wegs. Gegen Mittag war ich in Offenbach. Den kleinen Umweg machte ich, weil es von dieser Seite leichter ist, in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden. Die Zeit erlaubte mir nicht, mich mit den nöthigen Papieren zu versehen. .....
19.
Gießen, den 5. August 1834.
.... Ich meine, ich hätte Euch erzählt, daß Minni- gerode* eine halbe Stunde vor meiner Abreise arretirt wurde, man hat ihn nach Friedberg abgeführt. Ich begreife den Grund seiner Verhaftung nicht. Unserem scharfsinnigen Universitätsrichter fiel es ein, in meiner Reise, wie es scheint, einen Zusammenhang mit der Verhaftung Minnigerode's zu finden. Als ich hier ankam, fand ich meinen Schrank ver- siegelt, und man sagte mir, meine Papiere seien durch- sucht worden. Auf mein Verlangen wurden die Siegel so- gleich abgenommen, auch gab man mir meine Papiere (nichts als Briefe von Euch und meinen Freunden) zurück, nur einige französische Briefe von W ..., Muston, ** L ... und B ... wurden zurückbehalten, wahrscheinlich weil die Leute sich erst einen Sprachlehrer müssen kommen lassen, um sie zu lesen. Ich bin empört über ein solches Benehmen, es wird mir übel, wenn ich meine heiligsten Geheimnisse in den Händen dieser schmutzigen Menschen denke. Und das
* Vrgl. d. Anm. zum "Landboten" S. 283.
**Muston, ein französischer Flüchtling, der am Savoyer- Zuge Theil genommen hatte, sich in Darmstadt aufhielt und viel mit dem Briefsteller correspondirte. L. B.
22 *
wegs. Gegen Mittag war ich in Offenbach. Den kleinen Umweg machte ich, weil es von dieſer Seite leichter iſt, in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden. Die Zeit erlaubte mir nicht, mich mit den nöthigen Papieren zu verſehen. .....
19.
Gießen, den 5. Auguſt 1834.
.... Ich meine, ich hätte Euch erzählt, daß Minni- gerode* eine halbe Stunde vor meiner Abreiſe arretirt wurde, man hat ihn nach Friedberg abgeführt. Ich begreife den Grund ſeiner Verhaftung nicht. Unſerem ſcharfſinnigen Univerſitätsrichter fiel es ein, in meiner Reiſe, wie es ſcheint, einen Zuſammenhang mit der Verhaftung Minnigerode's zu finden. Als ich hier ankam, fand ich meinen Schrank ver- ſiegelt, und man ſagte mir, meine Papiere ſeien durch- ſucht worden. Auf mein Verlangen wurden die Siegel ſo- gleich abgenommen, auch gab man mir meine Papiere (nichts als Briefe von Euch und meinen Freunden) zurück, nur einige franzöſiſche Briefe von W ..., Muſton, ** L ... und B ... wurden zurückbehalten, wahrſcheinlich weil die Leute ſich erſt einen Sprachlehrer müſſen kommen laſſen, um ſie zu leſen. Ich bin empört über ein ſolches Benehmen, es wird mir übel, wenn ich meine heiligſten Geheimniſſe in den Händen dieſer ſchmutzigen Menſchen denke. Und das
* Vrgl. d. Anm. zum "Landboten" S. 283.
**Muſton, ein franzöſiſcher Flüchtling, der am Savoyer- Zuge Theil genommen hatte, ſich in Darmſtadt aufhielt und viel mit dem Briefſteller correſpondirte. L. B.
22 *
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0535"n="339"/>
wegs. Gegen Mittag war ich in Offenbach. Den kleinen<lb/>
Umweg machte ich, weil es von dieſer Seite leichter iſt,<lb/>
in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden. Die<lb/>
Zeit erlaubte mir nicht, mich mit den nöthigen Papieren zu<lb/>
verſehen. .....</p></div><lb/><divn="3"><head><hirendition="#c">19.</hi></head><lb/><dateline><hirendition="#g">Gießen</hi>, den 5. Auguſt 1834.</dateline><lb/><p>.... Ich meine, ich hätte Euch erzählt, daß <hirendition="#g">Minni</hi>-<lb/><hirendition="#g">gerode</hi><noteplace="foot"n="*">Vrgl. d. Anm. zum "Landboten" S. 283.</note> eine halbe Stunde vor meiner Abreiſe arretirt<lb/>
wurde, man hat ihn nach Friedberg abgeführt. Ich begreife<lb/>
den Grund ſeiner Verhaftung nicht. Unſerem ſcharfſinnigen<lb/>
Univerſitätsrichter fiel es ein, in meiner Reiſe, wie es ſcheint,<lb/>
einen Zuſammenhang mit der Verhaftung Minnigerode's zu<lb/>
finden. Als ich hier ankam, fand ich meinen Schrank <hirendition="#g">ver</hi>-<lb/><hirendition="#g">ſiegelt</hi>, und man ſagte mir, meine Papiere ſeien durch-<lb/>ſucht worden. Auf mein Verlangen wurden die Siegel ſo-<lb/>
gleich abgenommen, auch gab man mir meine Papiere (nichts<lb/>
als Briefe von Euch und meinen Freunden) zurück, nur<lb/>
einige franzöſiſche Briefe von W ..., <hirendition="#g">Muſton</hi>, <noteplace="foot"n="**"><hirendition="#g">Muſton</hi>, ein franzöſiſcher Flüchtling, der am Savoyer-<lb/>
Zuge Theil genommen hatte, ſich in Darmſtadt aufhielt und viel<lb/>
mit dem Briefſteller correſpondirte. <hirendition="#et">L. B.</hi></note> L ...<lb/>
und B ... wurden zurückbehalten, wahrſcheinlich weil die<lb/>
Leute ſich erſt einen Sprachlehrer müſſen kommen laſſen, um<lb/>ſie zu leſen. Ich bin empört über ein ſolches Benehmen,<lb/>
es wird mir übel, wenn ich meine heiligſten Geheimniſſe in<lb/>
den Händen dieſer ſchmutzigen Menſchen denke. Und das<lb/><fwplace="bottom"type="sig">22 *</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[339/0535]
wegs. Gegen Mittag war ich in Offenbach. Den kleinen
Umweg machte ich, weil es von dieſer Seite leichter iſt,
in die Stadt zu kommen, ohne angehalten zu werden. Die
Zeit erlaubte mir nicht, mich mit den nöthigen Papieren zu
verſehen. .....
19.
Gießen, den 5. Auguſt 1834.
.... Ich meine, ich hätte Euch erzählt, daß Minni-
gerode * eine halbe Stunde vor meiner Abreiſe arretirt
wurde, man hat ihn nach Friedberg abgeführt. Ich begreife
den Grund ſeiner Verhaftung nicht. Unſerem ſcharfſinnigen
Univerſitätsrichter fiel es ein, in meiner Reiſe, wie es ſcheint,
einen Zuſammenhang mit der Verhaftung Minnigerode's zu
finden. Als ich hier ankam, fand ich meinen Schrank ver-
ſiegelt, und man ſagte mir, meine Papiere ſeien durch-
ſucht worden. Auf mein Verlangen wurden die Siegel ſo-
gleich abgenommen, auch gab man mir meine Papiere (nichts
als Briefe von Euch und meinen Freunden) zurück, nur
einige franzöſiſche Briefe von W ..., Muſton, ** L ...
und B ... wurden zurückbehalten, wahrſcheinlich weil die
Leute ſich erſt einen Sprachlehrer müſſen kommen laſſen, um
ſie zu leſen. Ich bin empört über ein ſolches Benehmen,
es wird mir übel, wenn ich meine heiligſten Geheimniſſe in
den Händen dieſer ſchmutzigen Menſchen denke. Und das
* Vrgl. d. Anm. zum "Landboten" S. 283.
** Muſton, ein franzöſiſcher Flüchtling, der am Savoyer-
Zuge Theil genommen hatte, ſich in Darmſtadt aufhielt und viel
mit dem Briefſteller correſpondirte. L. B.
22 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/535>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.