Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Caracci und ihre Schule.
Art des Paolo Veronese, des Tizian gemalt sind, und von Coreggio ist
sie mit sammt vielen abgeleiteten Schulen dauernd abhängig, allein diess
Verhältniss erstreckt sich nur ausnahmsweise bis in die vollständige
Reminiscenz und sinkt nie bis zur seelenlosen Ausbeutung.

Die Stifter waren Lodovico Caracci (1555--1619) und seine
Neffen Annibale (1560--1609) und Agostino (1558--1601), der
letztere mehr durch seine Kupferstiche als durch Gemälde einflussreich.
Annibale ist es vorzüglich, durch welchen der neue Styl seine Herr-
schaft über Italien gewann.

Unter ihren Schülern ist der gewissenhafteste Domenichino
(eigentlich Domenico Zampieri, 1581--1641), der am Höchsten be-
gabte Guido Reni (1575--1642); ausserdem Francesco Albani
(1578--1660); der freche Giov. Lanfranco (1581--1647); Giac.
Cavedone
(1577--1660); Alessandro Tiarini (1577--1658); der
Landschaftmaler Giov. Franc. Grimaldi u. A.

Schüler des Albani: Gio. Battista Mola; Pierfrancesco
Mola; Carlo Cignani; Andrea Sacchi
, welcher nach der Mitte
des XVII. Jahrh. die letzte römische Schule gründete und u. a. den
Carlo Maratta (1625--1713) zum Schüler hatte.

Schüler des Guido Reni: Simone Cantarini gen. Simone da
Pesaro; Giov. Andrea Sirani und dessen Tochter Elisabetta
Sirani; Gessi; Canuti; Cagnacci
u. A.

Nur kurze Zeit war Guercino (Giov. Francesco Barbieri, geb.
1590 zu Cento, wo noch bedeutende Malereien von ihm sind, st. 1666)
in der Schule der Caracci gewesen; er verschmolz später ihre Prin-
cipien mit denjenigen der Naturalisten. -- Unter seinen Schülern sind
Mehrere des Namens Gennari, darunter Benedetto der bedeutend-a
ste. (Gal. von Modena.)

Bei einem andern Schüler der Caracci, Lionello Spada (1576
bis 1621), hat die naturalistische Art im engern Sinn die Oberhand
(Gal. von Parma und Modena); -- ähnlich bei Bartol. Schedoneb
oder Schidone von Modena (st. jung 1615), der sich Anfangs be-
sonders nach Coreggio gebildet hatte. (Gal. von Parma.)c

Ein mittelbarer Schüler der Caracci, vermuthlich durch Domeni-
chino, ist Sassoferrato (eigentlich Giov. Battista Salvi, 1605--1685),
ein Eklektiker in ganz anderm Sinne als alle Übrigen.

Die Caracci und ihre Schule.
Art des Paolo Veronese, des Tizian gemalt sind, und von Coreggio ist
sie mit sammt vielen abgeleiteten Schulen dauernd abhängig, allein diess
Verhältniss erstreckt sich nur ausnahmsweise bis in die vollständige
Reminiscenz und sinkt nie bis zur seelenlosen Ausbeutung.

Die Stifter waren Lodovico Caracci (1555—1619) und seine
Neffen Annibale (1560—1609) und Agostino (1558—1601), der
letztere mehr durch seine Kupferstiche als durch Gemälde einflussreich.
Annibale ist es vorzüglich, durch welchen der neue Styl seine Herr-
schaft über Italien gewann.

Unter ihren Schülern ist der gewissenhafteste Domenichino
(eigentlich Domenico Zampieri, 1581—1641), der am Höchsten be-
gabte Guido Reni (1575—1642); ausserdem Francesco Albani
(1578—1660); der freche Giov. Lanfranco (1581—1647); Giac.
Cavedone
(1577—1660); Alessandro Tiarini (1577—1658); der
Landschaftmaler Giov. Franc. Grimaldi u. A.

Schüler des Albani: Gio. Battista Mola; Pierfrancesco
Mola; Carlo Cignani; Andrea Sacchi
, welcher nach der Mitte
des XVII. Jahrh. die letzte römische Schule gründete und u. a. den
Carlo Maratta (1625—1713) zum Schüler hatte.

Schüler des Guido Reni: Simone Cantarini gen. Simone da
Pesaro; Giov. Andrea Sirani und dessen Tochter Elisabetta
Sirani; Gessi; Canuti; Cagnacci
u. A.

Nur kurze Zeit war Guercino (Giov. Francesco Barbieri, geb.
1590 zu Cento, wo noch bedeutende Malereien von ihm sind, st. 1666)
in der Schule der Caracci gewesen; er verschmolz später ihre Prin-
cipien mit denjenigen der Naturalisten. — Unter seinen Schülern sind
Mehrere des Namens Gennari, darunter Benedetto der bedeutend-a
ste. (Gal. von Modena.)

Bei einem andern Schüler der Caracci, Lionello Spada (1576
bis 1621), hat die naturalistische Art im engern Sinn die Oberhand
(Gal. von Parma und Modena); — ähnlich bei Bartol. Schedoneb
oder Schidone von Modena (st. jung 1615), der sich Anfangs be-
sonders nach Coreggio gebildet hatte. (Gal. von Parma.)c

Ein mittelbarer Schüler der Caracci, vermuthlich durch Domeni-
chino, ist Sassoferrato (eigentlich Giov. Battista Salvi, 1605—1685),
ein Eklektiker in ganz anderm Sinne als alle Übrigen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f1027" n="1005"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Caracci und ihre Schule.</hi></fw><lb/>
Art des Paolo Veronese, des Tizian gemalt sind, und von Coreggio ist<lb/>
sie mit sammt vielen abgeleiteten Schulen dauernd abhängig, allein diess<lb/>
Verhältniss erstreckt sich nur ausnahmsweise bis in die vollständige<lb/>
Reminiscenz und sinkt nie bis zur seelenlosen Ausbeutung.</p><lb/>
        <p>Die Stifter waren <hi rendition="#g">Lodovico Caracci</hi> (1555&#x2014;1619) und seine<lb/>
Neffen <hi rendition="#g">Annibale</hi> (1560&#x2014;1609) und <hi rendition="#g">Agostino</hi> (1558&#x2014;1601), der<lb/>
letztere mehr durch seine Kupferstiche als durch Gemälde einflussreich.<lb/>
Annibale ist es vorzüglich, durch welchen der neue Styl seine Herr-<lb/>
schaft über Italien gewann.</p><lb/>
        <p>Unter ihren Schülern ist der gewissenhafteste <hi rendition="#g">Domenichino</hi><lb/>
(eigentlich Domenico Zampieri, 1581&#x2014;1641), der am Höchsten be-<lb/>
gabte <hi rendition="#g">Guido Reni</hi> (1575&#x2014;1642); ausserdem <hi rendition="#g">Francesco Albani</hi><lb/>
(1578&#x2014;1660); der freche <hi rendition="#g">Giov. Lanfranco</hi> (1581&#x2014;1647); <hi rendition="#g">Giac.<lb/>
Cavedone</hi> (1577&#x2014;1660); <hi rendition="#g">Alessandro Tiarini</hi> (1577&#x2014;1658); der<lb/>
Landschaftmaler <hi rendition="#g">Giov. Franc. Grimaldi</hi> u. A.</p><lb/>
        <p>Schüler des Albani: <hi rendition="#g">Gio. Battista Mola; Pierfrancesco<lb/>
Mola; Carlo Cignani; Andrea Sacchi</hi>, welcher nach der Mitte<lb/>
des XVII. Jahrh. die letzte römische Schule gründete und u. a. den<lb/><hi rendition="#g">Carlo Maratta</hi> (1625&#x2014;1713) zum Schüler hatte.</p><lb/>
        <p>Schüler des Guido Reni: <hi rendition="#g">Simone Cantarini</hi> gen. Simone da<lb/>
Pesaro; <hi rendition="#g">Giov. Andrea Sirani</hi> und dessen Tochter <hi rendition="#g">Elisabetta<lb/>
Sirani; Gessi; Canuti; Cagnacci</hi> u. A.</p><lb/>
        <p>Nur kurze Zeit war <hi rendition="#g">Guercino</hi> (Giov. Francesco Barbieri, geb.<lb/>
1590 zu Cento, wo noch bedeutende Malereien von ihm sind, st. 1666)<lb/>
in der Schule der Caracci gewesen; er verschmolz später ihre Prin-<lb/>
cipien mit denjenigen der Naturalisten. &#x2014; Unter seinen Schülern sind<lb/>
Mehrere des Namens <hi rendition="#g">Gennari</hi>, darunter <hi rendition="#g">Benedetto</hi> der bedeutend-<note place="right">a</note><lb/>
ste. (Gal. von Modena.)</p><lb/>
        <p>Bei einem andern Schüler der Caracci, <hi rendition="#g">Lionello Spada</hi> (1576<lb/>
bis 1621), hat die naturalistische Art im engern Sinn die Oberhand<lb/>
(Gal. von Parma und Modena); &#x2014; ähnlich bei <hi rendition="#g">Bartol. Schedone</hi><note place="right">b</note><lb/>
oder <hi rendition="#g">Schidone</hi> von Modena (st. jung 1615), der sich Anfangs be-<lb/>
sonders nach Coreggio gebildet hatte. (Gal. von Parma.)<note place="right">c</note></p><lb/>
        <p>Ein mittelbarer Schüler der Caracci, vermuthlich durch Domeni-<lb/>
chino, ist <hi rendition="#g">Sassoferrato</hi> (eigentlich Giov. Battista Salvi, 1605&#x2014;1685),<lb/>
ein Eklektiker in ganz anderm Sinne als alle Übrigen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1005/1027] Die Caracci und ihre Schule. Art des Paolo Veronese, des Tizian gemalt sind, und von Coreggio ist sie mit sammt vielen abgeleiteten Schulen dauernd abhängig, allein diess Verhältniss erstreckt sich nur ausnahmsweise bis in die vollständige Reminiscenz und sinkt nie bis zur seelenlosen Ausbeutung. Die Stifter waren Lodovico Caracci (1555—1619) und seine Neffen Annibale (1560—1609) und Agostino (1558—1601), der letztere mehr durch seine Kupferstiche als durch Gemälde einflussreich. Annibale ist es vorzüglich, durch welchen der neue Styl seine Herr- schaft über Italien gewann. Unter ihren Schülern ist der gewissenhafteste Domenichino (eigentlich Domenico Zampieri, 1581—1641), der am Höchsten be- gabte Guido Reni (1575—1642); ausserdem Francesco Albani (1578—1660); der freche Giov. Lanfranco (1581—1647); Giac. Cavedone (1577—1660); Alessandro Tiarini (1577—1658); der Landschaftmaler Giov. Franc. Grimaldi u. A. Schüler des Albani: Gio. Battista Mola; Pierfrancesco Mola; Carlo Cignani; Andrea Sacchi, welcher nach der Mitte des XVII. Jahrh. die letzte römische Schule gründete und u. a. den Carlo Maratta (1625—1713) zum Schüler hatte. Schüler des Guido Reni: Simone Cantarini gen. Simone da Pesaro; Giov. Andrea Sirani und dessen Tochter Elisabetta Sirani; Gessi; Canuti; Cagnacci u. A. Nur kurze Zeit war Guercino (Giov. Francesco Barbieri, geb. 1590 zu Cento, wo noch bedeutende Malereien von ihm sind, st. 1666) in der Schule der Caracci gewesen; er verschmolz später ihre Prin- cipien mit denjenigen der Naturalisten. — Unter seinen Schülern sind Mehrere des Namens Gennari, darunter Benedetto der bedeutend- ste. (Gal. von Modena.) a Bei einem andern Schüler der Caracci, Lionello Spada (1576 bis 1621), hat die naturalistische Art im engern Sinn die Oberhand (Gal. von Parma und Modena); — ähnlich bei Bartol. Schedone oder Schidone von Modena (st. jung 1615), der sich Anfangs be- sonders nach Coreggio gebildet hatte. (Gal. von Parma.) b c Ein mittelbarer Schüler der Caracci, vermuthlich durch Domeni- chino, ist Sassoferrato (eigentlich Giov. Battista Salvi, 1605—1685), ein Eklektiker in ganz anderm Sinne als alle Übrigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1027
Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1005. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1027>, abgerufen am 05.12.2024.