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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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Zweiter Fuhrmann. Ha! das glaub' ich, du kannst
mit Karren und Gäulen hinein, du findest gute Geleise, aber
du mußt Quarantaine halten, wenn du herauskommst!
Ein Weib. Wir warten auf alte Kunden.
Zweiter Fuhrmann. Meint ihr, mein Karren wär' ein
Bordell? Er ist ein anständiger Karren, er hat den König
und alle vornehmen Herren aus Paris zur Tafel gefahren.
Lucile (tritt auf. Sie setzt sich auf einen Stein unter die
Fenster der Gefangenen).
Camille, Camille! (Camille erscheint
am Fenster.)
-- Höre, Camille, du machst mich lachen mit
dem langen Steinrock und der eisernen Maske vor dem Ge-
sicht, kannst du dich nicht bücken? Wo sind deine Arme?
-- Ich will dich locken, lieber Vogel (singt):

Es stehen zwei Sternlein an dem Himmel,
Scheinen heller als der Mond,
Der ein' scheint vor Feinsliebchens Fenster,
Der andre vor die Kammerthür.

Komm, komm, mein Freund! leise die Treppe herauf, sie
schlafen Alle. Der Mond hilft mir schon lange warten.
Aber du kannst nicht zum Thore herein, das ist eine un-
leidliche Tracht. Das ist zu arg für den Spaß, mach' ein
Ende. Du rührst dich auch gar nicht, warum sprichst du
nicht? Du machst mir Angst. -- Höre! die Leute sagen,
du müßtest sterben, und machen dazu so ernsthafte Gesichter.
-- Sterben! ich muß lachen über die Gesichter. Sterben!
Was ist das für ein Wort? Sag' mir es, Camille. Sterben!
Ich will nachdenken. Da, da ist's. Ich will ihm nach-
laufen, komm, süßer Freund, hilf mir fangen, komm! komm!

(Sie läuft weg.)
Camille (ruft). Lucile! Lucile!

Zweiter Fuhrmann. Ha! das glaub' ich, du kannſt
mit Karren und Gäulen hinein, du findeſt gute Geleiſe, aber
du mußt Quarantaine halten, wenn du herauskommſt!
Ein Weib. Wir warten auf alte Kunden.
Zweiter Fuhrmann. Meint ihr, mein Karren wär' ein
Bordell? Er iſt ein anſtändiger Karren, er hat den König
und alle vornehmen Herren aus Paris zur Tafel gefahren.
Lucile (tritt auf. Sie ſetzt ſich auf einen Stein unter die
Fenſter der Gefangenen).
Camille, Camille! (Camille erſcheint
am Fenſter.)
— Höre, Camille, du machſt mich lachen mit
dem langen Steinrock und der eiſernen Maske vor dem Ge-
ſicht, kannſt du dich nicht bücken? Wo ſind deine Arme?
— Ich will dich locken, lieber Vogel (ſingt):

Es ſtehen zwei Sternlein an dem Himmel,
Scheinen heller als der Mond,
Der ein' ſcheint vor Feinsliebchens Fenſter,
Der andre vor die Kammerthür.

Komm, komm, mein Freund! leiſe die Treppe herauf, ſie
ſchlafen Alle. Der Mond hilft mir ſchon lange warten.
Aber du kannſt nicht zum Thore herein, das iſt eine un-
leidliche Tracht. Das iſt zu arg für den Spaß, mach' ein
Ende. Du rührſt dich auch gar nicht, warum ſprichſt du
nicht? Du machſt mir Angſt. — Höre! die Leute ſagen,
du müßteſt ſterben, und machen dazu ſo ernſthafte Geſichter.
— Sterben! ich muß lachen über die Geſichter. Sterben!
Was iſt das für ein Wort? Sag' mir es, Camille. Sterben!
Ich will nachdenken. Da, da iſt's. Ich will ihm nach-
laufen, komm, ſüßer Freund, hilf mir fangen, komm! komm!

(Sie läuft weg.)
Camille (ruft). Lucile! Lucile!

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[88/0284] Zweiter Fuhrmann. Ha! das glaub' ich, du kannſt mit Karren und Gäulen hinein, du findeſt gute Geleiſe, aber du mußt Quarantaine halten, wenn du herauskommſt! Ein Weib. Wir warten auf alte Kunden. Zweiter Fuhrmann. Meint ihr, mein Karren wär' ein Bordell? Er iſt ein anſtändiger Karren, er hat den König und alle vornehmen Herren aus Paris zur Tafel gefahren. Lucile (tritt auf. Sie ſetzt ſich auf einen Stein unter die Fenſter der Gefangenen). Camille, Camille! (Camille erſcheint am Fenſter.) — Höre, Camille, du machſt mich lachen mit dem langen Steinrock und der eiſernen Maske vor dem Ge- ſicht, kannſt du dich nicht bücken? Wo ſind deine Arme? — Ich will dich locken, lieber Vogel (ſingt): Es ſtehen zwei Sternlein an dem Himmel, Scheinen heller als der Mond, Der ein' ſcheint vor Feinsliebchens Fenſter, Der andre vor die Kammerthür. Komm, komm, mein Freund! leiſe die Treppe herauf, ſie ſchlafen Alle. Der Mond hilft mir ſchon lange warten. Aber du kannſt nicht zum Thore herein, das iſt eine un- leidliche Tracht. Das iſt zu arg für den Spaß, mach' ein Ende. Du rührſt dich auch gar nicht, warum ſprichſt du nicht? Du machſt mir Angſt. — Höre! die Leute ſagen, du müßteſt ſterben, und machen dazu ſo ernſthafte Geſichter. — Sterben! ich muß lachen über die Geſichter. Sterben! Was iſt das für ein Wort? Sag' mir es, Camille. Sterben! Ich will nachdenken. Da, da iſt's. Ich will ihm nach- laufen, komm, ſüßer Freund, hilf mir fangen, komm! komm! (Sie läuft weg.) Camille (ruft). Lucile! Lucile!

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/284>, abgerufen am 21.11.2024.