Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

Bild:
<< vorherige Seite

Kommißbrod. -- A propos, wißt Ihr die hübsche Geschichte
vom Herrn Commissär, etc. ..? Der gute Columbus sollte
in Darmstadt bei einem Schreiner eine geheime Presse ent-
decken. Er besetzt das Haus, dringt ein. "Guter Mann,
es ist Alles aus, führ' Er mich nur an die Presse." --
Der Mann führt ihn an die Kelter. "Nein, Mann! Die
Presse! Die Presse!" -- Der Mann versteht ihn nicht, und
der Commissär wagt sich in den Keller. Es ist dunkel.
"Ein Licht, Mann!" -- "Das müssen Sie kaufen, wenn
Sie eins haben wollen." -- Aber der Herr Commissär spart
dem Lande überflüssige Ausgaben. Er rennt, wie Münch-
hausen, an einen Balken, er schlägt Feuer aus seinem Nasen-
bein, das Blut fließt, er achtet nichts und findet nichts.
Unser lieber Großherzog wird ihm aus einem Civilverdienst-
orden ein Nasenfutteral machen. -- ......

18.


.... Ich benutze jeden Vorwand, um mich von meiner
Kette loszumachen. Freitag Abends ging ich von Gießen
weg; ich wählte die Nacht der gewaltigen Hitze wegen, und
so wanderte ich in der lieblichsten Kühle unter hellem
Sternenhimmel, an dessen fernstem Horizonte ein beständiges
Blitzen leuchtete. Theils zu Fuß, theils fahrend mit Postillonen
und sonstigem Gesindel, legte ich während der Nacht den
größten Theil des Wegs zurück. Ich ruhte mehrmals unter-

Mitglied des deutschen Parlaments, wurde am 18. Juni 1834 wegen
mehrerer als aufrührerisch befundenen Schriften zur Cassation und
fünfjährigen Festungsstrafe verurtheilt. L. B.

Kommißbrod. — A propos, wißt Ihr die hübſche Geſchichte
vom Herrn Commiſſär, etc. ..? Der gute Columbus ſollte
in Darmſtadt bei einem Schreiner eine geheime Preſſe ent-
decken. Er beſetzt das Haus, dringt ein. "Guter Mann,
es iſt Alles aus, führ' Er mich nur an die Preſſe." —
Der Mann führt ihn an die Kelter. "Nein, Mann! Die
Preſſe! Die Preſſe!" — Der Mann verſteht ihn nicht, und
der Commiſſär wagt ſich in den Keller. Es iſt dunkel.
"Ein Licht, Mann!" — "Das müſſen Sie kaufen, wenn
Sie eins haben wollen." — Aber der Herr Commiſſär ſpart
dem Lande überflüſſige Ausgaben. Er rennt, wie Münch-
hauſen, an einen Balken, er ſchlägt Feuer aus ſeinem Naſen-
bein, das Blut fließt, er achtet nichts und findet nichts.
Unſer lieber Großherzog wird ihm aus einem Civilverdienſt-
orden ein Naſenfutteral machen. — ......

18.


.... Ich benutze jeden Vorwand, um mich von meiner
Kette loszumachen. Freitag Abends ging ich von Gießen
weg; ich wählte die Nacht der gewaltigen Hitze wegen, und
ſo wanderte ich in der lieblichſten Kühle unter hellem
Sternenhimmel, an deſſen fernſtem Horizonte ein beſtändiges
Blitzen leuchtete. Theils zu Fuß, theils fahrend mit Poſtillonen
und ſonſtigem Geſindel, legte ich während der Nacht den
größten Theil des Wegs zurück. Ich ruhte mehrmals unter-

Mitglied des deutſchen Parlaments, wurde am 18. Juni 1834 wegen
mehrerer als aufrühreriſch befundenen Schriften zur Caſſation und
fünfjährigen Feſtungsſtrafe verurtheilt. L. B.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0534" n="338"/>
Kommißbrod. &#x2014; <hi rendition="#aq">A propos,</hi> wißt Ihr die hüb&#x017F;che Ge&#x017F;chichte<lb/>
vom Herrn Commi&#x017F;&#x017F;är, etc. ..? Der gute Columbus &#x017F;ollte<lb/>
in Darm&#x017F;tadt bei einem Schreiner eine geheime Pre&#x017F;&#x017F;e ent-<lb/>
decken. Er be&#x017F;etzt das Haus, dringt ein. "Guter Mann,<lb/>
es i&#x017F;t Alles aus, führ' Er mich nur an die Pre&#x017F;&#x017F;e." &#x2014;<lb/>
Der Mann führt ihn an die Kelter. "Nein, Mann! Die<lb/>
Pre&#x017F;&#x017F;e! Die Pre&#x017F;&#x017F;e!" &#x2014; Der Mann ver&#x017F;teht ihn nicht, und<lb/>
der Commi&#x017F;&#x017F;är wagt &#x017F;ich in den Keller. Es i&#x017F;t dunkel.<lb/>
"Ein Licht, Mann!" &#x2014; "Das mü&#x017F;&#x017F;en Sie kaufen, wenn<lb/>
Sie eins haben wollen." &#x2014; Aber der Herr Commi&#x017F;&#x017F;är &#x017F;part<lb/>
dem Lande überflü&#x017F;&#x017F;ige Ausgaben. Er rennt, wie Münch-<lb/>
hau&#x017F;en, an einen Balken, er &#x017F;chlägt Feuer aus &#x017F;einem Na&#x017F;en-<lb/>
bein, das Blut fließt, er achtet nichts und <hi rendition="#g">findet nichts</hi>.<lb/>
Un&#x017F;er lieber Großherzog wird ihm aus einem Civilverdien&#x017F;t-<lb/>
orden ein Na&#x017F;enfutteral machen. &#x2014; ......</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#c">18.</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#g">Frankfurt</hi>, den 3. Augu&#x017F;t 1834.</dateline><lb/>
            <p>.... Ich benutze jeden Vorwand, um mich von meiner<lb/>
Kette loszumachen. <hi rendition="#g">Freitag Abends</hi> ging ich von Gießen<lb/>
weg; ich wählte die Nacht der gewaltigen Hitze wegen, und<lb/>
&#x017F;o wanderte ich in der lieblich&#x017F;ten Kühle unter hellem<lb/>
Sternenhimmel, an de&#x017F;&#x017F;en fern&#x017F;tem Horizonte ein be&#x017F;tändiges<lb/>
Blitzen leuchtete. Theils zu Fuß, theils fahrend mit Po&#x017F;tillonen<lb/>
und &#x017F;on&#x017F;tigem Ge&#x017F;indel, legte ich während der Nacht den<lb/>
größten Theil des Wegs zurück. Ich ruhte mehrmals unter-<lb/><note xml:id="note-0534" prev="#note-0533" place="foot" n="**">Mitglied des deut&#x017F;chen Parlaments, wurde am 18. Juni 1834 wegen<lb/>
mehrerer als aufrühreri&#x017F;ch befundenen Schriften zur Ca&#x017F;&#x017F;ation und<lb/>
fünfjährigen Fe&#x017F;tungs&#x017F;trafe verurtheilt. <hi rendition="#et">L. B.</hi></note><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[338/0534] Kommißbrod. — A propos, wißt Ihr die hübſche Geſchichte vom Herrn Commiſſär, etc. ..? Der gute Columbus ſollte in Darmſtadt bei einem Schreiner eine geheime Preſſe ent- decken. Er beſetzt das Haus, dringt ein. "Guter Mann, es iſt Alles aus, führ' Er mich nur an die Preſſe." — Der Mann führt ihn an die Kelter. "Nein, Mann! Die Preſſe! Die Preſſe!" — Der Mann verſteht ihn nicht, und der Commiſſär wagt ſich in den Keller. Es iſt dunkel. "Ein Licht, Mann!" — "Das müſſen Sie kaufen, wenn Sie eins haben wollen." — Aber der Herr Commiſſär ſpart dem Lande überflüſſige Ausgaben. Er rennt, wie Münch- hauſen, an einen Balken, er ſchlägt Feuer aus ſeinem Naſen- bein, das Blut fließt, er achtet nichts und findet nichts. Unſer lieber Großherzog wird ihm aus einem Civilverdienſt- orden ein Naſenfutteral machen. — ...... 18. Frankfurt, den 3. Auguſt 1834. .... Ich benutze jeden Vorwand, um mich von meiner Kette loszumachen. Freitag Abends ging ich von Gießen weg; ich wählte die Nacht der gewaltigen Hitze wegen, und ſo wanderte ich in der lieblichſten Kühle unter hellem Sternenhimmel, an deſſen fernſtem Horizonte ein beſtändiges Blitzen leuchtete. Theils zu Fuß, theils fahrend mit Poſtillonen und ſonſtigem Geſindel, legte ich während der Nacht den größten Theil des Wegs zurück. Ich ruhte mehrmals unter- ** ** Mitglied des deutſchen Parlaments, wurde am 18. Juni 1834 wegen mehrerer als aufrühreriſch befundenen Schriften zur Caſſation und fünfjährigen Feſtungsſtrafe verurtheilt. L. B.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/534
Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 338. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/534>, abgerufen am 24.11.2024.