſich vielleicht weiter
als zuläſſig von dem idealen Standpunkte der Kunſt ent-
fernt. Seine Anſichten waren die richtigen; nur trieben ihn
die Verkehrtheit und Fadheit der extrem-idealiſtiſchen Richtung
manchmal etwas zu ſehr auf die entgegengeſetzte Seite.

In der Geſellſchaft war Büchner munter, nie zurück-
ſtoßend, nur ſcharf und eine übermüthige Satyre entwickelnd,
wo gemeine Geſinnung oder hohlköpfige Anmaßung an ihn
herantraten. Sein treffender Witz, ſeine launigen Einfälle,
die, wenn er in guter Stimmung war, in ſprudelnder Fülle
einander drängten, belebten die Unterhaltung und machten
ihn zum angenehmen Geſellſchafter.

Was ſeinen politiſchen Charakter anlangt, ſo war
Büchner noch mehr Socialiſt, als Republikaner; ſein
tiefes Mitgefühl für die Leiden des Volkes und ſein richtiger
Scharfblick hatten ihn damals ſchon erkennen laſſen, daß es
ſich bei den Stürmen der Zukunft weniger um eine Reform
der Geſetze, als um eine ſolche der Geſellſchaft handle.
Während er die moraliſche Verderbtheit der höheren Klaſſen
völlig durchblickte, erkannte er zugleich vorurtheilslos die
Schwäche der geheimen revolutionären Kräfte und beurtheilte
damals ſchon völlig richtig die Unfähigkeit und den Doctri-
närismus derjenigen Partei, die ſich die "liberale" nennen
ließ; ſeine Streitigkeiten mit Weidig, ſeine Briefe ſind Be-
lege dafür. Seine Schrift: "Der Landbote", iſt, wie ſein
Mitſchuldiger im Verhör richtig bemerkte, mehr eine Predigt
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[CLXXIX/0195] Meinung, daß die Kunſt nur der Geſchichte und der Natur dienen, ſie aber nicht meiſtern ſolle, ſein Haß gegen den Idealismus ſind die Urſache und Erklärung für Manches in ſeinen literariſchen Erzeugniſſen, was ſich vielleicht weiter als zuläſſig von dem idealen Standpunkte der Kunſt ent- fernt. Seine Anſichten waren die richtigen; nur trieben ihn die Verkehrtheit und Fadheit der extrem-idealiſtiſchen Richtung manchmal etwas zu ſehr auf die entgegengeſetzte Seite. In der Geſellſchaft war Büchner munter, nie zurück- ſtoßend, nur ſcharf und eine übermüthige Satyre entwickelnd, wo gemeine Geſinnung oder hohlköpfige Anmaßung an ihn herantraten. Sein treffender Witz, ſeine launigen Einfälle, die, wenn er in guter Stimmung war, in ſprudelnder Fülle einander drängten, belebten die Unterhaltung und machten ihn zum angenehmen Geſellſchafter. Was ſeinen politiſchen Charakter anlangt, ſo war Büchner noch mehr Socialiſt, als Republikaner; ſein tiefes Mitgefühl für die Leiden des Volkes und ſein richtiger Scharfblick hatten ihn damals ſchon erkennen laſſen, daß es ſich bei den Stürmen der Zukunft weniger um eine Reform der Geſetze, als um eine ſolche der Geſellſchaft handle. Während er die moraliſche Verderbtheit der höheren Klaſſen völlig durchblickte, erkannte er zugleich vorurtheilslos die Schwäche der geheimen revolutionären Kräfte und beurtheilte damals ſchon völlig richtig die Unfähigkeit und den Doctri- närismus derjenigen Partei, die ſich die "liberale" nennen ließ; ſeine Streitigkeiten mit Weidig, ſeine Briefe ſind Be- lege dafür. Seine Schrift: "Der Landbote", iſt, wie ſein Mitſchuldiger im Verhör richtig bemerkte, mehr eine Predigt für die Armen und gegen die Reichen, als eine politiſche

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. CLXXIX. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/195>, abgerufen am 23.11.2024.