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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879.

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sammenhängende Geschichte wie man ihn gestern schon vor
die Stadt gebracht habe, wie er zuvor eine Rede auf dem
Markte gehalten u. s. w. Ich sagte ihm, er sei ja hier in
seinem Bette und habe das alles geträumt, da erwiederte er,
ich wisse ja, daß Escher (einer seiner Schüler) sich für ihn
verbürgt habe und deßhalb sei er wieder zurückgebracht worden.
Es hatte sich nämlich die Idee bei ihm gebildet, er habe
Schulden, was aber in Wirklichkeit nicht der Fall war.
Solche Phantasien ließ er sich leicht ausreden, verfiel aber
alsdann in andere. Um 12 Uhr kam Schönlein, den Büchner
nicht erkannte und da ich um jeden Preis wissen wollte, wie
es um den Kranken stehe, blieb ich im Zimmer, ob es
schicklich war, oder nicht. Schönlein betrachtete den Kranken
und sagte zu mir: "Alles paßt zusammen, es ist das Faul-
fieber und die Gefahr ist sehr groß." Ich erschrack heftig,
und da meine Nerven sehr angegriffen waren, empfahl mir
der Arzt dringend, das Krankenzimmer zu meiden; auch war
männliche Pflege jetzt dringender. Ich konnte jetzt nichts
mehr für ihn thun, als beten. -- Es wurde ein braver
Wärter angenommen, doch war bei diesem immer noch einer
von Büchner's Freunden, besonders Wilhelm und Schmid.
Ich war sehr traurig und schrieb sogleich nach Straßburg.

16. Februar. Die Nacht war unruhig; der Kranke
wollte mehrere Male fort, weil er wähnte in Gefangenschaft
zu gerathen, oder schon darin zu sein glaubte und sich ihr
entziehen wollte. Den Nachmittag vibrirte der Puls nur
und das Herz schlug 160 Mal in der Minute, die Aerzte
gaben die Hoffnung auf. Mein sonst frommes Gemüth
fragte bitter die Vorsehung: "Warum?" Da trat Wilhelm
in's Zimmer, und da ich ihm meine verzweiflungsvollen Ge-

ſammenhängende Geſchichte wie man ihn geſtern ſchon vor
die Stadt gebracht habe, wie er zuvor eine Rede auf dem
Markte gehalten u. ſ. w. Ich ſagte ihm, er ſei ja hier in
ſeinem Bette und habe das alles geträumt, da erwiederte er,
ich wiſſe ja, daß Eſcher (einer ſeiner Schüler) ſich für ihn
verbürgt habe und deßhalb ſei er wieder zurückgebracht worden.
Es hatte ſich nämlich die Idee bei ihm gebildet, er habe
Schulden, was aber in Wirklichkeit nicht der Fall war.
Solche Phantaſien ließ er ſich leicht ausreden, verfiel aber
alsdann in andere. Um 12 Uhr kam Schönlein, den Büchner
nicht erkannte und da ich um jeden Preis wiſſen wollte, wie
es um den Kranken ſtehe, blieb ich im Zimmer, ob es
ſchicklich war, oder nicht. Schönlein betrachtete den Kranken
und ſagte zu mir: "Alles paßt zuſammen, es iſt das Faul-
fieber und die Gefahr iſt ſehr groß." Ich erſchrack heftig,
und da meine Nerven ſehr angegriffen waren, empfahl mir
der Arzt dringend, das Krankenzimmer zu meiden; auch war
männliche Pflege jetzt dringender. Ich konnte jetzt nichts
mehr für ihn thun, als beten. — Es wurde ein braver
Wärter angenommen, doch war bei dieſem immer noch einer
von Büchner's Freunden, beſonders Wilhelm und Schmid.
Ich war ſehr traurig und ſchrieb ſogleich nach Straßburg.

16. Februar. Die Nacht war unruhig; der Kranke
wollte mehrere Male fort, weil er wähnte in Gefangenſchaft
zu gerathen, oder ſchon darin zu ſein glaubte und ſich ihr
entziehen wollte. Den Nachmittag vibrirte der Puls nur
und das Herz ſchlug 160 Mal in der Minute, die Aerzte
gaben die Hoffnung auf. Mein ſonſt frommes Gemüth
fragte bitter die Vorſehung: "Warum?" Da trat Wilhelm
in's Zimmer, und da ich ihm meine verzweiflungsvollen Ge-

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[426/0622] ſammenhängende Geſchichte wie man ihn geſtern ſchon vor die Stadt gebracht habe, wie er zuvor eine Rede auf dem Markte gehalten u. ſ. w. Ich ſagte ihm, er ſei ja hier in ſeinem Bette und habe das alles geträumt, da erwiederte er, ich wiſſe ja, daß Eſcher (einer ſeiner Schüler) ſich für ihn verbürgt habe und deßhalb ſei er wieder zurückgebracht worden. Es hatte ſich nämlich die Idee bei ihm gebildet, er habe Schulden, was aber in Wirklichkeit nicht der Fall war. Solche Phantaſien ließ er ſich leicht ausreden, verfiel aber alsdann in andere. Um 12 Uhr kam Schönlein, den Büchner nicht erkannte und da ich um jeden Preis wiſſen wollte, wie es um den Kranken ſtehe, blieb ich im Zimmer, ob es ſchicklich war, oder nicht. Schönlein betrachtete den Kranken und ſagte zu mir: "Alles paßt zuſammen, es iſt das Faul- fieber und die Gefahr iſt ſehr groß." Ich erſchrack heftig, und da meine Nerven ſehr angegriffen waren, empfahl mir der Arzt dringend, das Krankenzimmer zu meiden; auch war männliche Pflege jetzt dringender. Ich konnte jetzt nichts mehr für ihn thun, als beten. — Es wurde ein braver Wärter angenommen, doch war bei dieſem immer noch einer von Büchner's Freunden, beſonders Wilhelm und Schmid. Ich war ſehr traurig und ſchrieb ſogleich nach Straßburg. 16. Februar. Die Nacht war unruhig; der Kranke wollte mehrere Male fort, weil er wähnte in Gefangenſchaft zu gerathen, oder ſchon darin zu ſein glaubte und ſich ihr entziehen wollte. Den Nachmittag vibrirte der Puls nur und das Herz ſchlug 160 Mal in der Minute, die Aerzte gaben die Hoffnung auf. Mein ſonſt frommes Gemüth fragte bitter die Vorſehung: "Warum?" Da trat Wilhelm in's Zimmer, und da ich ihm meine verzweiflungsvollen Ge-

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Zitationshilfe: Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. 426. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/622>, abgerufen am 24.11.2024.