speien; er schwur, er lästerte. So kam er auf die Höhe des Gebirges, und das ungewisse Licht dehnte sich hinunter, wo die weißen Steinmassen lagen, und der Himmel war ein dummes blaues Auge, und der Mond stand ganz lächerlich drin, einfältig. Lenz mußte laut lachen, und mit dem Lachen griff der Atheismus in ihn und faßte ihn ganz sicher und ruhig und fest. Er wußte nicht mehr, was ihn vorhin so bewegt hatte, es fror ihn, er dachte, er wolle jetzt zu Bette gehn, und er ging kalt und unerschütterlich durch das un- heimliche Dunkel -- es war ihm Alles leer und hohl, er mußte laufen und ging zu Bette.
Am folgenden Tage befiel ihn ein großes Grauen vor seinem gestrigen Zustand, er stand nun am Abgrunde, wo eine wahnsinnige Lust ihn trieb, immer wieder hineinzuschauen und sich diese Qual zu wiederholen. Dann steigerte sich seine Angst, die Sünde und der heilige Geist standen vor ihm.
Einige Tage darauf kam Oberlin aus der Schweiz zurück, viel früher, als man es erwartet hatte. Lenz war darüber betroffen. Doch wurde er heiter, als Oberlin ihm von seinen Freunden im Elsaß erzählte. Oberlin ging dabei im Zimmer hin und her und packte aus, legte hin. Dabei erzählte er von Pfeffel, das Leben eines Landgeistlichen glücklich preisend. Dabei ermahnte er ihn, sich in den Wunsch seines Vaters zu fügen, seinem Berufe gemäß zu leben, heimzukehren. Er sagte ihm: Ehre Vater und Mutter, und dergleichen mehr. Ueber dem Gespräch gerieth Lenz in heftige Unruhe; er stieß tiefe Seufzer aus, Thränen drangen ihm aus den Augen, er sprach abgebrochen. Ja, ich halt' es aber nicht aus; wollen Sie mich verstoßen? Nur in Ihnen ist der Weg zu Gott. Doch mit mir ist's aus!
ſpeien; er ſchwur, er läſterte. So kam er auf die Höhe des Gebirges, und das ungewiſſe Licht dehnte ſich hinunter, wo die weißen Steinmaſſen lagen, und der Himmel war ein dummes blaues Auge, und der Mond ſtand ganz lächerlich drin, einfältig. Lenz mußte laut lachen, und mit dem Lachen griff der Atheismus in ihn und faßte ihn ganz ſicher und ruhig und feſt. Er wußte nicht mehr, was ihn vorhin ſo bewegt hatte, es fror ihn, er dachte, er wolle jetzt zu Bette gehn, und er ging kalt und unerſchütterlich durch das un- heimliche Dunkel — es war ihm Alles leer und hohl, er mußte laufen und ging zu Bette.
Am folgenden Tage befiel ihn ein großes Grauen vor ſeinem geſtrigen Zuſtand, er ſtand nun am Abgrunde, wo eine wahnſinnige Luſt ihn trieb, immer wieder hineinzuſchauen und ſich dieſe Qual zu wiederholen. Dann ſteigerte ſich ſeine Angſt, die Sünde und der heilige Geiſt ſtanden vor ihm.
Einige Tage darauf kam Oberlin aus der Schweiz zurück, viel früher, als man es erwartet hatte. Lenz war darüber betroffen. Doch wurde er heiter, als Oberlin ihm von ſeinen Freunden im Elſaß erzählte. Oberlin ging dabei im Zimmer hin und her und packte aus, legte hin. Dabei erzählte er von Pfeffel, das Leben eines Landgeiſtlichen glücklich preiſend. Dabei ermahnte er ihn, ſich in den Wunſch ſeines Vaters zu fügen, ſeinem Berufe gemäß zu leben, heimzukehren. Er ſagte ihm: Ehre Vater und Mutter, und dergleichen mehr. Ueber dem Geſpräch gerieth Lenz in heftige Unruhe; er ſtieß tiefe Seufzer aus, Thränen drangen ihm aus den Augen, er ſprach abgebrochen. Ja, ich halt' es aber nicht aus; wollen Sie mich verſtoßen? Nur in Ihnen iſt der Weg zu Gott. Doch mit mir iſt's aus!
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ſpeien; er ſchwur, er läſterte. So kam er auf die Höhe
des Gebirges, und das ungewiſſe Licht dehnte ſich hinunter,
wo die weißen Steinmaſſen lagen, und der Himmel war ein
dummes blaues Auge, und der Mond ſtand ganz lächerlich
drin, einfältig. Lenz mußte laut lachen, und mit dem Lachen
griff der Atheismus in ihn und faßte ihn ganz ſicher und
ruhig und feſt. Er wußte nicht mehr, was ihn vorhin ſo
bewegt hatte, es fror ihn, er dachte, er wolle jetzt zu Bette
gehn, und er ging kalt und unerſchütterlich durch das un-
heimliche Dunkel — es war ihm Alles leer und hohl, er
mußte laufen und ging zu Bette.
Am folgenden Tage befiel ihn ein großes Grauen vor
ſeinem geſtrigen Zuſtand, er ſtand nun am Abgrunde, wo
eine wahnſinnige Luſt ihn trieb, immer wieder hineinzuſchauen
und ſich dieſe Qual zu wiederholen. Dann ſteigerte ſich
ſeine Angſt, die Sünde und der heilige Geiſt ſtanden vor ihm.
Einige Tage darauf kam Oberlin aus der Schweiz
zurück, viel früher, als man es erwartet hatte. Lenz war
darüber betroffen. Doch wurde er heiter, als Oberlin ihm
von ſeinen Freunden im Elſaß erzählte. Oberlin ging dabei
im Zimmer hin und her und packte aus, legte hin. Dabei
erzählte er von Pfeffel, das Leben eines Landgeiſtlichen
glücklich preiſend. Dabei ermahnte er ihn, ſich in den
Wunſch ſeines Vaters zu fügen, ſeinem Berufe gemäß zu
leben, heimzukehren. Er ſagte ihm: Ehre Vater und Mutter,
und dergleichen mehr. Ueber dem Geſpräch gerieth Lenz in
heftige Unruhe; er ſtieß tiefe Seufzer aus, Thränen drangen
ihm aus den Augen, er ſprach abgebrochen. Ja, ich halt'
es aber nicht aus; wollen Sie mich verſtoßen? Nur in
Ihnen iſt der Weg zu Gott. Doch mit mir iſt's aus!
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/425>, abgerufen am 21.11.2024.
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