akleinere Schlacht im Pal. Pitti, Einiges auch im Pal. Corsini zu Flo- renz. Von dem farbenreichern Bourguignon, in welchem Cer- bquozzi und Rosa zusammentreffen, gelten als echt u. a. zwei Schlachten cim Pal. Borghese, eine grosse im Pal. Pitti, zwei grosse (wahr- dscheinlich Abbildungen bestimmter Ereignisse) und zwei kleinere in eden Uffizien, zwei im Pal. Capponi zu Florenz, und mehrere im Pal. fCorsini ebenda, wo man auch die ganze Schule kennen lernt, die sich an diese Künstler anschloss. Gegenüber dem ganz geistesleer gewor- denen, einst von der Constantinsschlacht abgeleiteten Schlachtbilde der Manieristen (z. B. bei Tempesta) muss diese neue Behandlungsweise ein grosser Fortschritt heissen. Allein neben prächtig hervortretenden Episoden (die sich dann zu wiederholen pflegen) läuft auch ganz ge- dankenloses Flickwerk mit. In einigen Jahrzehnden hatte man sich, wie es scheint, an der Gattung so völlig satt gesehen, dass sie ein- schlief. Oder das unkriegerische Italien überliess sie den Franzosen (Van der Meulen) und den Deutschen, bei welchen Rugendas sie neu und eigenthümlich belebte.
Eine der schönsten Äusserungen des europäischen Kunstgeistes dieser Periode ist die Landschaftmalerei. Ihre wichtigsten Entwick- lungen gehen auf italienischem Boden, in Rom, aber grösstentheils durch Nichtitaliener von Statten.
Angeregt durch flandrische Bilder hatte sie im XV. Jahrh. die ersten naturgemässen Hintergründe geliefert, nicht um für sich et- was zu bedeuten, sondern um nach Kräften die Stimmung des Be- schauers beim Anblick heiliger Scenen (S. 800--844) und liebevoll ge- malter Bildnisse (S. 861) zu erhöhen. Dann hatte Rafael sie zu einer höhern, gesetzmässigen Mitwirkung herbeigezogen, als er in möglichst Wenigem das Leben der Patriarchen zu schildern hatte (S. 926). g(Von Polidoro und Maturino zwei Frescolandschaften in S. Sil- vestro a Montecavallo zu Rom, in einer Cap. links.) Zu gleicher Zeit erkannte Tizian ihre hohe Unentbehrlichkeit für die Existenzmalerei und legte bei entscheidenden Anlässen (S. 970, e; 974, a) den poetischen Aus- druck wesentlich mit in die landschaftliche Umgebung. Er zuerst hat diesen Theil der Welt in malerischer Beziehung vollkommen ent-
Moderne Malerei.
akleinere Schlacht im Pal. Pitti, Einiges auch im Pal. Corsini zu Flo- renz. Von dem farbenreichern Bourguignon, in welchem Cer- bquozzi und Rosa zusammentreffen, gelten als echt u. a. zwei Schlachten cim Pal. Borghese, eine grosse im Pal. Pitti, zwei grosse (wahr- dscheinlich Abbildungen bestimmter Ereignisse) und zwei kleinere in eden Uffizien, zwei im Pal. Capponi zu Florenz, und mehrere im Pal. fCorsini ebenda, wo man auch die ganze Schule kennen lernt, die sich an diese Künstler anschloss. Gegenüber dem ganz geistesleer gewor- denen, einst von der Constantinsschlacht abgeleiteten Schlachtbilde der Manieristen (z. B. bei Tempesta) muss diese neue Behandlungsweise ein grosser Fortschritt heissen. Allein neben prächtig hervortretenden Episoden (die sich dann zu wiederholen pflegen) läuft auch ganz ge- dankenloses Flickwerk mit. In einigen Jahrzehnden hatte man sich, wie es scheint, an der Gattung so völlig satt gesehen, dass sie ein- schlief. Oder das unkriegerische Italien überliess sie den Franzosen (Van der Meulen) und den Deutschen, bei welchen Rugendas sie neu und eigenthümlich belebte.
Eine der schönsten Äusserungen des europäischen Kunstgeistes dieser Periode ist die Landschaftmalerei. Ihre wichtigsten Entwick- lungen gehen auf italienischem Boden, in Rom, aber grösstentheils durch Nichtitaliener von Statten.
Angeregt durch flandrische Bilder hatte sie im XV. Jahrh. die ersten naturgemässen Hintergründe geliefert, nicht um für sich et- was zu bedeuten, sondern um nach Kräften die Stimmung des Be- schauers beim Anblick heiliger Scenen (S. 800—844) und liebevoll ge- malter Bildnisse (S. 861) zu erhöhen. Dann hatte Rafael sie zu einer höhern, gesetzmässigen Mitwirkung herbeigezogen, als er in möglichst Wenigem das Leben der Patriarchen zu schildern hatte (S. 926). g(Von Polidoro und Maturino zwei Frescolandschaften in S. Sil- vestro a Montecavallo zu Rom, in einer Cap. links.) Zu gleicher Zeit erkannte Tizian ihre hohe Unentbehrlichkeit für die Existenzmalerei und legte bei entscheidenden Anlässen (S. 970, e; 974, a) den poetischen Aus- druck wesentlich mit in die landschaftliche Umgebung. Er zuerst hat diesen Theil der Welt in malerischer Beziehung vollkommen ent-
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Moderne Malerei.
kleinere Schlacht im Pal. Pitti, Einiges auch im Pal. Corsini zu Flo-
renz. Von dem farbenreichern Bourguignon, in welchem Cer-
quozzi und Rosa zusammentreffen, gelten als echt u. a. zwei Schlachten
im Pal. Borghese, eine grosse im Pal. Pitti, zwei grosse (wahr-
scheinlich Abbildungen bestimmter Ereignisse) und zwei kleinere in
den Uffizien, zwei im Pal. Capponi zu Florenz, und mehrere im Pal.
Corsini ebenda, wo man auch die ganze Schule kennen lernt, die sich
an diese Künstler anschloss. Gegenüber dem ganz geistesleer gewor-
denen, einst von der Constantinsschlacht abgeleiteten Schlachtbilde der
Manieristen (z. B. bei Tempesta) muss diese neue Behandlungsweise
ein grosser Fortschritt heissen. Allein neben prächtig hervortretenden
Episoden (die sich dann zu wiederholen pflegen) läuft auch ganz ge-
dankenloses Flickwerk mit. In einigen Jahrzehnden hatte man sich,
wie es scheint, an der Gattung so völlig satt gesehen, dass sie ein-
schlief. Oder das unkriegerische Italien überliess sie den Franzosen
(Van der Meulen) und den Deutschen, bei welchen Rugendas sie neu
und eigenthümlich belebte.
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Eine der schönsten Äusserungen des europäischen Kunstgeistes
dieser Periode ist die Landschaftmalerei. Ihre wichtigsten Entwick-
lungen gehen auf italienischem Boden, in Rom, aber grösstentheils
durch Nichtitaliener von Statten.
Angeregt durch flandrische Bilder hatte sie im XV. Jahrh. die
ersten naturgemässen Hintergründe geliefert, nicht um für sich et-
was zu bedeuten, sondern um nach Kräften die Stimmung des Be-
schauers beim Anblick heiliger Scenen (S. 800—844) und liebevoll ge-
malter Bildnisse (S. 861) zu erhöhen. Dann hatte Rafael sie zu einer
höhern, gesetzmässigen Mitwirkung herbeigezogen, als er in möglichst
Wenigem das Leben der Patriarchen zu schildern hatte (S. 926).
(Von Polidoro und Maturino zwei Frescolandschaften in S. Sil-
vestro a Montecavallo zu Rom, in einer Cap. links.) Zu gleicher Zeit
erkannte Tizian ihre hohe Unentbehrlichkeit für die Existenzmalerei und
legte bei entscheidenden Anlässen (S. 970, e; 974, a) den poetischen Aus-
druck wesentlich mit in die landschaftliche Umgebung. Er zuerst
hat diesen Theil der Welt in malerischer Beziehung vollkommen ent-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 1050. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/1072>, abgerufen am 05.12.2024.
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