Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
Selinde schenkt mir Nektar ein.
Erst aber mus sie selber nippen.
Hierauf kredenzet sie den Wein,
Mit ihren süssen Purpurlippen.
Der Pfirsich, dessen zarten Flaum
Ihr reiner Perlenzahn verwundet,
Wie lüstern macht er Zung' und Gaum!
Wie süs mir dieser Pfirsich mundet!
Nach Tische läst auf ihrer Brust
Mein hingesunknes Haupt sich wiegen.
Von Wein berauschet und von Lust,
Wil schier die Sprache mir versiegen.
Ein volles Herz giebt wenig Klang;
Das leere klingt aus allen Tönen.
Sie fühlet dennoch seinen Drang;
Und ach! versteht sein stummes Sehnen.

Jezt
Selinde ſchenkt mir Nektar ein.
Erſt aber mus ſie ſelber nippen.
Hierauf kredenzet ſie den Wein,
Mit ihren ſuͤſſen Purpurlippen.
Der Pfirſich, deſſen zarten Flaum
Ihr reiner Perlenzahn verwundet,
Wie luͤſtern macht er Zung’ und Gaum!
Wie ſuͤs mir dieſer Pfirſich mundet!
Nach Tiſche laͤſt auf ihrer Bruſt
Mein hingeſunknes Haupt ſich wiegen.
Von Wein berauſchet und von Luſt,
Wil ſchier die Sprache mir verſiegen.
Ein volles Herz giebt wenig Klang;
Das leere klingt aus allen Toͤnen.
Sie fuͤhlet dennoch ſeinen Drang;
Und ach! verſteht ſein ſtummes Sehnen.

Jezt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <l>
              <pb facs="#f0187" n="118"/>
            </l>
            <lg n="13">
              <l>Selinde &#x017F;chenkt mir Nektar ein.</l><lb/>
              <l>Er&#x017F;t aber mus &#x017F;ie &#x017F;elber nippen.</l><lb/>
              <l>Hierauf kredenzet &#x017F;ie den Wein,</l><lb/>
              <l>Mit ihren &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;en Purpurlippen.</l><lb/>
              <l>Der Pfir&#x017F;ich, de&#x017F;&#x017F;en zarten Flaum</l><lb/>
              <l>Ihr reiner Perlenzahn verwundet,</l><lb/>
              <l>Wie lu&#x0364;&#x017F;tern macht er Zung&#x2019; und Gaum!</l><lb/>
              <l>Wie &#x017F;u&#x0364;s mir die&#x017F;er Pfir&#x017F;ich mundet!</l>
            </lg><lb/>
            <lg n="14">
              <l>Nach Ti&#x017F;che la&#x0364;&#x017F;t auf ihrer Bru&#x017F;t</l><lb/>
              <l>Mein hinge&#x017F;unknes Haupt &#x017F;ich wiegen.</l><lb/>
              <l>Von Wein berau&#x017F;chet und von Lu&#x017F;t,</l><lb/>
              <l>Wil &#x017F;chier die Sprache mir ver&#x017F;iegen.</l><lb/>
              <l>Ein volles Herz giebt wenig Klang;</l><lb/>
              <l>Das leere klingt aus allen To&#x0364;nen.</l><lb/>
              <l>Sie fu&#x0364;hlet dennoch &#x017F;einen Drang;</l><lb/>
              <l>Und ach! ver&#x017F;teht &#x017F;ein &#x017F;tummes Sehnen.</l>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Jezt</fw><lb/>
            <l>
</l>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[118/0187] Selinde ſchenkt mir Nektar ein. Erſt aber mus ſie ſelber nippen. Hierauf kredenzet ſie den Wein, Mit ihren ſuͤſſen Purpurlippen. Der Pfirſich, deſſen zarten Flaum Ihr reiner Perlenzahn verwundet, Wie luͤſtern macht er Zung’ und Gaum! Wie ſuͤs mir dieſer Pfirſich mundet! Nach Tiſche laͤſt auf ihrer Bruſt Mein hingeſunknes Haupt ſich wiegen. Von Wein berauſchet und von Luſt, Wil ſchier die Sprache mir verſiegen. Ein volles Herz giebt wenig Klang; Das leere klingt aus allen Toͤnen. Sie fuͤhlet dennoch ſeinen Drang; Und ach! verſteht ſein ſtummes Sehnen. Jezt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/187
Zitationshilfe: Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. 118. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/187>, abgerufen am 21.11.2024.