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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Das Colorit.
tem für die grösste Farbenleistung des Annibale. Mit einer ganza
meisterhaften Freiheit hat er unter dem Einfluss von Michelangelo's
Gewölbemalereien der Sistina (S. 872) seine Darstellung einzutheilen
gewusst in Historien und decorirende Bestandtheile; letztere theils
steinfarbene Atlanten, theils jene trefflichen sitzenden Aktfiguren, theils
Putten, Masken, Fruchtschnüre, bronzefarbene Medaillons etc. Nur
bei einer solchen Abstufung nach Gegenständen war die grosse har-
monische Farbenwirkung zu erzielen, welche das Ganze trotz einzelner
roherer Partien hervorbringt. Alle bessern Maler des XVII. Jahrh.
haben hier für ähnliche Aufgaben gelernt; die geringern copirten we-
nigstens. In Bologna hatten die Caracci z. B. in den Fresken des Pal.b
Magnani (Fries des grossen Saales) einfachere, aber in ihrer Art nicht
minder treffliche decorirende Figuren angebracht (sitzende steinfarbene
Atlanten, geneckt von naturfarbenen Putten, begleitet von je 2 bronze-
farbenen Nebenfiguren halber Grösse); Arbeiten welche in Styl und
Colorit viel trefflicher sind als die Historien, denen sie zur Einfassung
dienen. Noch die spätesten Nachfolger brachten bisweilen in dieser
Gattung Ausgezeichnetes hervor, wie z. B. Cignani's berühmte acht
Putten, je zwei mit einem Medaillon, über den Thüren im Hauptschiffc
von S. Micchele in bosco. Selbst den blossen Decoratoren (Colonna,
in S. Bartolommeo a porta Ravegnana, und in S. Domenico, Cap. deld
rosario, links; -- Franceschini, in Corpus Domini; -- Canuti, in S.e
Micchele in bosco, Zimmer des Legaten etc.) geben solche Vorbilderf
bisweilen eine Haltung die andern Schulen weniger eigen ist. -- Lei-
der sind die vielleicht bestcolorirten Fresken des Lodovico und seinerg
Schule, in der achtseitigen Halle welche einen kleinen Hof die-
ses Klosters umgiebt, auf klägliche Weise zu Grunde gegangen; man
kann die Überreste ohne Schmerz nicht ansehen. (Die Compositionen,
zum Theil ebenfalls sehr bedeutend, sind durch Stiche bekannt.)

Domenichino ist in der Farbe sehr ungleich; von seinen Fres-
ken möchten in dieser Beziehung wohl diejenigen in S. Andrea dellah
Valle zu Rom, auch sonst Hauptwerke, den Vorzug haben (die Pen-
dentifs mit den Evangelisten; das Chorgewölbe mit den Geschichten
des Andreas und allegor. Figuren; -- ihr Verdienst wird am besten
klar durch den Vergleich mit den untern Malereien der Chorwände,
vom Calabrese).

Das Colorit.
tem für die grösste Farbenleistung des Annibale. Mit einer ganza
meisterhaften Freiheit hat er unter dem Einfluss von Michelangelo’s
Gewölbemalereien der Sistina (S. 872) seine Darstellung einzutheilen
gewusst in Historien und decorirende Bestandtheile; letztere theils
steinfarbene Atlanten, theils jene trefflichen sitzenden Aktfiguren, theils
Putten, Masken, Fruchtschnüre, bronzefarbene Medaillons etc. Nur
bei einer solchen Abstufung nach Gegenständen war die grosse har-
monische Farbenwirkung zu erzielen, welche das Ganze trotz einzelner
roherer Partien hervorbringt. Alle bessern Maler des XVII. Jahrh.
haben hier für ähnliche Aufgaben gelernt; die geringern copirten we-
nigstens. In Bologna hatten die Caracci z. B. in den Fresken des Pal.b
Magnani (Fries des grossen Saales) einfachere, aber in ihrer Art nicht
minder treffliche decorirende Figuren angebracht (sitzende steinfarbene
Atlanten, geneckt von naturfarbenen Putten, begleitet von je 2 bronze-
farbenen Nebenfiguren halber Grösse); Arbeiten welche in Styl und
Colorit viel trefflicher sind als die Historien, denen sie zur Einfassung
dienen. Noch die spätesten Nachfolger brachten bisweilen in dieser
Gattung Ausgezeichnetes hervor, wie z. B. Cignani’s berühmte acht
Putten, je zwei mit einem Medaillon, über den Thüren im Hauptschiffc
von S. Micchele in bosco. Selbst den blossen Decoratoren (Colonna,
in S. Bartolommeo a porta Ravegnana, und in S. Domenico, Cap. deld
rosario, links; — Franceschini, in Corpus Domini; — Canuti, in S.e
Micchele in bosco, Zimmer des Legaten etc.) geben solche Vorbilderf
bisweilen eine Haltung die andern Schulen weniger eigen ist. — Lei-
der sind die vielleicht bestcolorirten Fresken des Lodovico und seinerg
Schule, in der achtseitigen Halle welche einen kleinen Hof die-
ses Klosters umgiebt, auf klägliche Weise zu Grunde gegangen; man
kann die Überreste ohne Schmerz nicht ansehen. (Die Compositionen,
zum Theil ebenfalls sehr bedeutend, sind durch Stiche bekannt.)

Domenichino ist in der Farbe sehr ungleich; von seinen Fres-
ken möchten in dieser Beziehung wohl diejenigen in S. Andrea dellah
Valle zu Rom, auch sonst Hauptwerke, den Vorzug haben (die Pen-
dentifs mit den Evangelisten; das Chorgewölbe mit den Geschichten
des Andreas und allegor. Figuren; — ihr Verdienst wird am besten
klar durch den Vergleich mit den untern Malereien der Chorwände,
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[1015/1037] Das Colorit. tem für die grösste Farbenleistung des Annibale. Mit einer ganz meisterhaften Freiheit hat er unter dem Einfluss von Michelangelo’s Gewölbemalereien der Sistina (S. 872) seine Darstellung einzutheilen gewusst in Historien und decorirende Bestandtheile; letztere theils steinfarbene Atlanten, theils jene trefflichen sitzenden Aktfiguren, theils Putten, Masken, Fruchtschnüre, bronzefarbene Medaillons etc. Nur bei einer solchen Abstufung nach Gegenständen war die grosse har- monische Farbenwirkung zu erzielen, welche das Ganze trotz einzelner roherer Partien hervorbringt. Alle bessern Maler des XVII. Jahrh. haben hier für ähnliche Aufgaben gelernt; die geringern copirten we- nigstens. In Bologna hatten die Caracci z. B. in den Fresken des Pal. Magnani (Fries des grossen Saales) einfachere, aber in ihrer Art nicht minder treffliche decorirende Figuren angebracht (sitzende steinfarbene Atlanten, geneckt von naturfarbenen Putten, begleitet von je 2 bronze- farbenen Nebenfiguren halber Grösse); Arbeiten welche in Styl und Colorit viel trefflicher sind als die Historien, denen sie zur Einfassung dienen. Noch die spätesten Nachfolger brachten bisweilen in dieser Gattung Ausgezeichnetes hervor, wie z. B. Cignani’s berühmte acht Putten, je zwei mit einem Medaillon, über den Thüren im Hauptschiff von S. Micchele in bosco. Selbst den blossen Decoratoren (Colonna, in S. Bartolommeo a porta Ravegnana, und in S. Domenico, Cap. del rosario, links; — Franceschini, in Corpus Domini; — Canuti, in S. Micchele in bosco, Zimmer des Legaten etc.) geben solche Vorbilder bisweilen eine Haltung die andern Schulen weniger eigen ist. — Lei- der sind die vielleicht bestcolorirten Fresken des Lodovico und seiner Schule, in der achtseitigen Halle welche einen kleinen Hof die- ses Klosters umgiebt, auf klägliche Weise zu Grunde gegangen; man kann die Überreste ohne Schmerz nicht ansehen. (Die Compositionen, zum Theil ebenfalls sehr bedeutend, sind durch Stiche bekannt.) a b c d e f g Domenichino ist in der Farbe sehr ungleich; von seinen Fres- ken möchten in dieser Beziehung wohl diejenigen in S. Andrea della Valle zu Rom, auch sonst Hauptwerke, den Vorzug haben (die Pen- dentifs mit den Evangelisten; das Chorgewölbe mit den Geschichten des Andreas und allegor. Figuren; — ihr Verdienst wird am besten klar durch den Vergleich mit den untern Malereien der Chorwände, vom Calabrese). h

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1015. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1037>, abgerufen am 05.12.2024.