Georg Büchner hatte bei seinem jähen Tode im Jahre 1837 auf dem Friedhof am Zeltweg in Zürich ein stilles Grab gefunden; ein einfaches Denkmal aus Sandstein be- zeichnete seine Ruhestätte. Seit einer Reihe von Jahren war der Friedhof nicht mehr im Gebrauch und gewöhnlich auch für Besucher nicht zugänglich; Gras wuchs über den Gräbern. Das Andenken Büchner's aber lebte nicht nur in der deutschen Literaturgeschichte fort; es war auch in Zürich, wo er zwar nur kurze Zeit, aber in sehr anregender Weise als akademischer Lehrer gewirkt hatte, lebendig geblieben und wurde besonders in den Kreisen der dort lebenden Deutschen gepflegt. Als nun bekannt wurde, daß der Friedhof am Zeltweg demnächst aufgehoben und zu Bauplätzen verwendet werden solle, erwachte bei den Züricher Freunden Büchner's der Wunsch, für seine Gebeine eine neue Ruhestätte zu ge- winnen, wo sich das Andenken ihres genialen Landsmannes in würdiger und ungefährdeter Weise verewigen lasse.
Adolf Calmberg, Lehrer der deutschen Sprache und Literatur am Lehrerseminar zu Küsnacht bei Zürich, als dramatischer Dichter in weiteren Kreisen bekannt, übernahm es, nachdem er sich der Zustimmung von Büchner's Familie
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VIII. Das Büchner-Denkmal.
Georg Büchner hatte bei ſeinem jähen Tode im Jahre 1837 auf dem Friedhof am Zeltweg in Zürich ein ſtilles Grab gefunden; ein einfaches Denkmal aus Sandſtein be- zeichnete ſeine Ruheſtätte. Seit einer Reihe von Jahren war der Friedhof nicht mehr im Gebrauch und gewöhnlich auch für Beſucher nicht zugänglich; Gras wuchs über den Gräbern. Das Andenken Büchner's aber lebte nicht nur in der deutſchen Literaturgeſchichte fort; es war auch in Zürich, wo er zwar nur kurze Zeit, aber in ſehr anregender Weiſe als akademiſcher Lehrer gewirkt hatte, lebendig geblieben und wurde beſonders in den Kreiſen der dort lebenden Deutſchen gepflegt. Als nun bekannt wurde, daß der Friedhof am Zeltweg demnächſt aufgehoben und zu Bauplätzen verwendet werden ſolle, erwachte bei den Züricher Freunden Büchner's der Wunſch, für ſeine Gebeine eine neue Ruheſtätte zu ge- winnen, wo ſich das Andenken ihres genialen Landsmannes in würdiger und ungefährdeter Weiſe verewigen laſſe.
Adolf Calmberg, Lehrer der deutſchen Sprache und Literatur am Lehrerſeminar zu Küsnacht bei Zürich, als dramatiſcher Dichter in weiteren Kreiſen bekannt, übernahm es, nachdem er ſich der Zuſtimmung von Büchner's Familie
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VIII. Das Büchner-Denkmal.
Georg Büchner hatte bei ſeinem jähen Tode im Jahre
1837 auf dem Friedhof am Zeltweg in Zürich ein ſtilles
Grab gefunden; ein einfaches Denkmal aus Sandſtein be-
zeichnete ſeine Ruheſtätte. Seit einer Reihe von Jahren
war der Friedhof nicht mehr im Gebrauch und gewöhnlich
auch für Beſucher nicht zugänglich; Gras wuchs über den
Gräbern. Das Andenken Büchner's aber lebte nicht nur
in der deutſchen Literaturgeſchichte fort; es war auch in Zürich,
wo er zwar nur kurze Zeit, aber in ſehr anregender Weiſe
als akademiſcher Lehrer gewirkt hatte, lebendig geblieben und
wurde beſonders in den Kreiſen der dort lebenden Deutſchen
gepflegt. Als nun bekannt wurde, daß der Friedhof am
Zeltweg demnächſt aufgehoben und zu Bauplätzen verwendet
werden ſolle, erwachte bei den Züricher Freunden Büchner's
der Wunſch, für ſeine Gebeine eine neue Ruheſtätte zu ge-
winnen, wo ſich das Andenken ihres genialen Landsmannes
in würdiger und ungefährdeter Weiſe verewigen laſſe.
Adolf Calmberg, Lehrer der deutſchen Sprache und
Literatur am Lehrerſeminar zu Küsnacht bei Zürich, als
dramatiſcher Dichter in weiteren Kreiſen bekannt, übernahm
es, nachdem er ſich der Zuſtimmung von Büchner's Familie
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Büchner, Georg: Sämmtliche Werke und handschriftlicher Nachlaß. Frankfurt (Main), 1879, S. [451]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buechner_werke_1879/647>, abgerufen am 24.11.2024.
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