Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.
anderes Weib lieben solltest. Ich werde Dir vielleicht ver- zeihen, wenn Du mir es sagst. Unterbrich mich doch nicht. Du weißt nicht, wie weit meine Liebe geht, ich weiß es selbst nicht. Es ist wahr, ich habe Augenblicke, wo ich Dich lieber todt, als mit einer Andern glücklich wissen möchte; aber es kommen mir auch andere, wo ich Dich lieber glück- lich sähe. Mein Gott! ich weiß nicht, warum man mich in den Ruf eines schlechten Weibes bringen will. Fabiani. Ich kann nur mit Dir glücklich sein, Marie. Ich liebe nur Dich. Die Königin. Gewiß? Sieh' mich an. Gewiß? O! ich bin manchmal eifersüchtig; ich bilde mir ein, -- welches Weib hat nicht solche Gedanken? -- ich bilde mir manch mal ein, Du täuschest mich. Ich möchte unsichtbar sein und Dir folgen können und immer wissen, was Du thust, was Du sagst und wo Du bist. In den Feenmärchen gibt es einen Ring, der Einen unsichtbar macht; ich würde meine Krone für diesen Ring geben. Ich bilde mir immer ein, Du gingest zu den schönen Mädchen in der Stadt. O! Du solltest mich nicht täuschen, siehst Du! Fabiani. Aber verbannt doch diese Gedanken, Madame, Ich Euch täuschen, meine gute Königin, meine gute Herrin! Ich müßte der undankbarste und erbärmlichste Mensch sein! Aber ich gab Euch keine Veranlassung, mich für den un- dankbarsten und erbärmlichsten Menschen zu halten. Aber ich liebe Dich, Marie! aber ich bete Dich an! aber ich könnte ein anderes Weib nicht einmal ansehen! Ich liebe Dich, sage ich Dir; aber siehst Du das nicht in meinen Augen? O, mein Gott! die Wahrheit hat einen Ton, der Dich überzeugen sollte. Sieh', betrachte mich genau, sehe
anderes Weib lieben ſollteſt. Ich werde Dir vielleicht ver- zeihen, wenn Du mir es ſagſt. Unterbrich mich doch nicht. Du weißt nicht, wie weit meine Liebe geht, ich weiß es ſelbſt nicht. Es iſt wahr, ich habe Augenblicke, wo ich Dich lieber todt, als mit einer Andern glücklich wiſſen möchte; aber es kommen mir auch andere, wo ich Dich lieber glück- lich ſähe. Mein Gott! ich weiß nicht, warum man mich in den Ruf eines ſchlechten Weibes bringen will. Fabiani. Ich kann nur mit Dir glücklich ſein, Marie. Ich liebe nur Dich. Die Königin. Gewiß? Sieh' mich an. Gewiß? O! ich bin manchmal eiferſüchtig; ich bilde mir ein, — welches Weib hat nicht ſolche Gedanken? — ich bilde mir manch mal ein, Du täuſcheſt mich. Ich möchte unſichtbar ſein und Dir folgen können und immer wiſſen, was Du thuſt, was Du ſagſt und wo Du biſt. In den Feenmärchen gibt es einen Ring, der Einen unſichtbar macht; ich würde meine Krone für dieſen Ring geben. Ich bilde mir immer ein, Du gingeſt zu den ſchönen Mädchen in der Stadt. O! Du ſollteſt mich nicht täuſchen, ſiehſt Du! Fabiani. Aber verbannt doch dieſe Gedanken, Madame, Ich Euch täuſchen, meine gute Königin, meine gute Herrin! Ich müßte der undankbarſte und erbärmlichſte Menſch ſein! Aber ich gab Euch keine Veranlaſſung, mich für den un- dankbarſten und erbärmlichſten Menſchen zu halten. Aber ich liebe Dich, Marie! aber ich bete Dich an! aber ich könnte ein anderes Weib nicht einmal anſehen! Ich liebe Dich, ſage ich Dir; aber ſiehſt Du das nicht in meinen Augen? O, mein Gott! die Wahrheit hat einen Ton, der Dich überzeugen ſollte. Sieh', betrachte mich genau, ſehe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <sp who="#KOENIGIN"> <p><pb facs="#f0442" n="246"/> anderes Weib lieben ſollteſt. Ich werde Dir vielleicht ver-<lb/> zeihen, wenn Du mir es ſagſt. Unterbrich mich doch nicht.<lb/> Du weißt nicht, wie weit meine Liebe geht, ich weiß es<lb/> ſelbſt nicht. Es iſt wahr, ich habe Augenblicke, wo ich Dich<lb/> lieber todt, als mit einer Andern glücklich wiſſen möchte;<lb/> aber es kommen mir auch andere, wo ich Dich lieber glück-<lb/> lich ſähe. Mein Gott! ich weiß nicht, warum man mich<lb/> in den Ruf eines ſchlechten Weibes bringen will.</p> </sp><lb/> <sp who="#FAB"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Fabiani.</hi> </hi> </speaker> <p>Ich kann nur mit Dir glücklich ſein, Marie.<lb/> Ich liebe nur Dich.</p> </sp><lb/> <sp who="#KOENIGIN"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Die Königin.</hi> </hi> </speaker> <p>Gewiß? Sieh' mich an. Gewiß? O!<lb/> ich bin manchmal eiferſüchtig; ich bilde mir ein, — welches<lb/> Weib hat nicht ſolche Gedanken? — ich bilde mir manch<lb/> mal ein, Du täuſcheſt mich. Ich möchte unſichtbar ſein<lb/> und Dir folgen können und immer wiſſen, was Du thuſt,<lb/> was Du ſagſt und wo Du biſt. In den Feenmärchen gibt<lb/> es einen Ring, der Einen unſichtbar macht; ich würde meine<lb/> Krone für dieſen Ring geben. Ich bilde mir immer ein,<lb/> Du gingeſt zu den ſchönen Mädchen in der Stadt. O! Du<lb/> ſollteſt mich nicht täuſchen, ſiehſt Du!</p> </sp><lb/> <sp who="#FAB"> <speaker> <hi rendition="#fr"> <hi rendition="#b">Fabiani.</hi> </hi> </speaker> <p>Aber verbannt doch dieſe Gedanken, Madame,<lb/> Ich Euch täuſchen, meine gute Königin, meine gute Herrin!<lb/> Ich müßte der undankbarſte und erbärmlichſte Menſch ſein!<lb/> Aber ich gab Euch keine Veranlaſſung, mich für den un-<lb/> dankbarſten und erbärmlichſten Menſchen zu halten. Aber<lb/> ich liebe Dich, Marie! aber ich bete Dich an! aber ich<lb/> könnte ein anderes Weib nicht einmal anſehen! Ich liebe<lb/> Dich, ſage ich Dir; aber ſiehſt Du das nicht in meinen<lb/> Augen? O, mein Gott! die Wahrheit hat einen Ton, der<lb/> Dich überzeugen ſollte. Sieh', betrachte mich genau, ſehe<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [246/0442]
anderes Weib lieben ſollteſt. Ich werde Dir vielleicht ver-
zeihen, wenn Du mir es ſagſt. Unterbrich mich doch nicht.
Du weißt nicht, wie weit meine Liebe geht, ich weiß es
ſelbſt nicht. Es iſt wahr, ich habe Augenblicke, wo ich Dich
lieber todt, als mit einer Andern glücklich wiſſen möchte;
aber es kommen mir auch andere, wo ich Dich lieber glück-
lich ſähe. Mein Gott! ich weiß nicht, warum man mich
in den Ruf eines ſchlechten Weibes bringen will.
Fabiani. Ich kann nur mit Dir glücklich ſein, Marie.
Ich liebe nur Dich.
Die Königin. Gewiß? Sieh' mich an. Gewiß? O!
ich bin manchmal eiferſüchtig; ich bilde mir ein, — welches
Weib hat nicht ſolche Gedanken? — ich bilde mir manch
mal ein, Du täuſcheſt mich. Ich möchte unſichtbar ſein
und Dir folgen können und immer wiſſen, was Du thuſt,
was Du ſagſt und wo Du biſt. In den Feenmärchen gibt
es einen Ring, der Einen unſichtbar macht; ich würde meine
Krone für dieſen Ring geben. Ich bilde mir immer ein,
Du gingeſt zu den ſchönen Mädchen in der Stadt. O! Du
ſollteſt mich nicht täuſchen, ſiehſt Du!
Fabiani. Aber verbannt doch dieſe Gedanken, Madame,
Ich Euch täuſchen, meine gute Königin, meine gute Herrin!
Ich müßte der undankbarſte und erbärmlichſte Menſch ſein!
Aber ich gab Euch keine Veranlaſſung, mich für den un-
dankbarſten und erbärmlichſten Menſchen zu halten. Aber
ich liebe Dich, Marie! aber ich bete Dich an! aber ich
könnte ein anderes Weib nicht einmal anſehen! Ich liebe
Dich, ſage ich Dir; aber ſiehſt Du das nicht in meinen
Augen? O, mein Gott! die Wahrheit hat einen Ton, der
Dich überzeugen ſollte. Sieh', betrachte mich genau, ſehe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |