Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879. St. Just. Danton's und Camille's Weiber sollen Geld unter das Volk werfen, Dillon soll ausbrechen, man will die Gefangenen befreien, der Convent soll gesprengt werden. Barrere. Das sind Mährchen. St. Just. Wir werden sie aber mit dem Mährchen in Schlaf erzählen. Die Anzeige habe ich in Händen, dazu die Keckheit der Angeklagten, das Murren des Volkes, die Be- stürzung der Geschwornen; ich werde einen Bericht machen. Barrere. Ja, geh, St. Just, und spinne deine Perio- den, worin jedes Komma ein Säbelhieb und jeder Punkt ein abgeschlagener Kopf ist. St. Just. Der Convent muß dekretiren, das Tribunal solle ohne Unterbrechung den Proceß fortführen, und dürfe jeden Angeklagten, welcher die dem Gerichte schuldige Achtung verletze oder störende Auftritte veranlasse, von den Debatten ausschließen. Barrere. Du hast einen revolutionären Instinct, das lautet ganz gemäßigt und wird doch seine Wirkung thun. Sie können nicht schweigen, Danton muß schreien. St. Just. Ich zähle auf Eure Unterstützung. Es gibt Leute im Convent, die eben so krank sind wie Danton, und welche die nämliche Kur fürchten. Sie haben wieder Muth bekommen, sie werden über Verletzung der Formen schreien. Barrere (ihn unterbrechend.) Ich werde ihnen sagen: Zu Rom wurde der Consul, welcher die Verschwörung des Catilina entdeckte und die Verbrecher auf der Stelle mit dem Tode bestrafte, der verletzten Förmlichkeit angeklagt. Wer waren seine Ankläger? Collot (mit Pathos). Geh', St. Just, die Lava der Revolution fließt. Die Freiheit wird die Schwächlinge, St. Juſt. Danton's und Camille's Weiber ſollen Geld unter das Volk werfen, Dillon ſoll ausbrechen, man will die Gefangenen befreien, der Convent ſoll geſprengt werden. Barrère. Das ſind Mährchen. St. Juſt. Wir werden ſie aber mit dem Mährchen in Schlaf erzählen. Die Anzeige habe ich in Händen, dazu die Keckheit der Angeklagten, das Murren des Volkes, die Be- ſtürzung der Geſchwornen; ich werde einen Bericht machen. Barrère. Ja, geh, St. Juſt, und ſpinne deine Perio- den, worin jedes Komma ein Säbelhieb und jeder Punkt ein abgeſchlagener Kopf iſt. St. Juſt. Der Convent muß dekretiren, das Tribunal ſolle ohne Unterbrechung den Proceß fortführen, und dürfe jeden Angeklagten, welcher die dem Gerichte ſchuldige Achtung verletze oder ſtörende Auftritte veranlaſſe, von den Debatten ausſchließen. Barrère. Du haſt einen revolutionären Inſtinct, das lautet ganz gemäßigt und wird doch ſeine Wirkung thun. Sie können nicht ſchweigen, Danton muß ſchreien. St. Juſt. Ich zähle auf Eure Unterſtützung. Es gibt Leute im Convent, die eben ſo krank ſind wie Danton, und welche die nämliche Kur fürchten. Sie haben wieder Muth bekommen, ſie werden über Verletzung der Formen ſchreien. Barrère (ihn unterbrechend.) Ich werde ihnen ſagen: Zu Rom wurde der Conſul, welcher die Verſchwörung des Catilina entdeckte und die Verbrecher auf der Stelle mit dem Tode beſtrafte, der verletzten Förmlichkeit angeklagt. Wer waren ſeine Ankläger? Collot (mit Pathos). Geh', St. Juſt, die Lava der Revolution fließt. Die Freiheit wird die Schwächlinge, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div type="act" n="3"> <div type="scene" n="4"> <pb facs="#f0269" n="73"/> <sp who="#ST "> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">St. Juſt.</hi> </hi> </speaker> <p>Danton's und Camille's Weiber ſollen<lb/> Geld unter das Volk werfen, Dillon ſoll ausbrechen, man will<lb/> die Gefangenen befreien, der Convent ſoll geſprengt werden.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAR"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Barr<hi rendition="#aq">è</hi>re.</hi> </hi> </speaker> <p>Das ſind Mährchen.</p> </sp><lb/> <sp who="#ST "> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">St. Juſt.</hi> </hi> </speaker> <p>Wir werden ſie aber mit dem Mährchen in<lb/> Schlaf erzählen. Die Anzeige habe ich in Händen, dazu die<lb/> Keckheit der Angeklagten, das Murren des Volkes, die Be-<lb/> ſtürzung der Geſchwornen; ich werde einen Bericht machen.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAR"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Barr<hi rendition="#aq">è</hi>re.</hi> </hi> </speaker> <p>Ja, geh, St. Juſt, und ſpinne deine Perio-<lb/> den, worin jedes Komma ein Säbelhieb und jeder Punkt<lb/> ein abgeſchlagener Kopf iſt.</p> </sp><lb/> <sp who="#ST "> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">St. Juſt.</hi> </hi> </speaker> <p>Der Convent muß dekretiren, das Tribunal<lb/> ſolle ohne Unterbrechung den Proceß fortführen, und dürfe<lb/> jeden Angeklagten, welcher die dem Gerichte ſchuldige Achtung<lb/> verletze oder ſtörende Auftritte veranlaſſe, von den Debatten<lb/> ausſchließen.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAR"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Barr<hi rendition="#aq">è</hi>re.</hi> </hi> </speaker> <p>Du haſt einen revolutionären Inſtinct, das<lb/> lautet ganz gemäßigt und wird doch ſeine Wirkung thun.<lb/> Sie können nicht ſchweigen, Danton muß ſchreien.</p> </sp><lb/> <sp who="#ST "> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">St. Juſt.</hi> </hi> </speaker> <p>Ich zähle auf Eure Unterſtützung. Es gibt<lb/> Leute im Convent, die eben ſo krank ſind wie Danton, und<lb/> welche die nämliche Kur fürchten. Sie haben wieder Muth<lb/> bekommen, ſie werden über Verletzung der Formen ſchreien.</p> </sp><lb/> <sp who="#BAR"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Barr<hi rendition="#aq">è</hi>re</hi> </hi> </speaker> <stage>(ihn unterbrechend.)</stage> <p>Ich werde ihnen ſagen:<lb/> Zu Rom wurde der Conſul, welcher die Verſchwörung des<lb/> Catilina entdeckte und die Verbrecher auf der Stelle mit dem<lb/> Tode beſtrafte, der verletzten Förmlichkeit angeklagt. Wer<lb/> waren ſeine Ankläger?</p> </sp><lb/> <sp who="#COL"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Collot</hi> </hi> </speaker> <stage>(mit Pathos).</stage> <p>Geh', St. Juſt, die Lava der<lb/> Revolution fließt. Die Freiheit wird die Schwächlinge,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [73/0269]
St. Juſt. Danton's und Camille's Weiber ſollen
Geld unter das Volk werfen, Dillon ſoll ausbrechen, man will
die Gefangenen befreien, der Convent ſoll geſprengt werden.
Barrère. Das ſind Mährchen.
St. Juſt. Wir werden ſie aber mit dem Mährchen in
Schlaf erzählen. Die Anzeige habe ich in Händen, dazu die
Keckheit der Angeklagten, das Murren des Volkes, die Be-
ſtürzung der Geſchwornen; ich werde einen Bericht machen.
Barrère. Ja, geh, St. Juſt, und ſpinne deine Perio-
den, worin jedes Komma ein Säbelhieb und jeder Punkt
ein abgeſchlagener Kopf iſt.
St. Juſt. Der Convent muß dekretiren, das Tribunal
ſolle ohne Unterbrechung den Proceß fortführen, und dürfe
jeden Angeklagten, welcher die dem Gerichte ſchuldige Achtung
verletze oder ſtörende Auftritte veranlaſſe, von den Debatten
ausſchließen.
Barrère. Du haſt einen revolutionären Inſtinct, das
lautet ganz gemäßigt und wird doch ſeine Wirkung thun.
Sie können nicht ſchweigen, Danton muß ſchreien.
St. Juſt. Ich zähle auf Eure Unterſtützung. Es gibt
Leute im Convent, die eben ſo krank ſind wie Danton, und
welche die nämliche Kur fürchten. Sie haben wieder Muth
bekommen, ſie werden über Verletzung der Formen ſchreien.
Barrère (ihn unterbrechend.) Ich werde ihnen ſagen:
Zu Rom wurde der Conſul, welcher die Verſchwörung des
Catilina entdeckte und die Verbrecher auf der Stelle mit dem
Tode beſtrafte, der verletzten Förmlichkeit angeklagt. Wer
waren ſeine Ankläger?
Collot (mit Pathos). Geh', St. Juſt, die Lava der
Revolution fließt. Die Freiheit wird die Schwächlinge,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |