fen möchte, mein selbstzufriednes Ich hier vor mir her zu lächeln, oder zu schnau- ben. Denn, wenn auch der Beifal, der mir widerfährt, wolverdient und von unver- gänglicher Dauer wäre, so weis und fühlt es doch gewis und warhaftig keiner meiner Brüder lebhafter, als ich, daß es noch an- dre Verdienste zu Tausenden in der Welt ge- be, denen das Verdienst gute Verse zu ma- chen, die Schuhriemen auflösen mus: wie- wol es nun freilich unleügbar, der Lauf irdischer Dinge mit sich bringt, daß das Eh- rensiegel auf der Stirn des Dichters heller und dauerhafter ausgedrukt ist, als auf den meisten andern. Ich selbst habe daher nie, weder mit Mund noch Herzen, das Aufhe- ben davon gemacht, welches meine gütigen Freunde davon zu machen beliebt haben. Das werden mir alle diejenigen bezeugen, die je mit mir umgegangen sind, und ein scherzen- des Eigenlob, womit ich wol bisweilen zu spielen pflege, von dem ernstlichen zu unter-
scheiden
fen moͤchte, mein ſelbſtzufriednes Ich hier vor mir her zu laͤcheln, oder zu ſchnau- ben. Denn, wenn auch der Beifal, der mir widerfaͤhrt, wolverdient und von unver- gaͤnglicher Dauer waͤre, ſo weis und fuͤhlt es doch gewis und warhaftig keiner meiner Bruͤder lebhafter, als ich, daß es noch an- dre Verdienſte zu Tauſenden in der Welt ge- be, denen das Verdienſt gute Verſe zu ma- chen, die Schuhriemen aufloͤſen mus: wie- wol es nun freilich unleuͤgbar, der Lauf irdiſcher Dinge mit ſich bringt, daß das Eh- renſiegel auf der Stirn des Dichters heller und dauerhafter ausgedrukt iſt, als auf den meiſten andern. Ich ſelbſt habe daher nie, weder mit Mund noch Herzen, das Aufhe- ben davon gemacht, welches meine guͤtigen Freunde davon zu machen beliebt haben. Das werden mir alle diejenigen bezeugen, die je mit mir umgegangen ſind, und ein ſcherzen- des Eigenlob, womit ich wol bisweilen zu ſpielen pflege, von dem ernſtlichen zu unter-
ſcheiden
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0041"n="II"/>
fen moͤchte, mein ſelbſtzufriednes Ich hier<lb/>
vor mir her zu laͤcheln, oder zu ſchnau-<lb/>
ben. Denn, wenn auch der Beifal, der mir<lb/>
widerfaͤhrt, wolverdient und von unver-<lb/>
gaͤnglicher Dauer waͤre, ſo weis und fuͤhlt<lb/>
es doch gewis und warhaftig keiner meiner<lb/>
Bruͤder lebhafter, als ich, daß es noch an-<lb/>
dre Verdienſte zu Tauſenden in der Welt ge-<lb/>
be, denen das Verdienſt gute Verſe zu ma-<lb/>
chen, die Schuhriemen aufloͤſen mus: wie-<lb/>
wol es nun freilich unleuͤgbar, der Lauf<lb/>
irdiſcher Dinge mit ſich bringt, daß das Eh-<lb/>
renſiegel auf der Stirn des Dichters heller<lb/>
und dauerhafter ausgedrukt iſt, als auf den<lb/>
meiſten andern. Ich ſelbſt habe daher nie,<lb/>
weder mit Mund noch Herzen, das Aufhe-<lb/>
ben davon gemacht, welches meine guͤtigen<lb/>
Freunde davon zu machen beliebt haben. Das<lb/>
werden mir alle diejenigen bezeugen, die je<lb/>
mit mir umgegangen ſind, und ein ſcherzen-<lb/>
des Eigenlob, womit ich wol bisweilen zu<lb/>ſpielen pflege, von dem ernſtlichen zu unter-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſcheiden</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[II/0041]
fen moͤchte, mein ſelbſtzufriednes Ich hier
vor mir her zu laͤcheln, oder zu ſchnau-
ben. Denn, wenn auch der Beifal, der mir
widerfaͤhrt, wolverdient und von unver-
gaͤnglicher Dauer waͤre, ſo weis und fuͤhlt
es doch gewis und warhaftig keiner meiner
Bruͤder lebhafter, als ich, daß es noch an-
dre Verdienſte zu Tauſenden in der Welt ge-
be, denen das Verdienſt gute Verſe zu ma-
chen, die Schuhriemen aufloͤſen mus: wie-
wol es nun freilich unleuͤgbar, der Lauf
irdiſcher Dinge mit ſich bringt, daß das Eh-
renſiegel auf der Stirn des Dichters heller
und dauerhafter ausgedrukt iſt, als auf den
meiſten andern. Ich ſelbſt habe daher nie,
weder mit Mund noch Herzen, das Aufhe-
ben davon gemacht, welches meine guͤtigen
Freunde davon zu machen beliebt haben. Das
werden mir alle diejenigen bezeugen, die je
mit mir umgegangen ſind, und ein ſcherzen-
des Eigenlob, womit ich wol bisweilen zu
ſpielen pflege, von dem ernſtlichen zu unter-
ſcheiden
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. II. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/41>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.