Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite

mich vor den Krankenstuben, wer heist die
Kranken zu mir kommen und von meinen
Speisen naschen? Was ist wol, ich wil
nicht sagen, gleichgültiges, sondern selbst
ausgemacht gutes und vortrefliches in der
Welt, worüber sich schlechterdings keine
schwache Seele ärgerte? Der Gläubige är-
gert sich über den Ungläubigen; und der Un-
gläubige über den Gläubigen. Selbst über
dich -- wer steht dafür, daß nicht selbst
über dich, o Johan Ahrends wahres Chri-
stenthum, Tausende sich schon geärgert haben,
Tausende noch ärgern werden? --

Um derjenigen willen, die von der Ori-
ginalitär eines darstellenden Werks und dem
Verdienste seines Verfassers, Gott weis!
was für seltsame Begriffe haben, mus ich
offenherzig gestehen, daß ich den Inhalt zu
einigen Gedichten aus fremden Sprachen
entlehnt habe. Man bilde sich aber nicht
ein, als ob ich in solchen Fällen das Origi-

nal
c 5

mich vor den Krankenſtuben, wer heiſt die
Kranken zu mir kommen und von meinen
Speiſen naſchen? Was iſt wol, ich wil
nicht ſagen, gleichguͤltiges, ſondern ſelbſt
ausgemacht gutes und vortrefliches in der
Welt, woruͤber ſich ſchlechterdings keine
ſchwache Seele aͤrgerte? Der Glaͤubige aͤr-
gert ſich uͤber den Unglaͤubigen; und der Un-
glaͤubige uͤber den Glaͤubigen. Selbſt uͤber
dich — wer ſteht dafuͤr, daß nicht ſelbſt
uͤber dich, o Johan Ahrends wahres Chri-
ſtenthum, Tauſende ſich ſchon geaͤrgert haben,
Tauſende noch aͤrgern werden? —

Um derjenigen willen, die von der Ori-
ginalitaͤr eines darſtellenden Werks und dem
Verdienſte ſeines Verfaſſers, Gott weis!
was fuͤr ſeltſame Begriffe haben, mus ich
offenherzig geſtehen, daß ich den Inhalt zu
einigen Gedichten aus fremden Sprachen
entlehnt habe. Man bilde ſich aber nicht
ein, als ob ich in ſolchen Faͤllen das Origi-

nal
c 5
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0050" n="XI"/>
mich vor den Kranken&#x017F;tuben, wer hei&#x017F;t die<lb/>
Kranken zu mir kommen und von meinen<lb/>
Spei&#x017F;en na&#x017F;chen? Was i&#x017F;t wol, ich wil<lb/>
nicht &#x017F;agen, gleichgu&#x0364;ltiges, &#x017F;ondern &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ausgemacht gutes und vortrefliches in der<lb/>
Welt, woru&#x0364;ber &#x017F;ich &#x017F;chlechterdings keine<lb/>
&#x017F;chwache Seele a&#x0364;rgerte? Der Gla&#x0364;ubige a&#x0364;r-<lb/>
gert &#x017F;ich u&#x0364;ber den Ungla&#x0364;ubigen; und der Un-<lb/>
gla&#x0364;ubige u&#x0364;ber den Gla&#x0364;ubigen. Selb&#x017F;t u&#x0364;ber<lb/>
dich &#x2014; wer &#x017F;teht dafu&#x0364;r, daß nicht &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
u&#x0364;ber dich, o Johan Ahrends wahres Chri-<lb/>
&#x017F;tenthum, Tau&#x017F;ende &#x017F;ich &#x017F;chon gea&#x0364;rgert haben,<lb/>
Tau&#x017F;ende noch a&#x0364;rgern werden? &#x2014;</p><lb/>
        <p>Um derjenigen willen, die von der Ori-<lb/>
ginalita&#x0364;r eines dar&#x017F;tellenden Werks und dem<lb/>
Verdien&#x017F;te &#x017F;eines Verfa&#x017F;&#x017F;ers, Gott weis!<lb/>
was fu&#x0364;r &#x017F;elt&#x017F;ame Begriffe haben, mus ich<lb/>
offenherzig ge&#x017F;tehen, daß ich den Inhalt zu<lb/>
einigen Gedichten aus fremden Sprachen<lb/>
entlehnt habe. Man bilde &#x017F;ich aber nicht<lb/>
ein, als ob ich in &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen das Origi-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">c 5</fw><fw place="bottom" type="catch">nal</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[XI/0050] mich vor den Krankenſtuben, wer heiſt die Kranken zu mir kommen und von meinen Speiſen naſchen? Was iſt wol, ich wil nicht ſagen, gleichguͤltiges, ſondern ſelbſt ausgemacht gutes und vortrefliches in der Welt, woruͤber ſich ſchlechterdings keine ſchwache Seele aͤrgerte? Der Glaͤubige aͤr- gert ſich uͤber den Unglaͤubigen; und der Un- glaͤubige uͤber den Glaͤubigen. Selbſt uͤber dich — wer ſteht dafuͤr, daß nicht ſelbſt uͤber dich, o Johan Ahrends wahres Chri- ſtenthum, Tauſende ſich ſchon geaͤrgert haben, Tauſende noch aͤrgern werden? — Um derjenigen willen, die von der Ori- ginalitaͤr eines darſtellenden Werks und dem Verdienſte ſeines Verfaſſers, Gott weis! was fuͤr ſeltſame Begriffe haben, mus ich offenherzig geſtehen, daß ich den Inhalt zu einigen Gedichten aus fremden Sprachen entlehnt habe. Man bilde ſich aber nicht ein, als ob ich in ſolchen Faͤllen das Origi- nal c 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/50
Zitationshilfe: Bürger, Gottfried August: Gedichte. Göttingen, 1778, S. XI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buerger_gedichte_1778/50>, abgerufen am 04.05.2024.