de l'impression a un coeur de femme? Aujourd'hui on a le systeme nerveux un peu robuste. Adieu.
5.
Gießen 1834.
... Ich wäre untröstlich, mein armes Kind, wüßte ich nicht, was dich heilte. Ich schreibe jetzt täglich, schon gestern hatte ich einen Brief angefangen. Fast hätte ich Lust, statt nach Darmstadt, gleich nach Straßburg zu gehen. Nimmt dein Unwohlsein eine ernste Wendung, -- ich bin dann im Augenblick da. Doch was sollen dergleichen Gedanken? Sie sind mir Unbegreiflichkeiten. -- Mein Gesicht ist wie ein Osterei, über das die Freude rothe Flecken laufen läßt. Doch ich schreibe abscheulich, es greift deine Augen an, es vermehrt das Fieber. Aber nein, ich glaube nichts, es sind nur die Nachwehen des alten nagenden Schmerzes die linde Früh- lingsluft küßt alte Leute und hektische todt; dein Schmerz ist alt und abgezehrt, er stirbt, das ist Alles, und du meinst, dein Leben ginge mit. Siehst du denn nicht den neuen lichten Tag? Hörst du meine Tritte nicht, die sich wieder rückwärts zu dir wenden? Sieh, ich schicke dir Küsse, Schneeglöckchen, Schlüsselblumen, Veilchen, der Erde erste schüchterne Blicke ins flammende Auge des Sonnenjünglings. Den halben Tag sitze ich eingeschlossen mit deinem Bild und spreche mit dir. Gestern Morgen versprach ich dir Blumen; da sind sie. Was gibst du mir dafür? Wie gefällt dir mein Bedlam? Will ich etwas Ernstes thun, so komme ich mir vor, wie Larifari in der Komödie: will er das Schwerdt ziehen, so ist's ein Hasenschwanz. .....
Ich wollte, ich hätte geschwiegen. Es überfällt mich
de l'impression à un coeur de femme? Aujourd'hui on a le système nerveux un peu robuste. Adieu.
5.
Gießen 1834.
... Ich wäre untröſtlich, mein armes Kind, wüßte ich nicht, was dich heilte. Ich ſchreibe jetzt täglich, ſchon geſtern hatte ich einen Brief angefangen. Faſt hätte ich Luſt, ſtatt nach Darmſtadt, gleich nach Straßburg zu gehen. Nimmt dein Unwohlſein eine ernſte Wendung, — ich bin dann im Augenblick da. Doch was ſollen dergleichen Gedanken? Sie ſind mir Unbegreiflichkeiten. — Mein Geſicht iſt wie ein Oſterei, über das die Freude rothe Flecken laufen läßt. Doch ich ſchreibe abſcheulich, es greift deine Augen an, es vermehrt das Fieber. Aber nein, ich glaube nichts, es ſind nur die Nachwehen des alten nagenden Schmerzes die linde Früh- lingsluft küßt alte Leute und hektiſche todt; dein Schmerz iſt alt und abgezehrt, er ſtirbt, das iſt Alles, und du meinſt, dein Leben ginge mit. Siehſt du denn nicht den neuen lichten Tag? Hörſt du meine Tritte nicht, die ſich wieder rückwärts zu dir wenden? Sieh, ich ſchicke dir Küſſe, Schneeglöckchen, Schlüſſelblumen, Veilchen, der Erde erſte ſchüchterne Blicke ins flammende Auge des Sonnenjünglings. Den halben Tag ſitze ich eingeſchloſſen mit deinem Bild und ſpreche mit dir. Geſtern Morgen verſprach ich dir Blumen; da ſind ſie. Was gibſt du mir dafür? Wie gefällt dir mein Bedlam? Will ich etwas Ernſtes thun, ſo komme ich mir vor, wie Larifari in der Komödie: will er das Schwerdt ziehen, ſo iſt's ein Haſenſchwanz. .....
Ich wollte, ich hätte geſchwiegen. Es überfällt mich
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de l'impression à un coeur de femme? Aujourd'hui on a le
système nerveux un peu robuste. Adieu.
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Gießen 1834.
... Ich wäre untröſtlich, mein armes Kind, wüßte ich
nicht, was dich heilte. Ich ſchreibe jetzt täglich, ſchon geſtern
hatte ich einen Brief angefangen. Faſt hätte ich Luſt, ſtatt
nach Darmſtadt, gleich nach Straßburg zu gehen. Nimmt
dein Unwohlſein eine ernſte Wendung, — ich bin dann im
Augenblick da. Doch was ſollen dergleichen Gedanken? Sie
ſind mir Unbegreiflichkeiten. — Mein Geſicht iſt wie ein
Oſterei, über das die Freude rothe Flecken laufen läßt. Doch
ich ſchreibe abſcheulich, es greift deine Augen an, es vermehrt
das Fieber. Aber nein, ich glaube nichts, es ſind nur die
Nachwehen des alten nagenden Schmerzes die linde Früh-
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iſt alt und abgezehrt, er ſtirbt, das iſt Alles, und du meinſt,
dein Leben ginge mit. Siehſt du denn nicht den neuen
lichten Tag? Hörſt du meine Tritte nicht, die ſich wieder
rückwärts zu dir wenden? Sieh, ich ſchicke dir Küſſe,
Schneeglöckchen, Schlüſſelblumen, Veilchen, der Erde erſte
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Den halben Tag ſitze ich eingeſchloſſen mit deinem Bild
und ſpreche mit dir. Geſtern Morgen verſprach ich dir
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 376. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/572>, abgerufen am 22.11.2024.
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