Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879. Dillon. Die Schurken, die Narren, sie werden sich zuletzt noch selbst guillotiniren. (Er läuft auf und ab.) Laflotte (bei Seite.) Man könnte das Leben ordentlich wieder lieb haben, wie sein Kind, wenn man sich's selbst gegeben. Das kommt grade nicht oft vor, daß man so mit dem Zufall Blutschande treiben und sein eigener Vater werden kann. Vater und Kind zugleich. Ein behaglicher Oedipus! Dillon. Man füttert das Volk nicht mit Leichen; Danton's und Camille's Weiber mögen Assignaten unter das Volk werfen, das ist besser als Köpfe. Laflotte (bei Seite.) Ich würde mir hintennach die Augen nicht ausreißen; ich könnte sie nöthig haben, um den guten General zu beweinen. Dillon. Die Hand an Danton! -- Wer ist noch sicher? Die Furcht wird sie vereinigen. Laflotte (bei Seite.) Er ist doch verloren. Was ist's denn, wenn ich auf eine Leiche trete, um aus dem Grabe zu klettern? Dillon. Nur den Fuß auf der Gasse! Ich werde Leute genug finden, alte Soldaten, Girondisten, Ex-Adelige; wir erbrechen die Gefängnisse, wir müssen uns mit den Gefangenen verständigen. Laflotte (bei Seite.) Nun freilich, es riecht ein wenig nach Schurkerei. Was thut's? Ich hätte Lust, auch das zu versuchen; ich war bisher zu einseitig. Man bekommt Gewissensbisse, das ist doch eine Abwechslung; es ist nicht so unangenehm, seinen eigenen Gestank zu riechen. -- Die Aussicht auf die Guillotine ist mir langweilig geworden; so lange auf die Sache zu warten! Ich habe sie im Geiste Dillon. Die Schurken, die Narren, ſie werden ſich zuletzt noch ſelbſt guillotiniren. (Er läuft auf und ab.) Laflotte (bei Seite.) Man könnte das Leben ordentlich wieder lieb haben, wie ſein Kind, wenn man ſich's ſelbſt gegeben. Das kommt grade nicht oft vor, daß man ſo mit dem Zufall Blutſchande treiben und ſein eigener Vater werden kann. Vater und Kind zugleich. Ein behaglicher Oedipus! Dillon. Man füttert das Volk nicht mit Leichen; Danton's und Camille's Weiber mögen Aſſignaten unter das Volk werfen, das iſt beſſer als Köpfe. Laflotte (bei Seite.) Ich würde mir hintennach die Augen nicht ausreißen; ich könnte ſie nöthig haben, um den guten General zu beweinen. Dillon. Die Hand an Danton! — Wer iſt noch ſicher? Die Furcht wird ſie vereinigen. Laflotte (bei Seite.) Er iſt doch verloren. Was iſt's denn, wenn ich auf eine Leiche trete, um aus dem Grabe zu klettern? Dillon. Nur den Fuß auf der Gaſſe! Ich werde Leute genug finden, alte Soldaten, Girondiſten, Ex-Adelige; wir erbrechen die Gefängniſſe, wir müſſen uns mit den Gefangenen verſtändigen. Laflotte (bei Seite.) Nun freilich, es riecht ein wenig nach Schurkerei. Was thut's? Ich hätte Luſt, auch das zu verſuchen; ich war bisher zu einſeitig. Man bekommt Gewiſſensbiſſe, das iſt doch eine Abwechslung; es iſt nicht ſo unangenehm, ſeinen eigenen Geſtank zu riechen. — Die Ausſicht auf die Guillotine iſt mir langweilig geworden; ſo lange auf die Sache zu warten! Ich habe ſie im Geiſte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div type="act" n="3"> <div type="scene" n="4"> <pb facs="#f0265" n="69"/> <sp who="#DILL"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Dillon.</hi> </hi> </speaker> <p>Die Schurken, die Narren, ſie werden ſich<lb/> zuletzt noch ſelbſt guillotiniren.</p> <stage>(Er läuft auf und ab.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#LAF"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Laflotte</hi> </hi> </speaker> <stage>(bei Seite.)</stage> <p>Man könnte das Leben ordentlich<lb/> wieder lieb haben, wie ſein Kind, wenn man ſich's ſelbſt<lb/> gegeben. Das kommt grade nicht oft vor, daß man ſo mit<lb/> dem Zufall Blutſchande treiben und ſein eigener Vater werden<lb/> kann. Vater und Kind zugleich. 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Laflotte (bei Seite.) Man könnte das Leben ordentlich
wieder lieb haben, wie ſein Kind, wenn man ſich's ſelbſt
gegeben. Das kommt grade nicht oft vor, daß man ſo mit
dem Zufall Blutſchande treiben und ſein eigener Vater werden
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Dillon. Man füttert das Volk nicht mit Leichen;
Danton's und Camille's Weiber mögen Aſſignaten unter
das Volk werfen, das iſt beſſer als Köpfe.
Laflotte (bei Seite.) Ich würde mir hintennach die
Augen nicht ausreißen; ich könnte ſie nöthig haben, um den
guten General zu beweinen.
Dillon. Die Hand an Danton! — Wer iſt noch
ſicher? Die Furcht wird ſie vereinigen.
Laflotte (bei Seite.) Er iſt doch verloren. Was iſt's
denn, wenn ich auf eine Leiche trete, um aus dem Grabe
zu klettern?
Dillon. Nur den Fuß auf der Gaſſe! Ich werde Leute
genug finden, alte Soldaten, Girondiſten, Ex-Adelige; wir
erbrechen die Gefängniſſe, wir müſſen uns mit den Gefangenen
verſtändigen.
Laflotte (bei Seite.) Nun freilich, es riecht ein wenig
nach Schurkerei. Was thut's? Ich hätte Luſt, auch das
zu verſuchen; ich war bisher zu einſeitig. Man bekommt
Gewiſſensbiſſe, das iſt doch eine Abwechslung; es iſt nicht
ſo unangenehm, ſeinen eigenen Geſtank zu riechen. — Die
Ausſicht auf die Guillotine iſt mir langweilig geworden;
ſo lange auf die Sache zu warten! Ich habe ſie im Geiſte
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