Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
5. Buch. Von der Handlungs-Politik.
Drittes Capitel.
Von der Handlungspolitik in Ansehung
des Coloniehandels.
§. 1.

Colonien, zu Deutsch Pflanzörter, sind in
allgemeiner Bedeutung Länder, die ein Volk mit
einem Teile seiner Mitbürger absichtlich besezt. Ab-
sichtlich, sage ich, und mit einem Teile seiner Mit-
bürger, weil sonst alle Länder, welche in den Zeiten
der Völkerwanderung neue Einwohner bekamen, als
Colonien ihrer Eroberer angesehen werden müßten.

Diese Absichten waren bei den Alten hauptsäch-
lich folgende: 1) ein Volk ward zu zahlreich für sei-
nen Boden, und entledigte sich des Ueberflusses sei-
ner Menschenzahl durch Versezung desselben in ein
anderes, entweder nicht bewohntes, oder, wenn es
bewohnt war, leicht zu überwältigendes Land. Durch
solche Versezungen sind freilich in den ältesten Zeiten
vom Orient her die meisten westlichen Völkerschaf-
ten entstanden, und waren in diesem Verstande Co-
lonien östlicher Völker. Aber auch in spätern Zeiten
besezten insonderheit die Griechen ost- und westwärts

5. Buch. Von der Handlungs-Politik.
Drittes Capitel.
Von der Handlungspolitik in Anſehung
des Coloniehandels.
§. 1.

Colonien, zu Deutſch Pflanzoͤrter, ſind in
allgemeiner Bedeutung Laͤnder, die ein Volk mit
einem Teile ſeiner Mitbuͤrger abſichtlich beſezt. Ab-
ſichtlich, ſage ich, und mit einem Teile ſeiner Mit-
buͤrger, weil ſonſt alle Laͤnder, welche in den Zeiten
der Voͤlkerwanderung neue Einwohner bekamen, als
Colonien ihrer Eroberer angeſehen werden muͤßten.

Dieſe Abſichten waren bei den Alten hauptſaͤch-
lich folgende: 1) ein Volk ward zu zahlreich fuͤr ſei-
nen Boden, und entledigte ſich des Ueberfluſſes ſei-
ner Menſchenzahl durch Verſezung deſſelben in ein
anderes, entweder nicht bewohntes, oder, wenn es
bewohnt war, leicht zu uͤberwaͤltigendes Land. Durch
ſolche Verſezungen ſind freilich in den aͤlteſten Zeiten
vom Orient her die meiſten weſtlichen Voͤlkerſchaf-
ten entſtanden, und waren in dieſem Verſtande Co-
lonien oͤſtlicher Voͤlker. Aber auch in ſpaͤtern Zeiten
beſezten inſonderheit die Griechen oſt- und weſtwaͤrts

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0202" n="194"/>
            <fw place="top" type="header">5. Buch. Von der Handlungs-Politik.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#g">Drittes Capitel</hi>.<lb/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><hi rendition="#g">Von der Handlungspolitik in An&#x017F;ehung<lb/>
des Coloniehandels</hi>.</head><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head>§. 1.</head><lb/>
                <p><hi rendition="#g"><hi rendition="#in">C</hi>olonien</hi>, zu Deut&#x017F;ch <hi rendition="#g">Pflanzo&#x0364;rter</hi>, &#x017F;ind in<lb/>
allgemeiner Bedeutung La&#x0364;nder, die ein Volk mit<lb/>
einem Teile &#x017F;einer Mitbu&#x0364;rger ab&#x017F;ichtlich be&#x017F;ezt. Ab-<lb/>
&#x017F;ichtlich, &#x017F;age ich, und mit einem Teile &#x017F;einer Mit-<lb/>
bu&#x0364;rger, weil &#x017F;on&#x017F;t alle La&#x0364;nder, welche in den Zeiten<lb/>
der Vo&#x0364;lkerwanderung neue Einwohner bekamen, als<lb/>
Colonien ihrer Eroberer ange&#x017F;ehen werden mu&#x0364;ßten.</p><lb/>
                <p>Die&#x017F;e Ab&#x017F;ichten waren bei den Alten haupt&#x017F;a&#x0364;ch-<lb/>
lich folgende: 1) ein Volk ward zu zahlreich fu&#x0364;r &#x017F;ei-<lb/>
nen Boden, und entledigte &#x017F;ich des Ueberflu&#x017F;&#x017F;es &#x017F;ei-<lb/>
ner Men&#x017F;chenzahl durch Ver&#x017F;ezung de&#x017F;&#x017F;elben in ein<lb/>
anderes, entweder nicht bewohntes, oder, wenn es<lb/>
bewohnt war, leicht zu u&#x0364;berwa&#x0364;ltigendes Land. Durch<lb/>
&#x017F;olche Ver&#x017F;ezungen &#x017F;ind freilich in den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten<lb/>
vom Orient her die mei&#x017F;ten we&#x017F;tlichen Vo&#x0364;lker&#x017F;chaf-<lb/>
ten ent&#x017F;tanden, und waren in die&#x017F;em Ver&#x017F;tande Co-<lb/>
lonien o&#x0364;&#x017F;tlicher Vo&#x0364;lker. Aber auch in &#x017F;pa&#x0364;tern Zeiten<lb/>
be&#x017F;ezten in&#x017F;onderheit die Griechen o&#x017F;t- und we&#x017F;twa&#x0364;rts<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[194/0202] 5. Buch. Von der Handlungs-Politik. Drittes Capitel. Von der Handlungspolitik in Anſehung des Coloniehandels. §. 1. Colonien, zu Deutſch Pflanzoͤrter, ſind in allgemeiner Bedeutung Laͤnder, die ein Volk mit einem Teile ſeiner Mitbuͤrger abſichtlich beſezt. Ab- ſichtlich, ſage ich, und mit einem Teile ſeiner Mit- buͤrger, weil ſonſt alle Laͤnder, welche in den Zeiten der Voͤlkerwanderung neue Einwohner bekamen, als Colonien ihrer Eroberer angeſehen werden muͤßten. Dieſe Abſichten waren bei den Alten hauptſaͤch- lich folgende: 1) ein Volk ward zu zahlreich fuͤr ſei- nen Boden, und entledigte ſich des Ueberfluſſes ſei- ner Menſchenzahl durch Verſezung deſſelben in ein anderes, entweder nicht bewohntes, oder, wenn es bewohnt war, leicht zu uͤberwaͤltigendes Land. Durch ſolche Verſezungen ſind freilich in den aͤlteſten Zeiten vom Orient her die meiſten weſtlichen Voͤlkerſchaf- ten entſtanden, und waren in dieſem Verſtande Co- lonien oͤſtlicher Voͤlker. Aber auch in ſpaͤtern Zeiten beſezten inſonderheit die Griechen oſt- und weſtwaͤrts

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/202
Zitationshilfe: Büsch, Johann Georg: Theoretisch-Praktische Darstellung der Handlung in deren mannigfaltigen Geschäften. Bd. 2. Hamburg, 1792, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buesch_handlung02_1792/202>, abgerufen am 24.11.2024.