Vorliebe wurden darin architektonische Ansichten dargestellt, oft von areicher, phantastischer Art; die besten vielleicht in S. Giovanni zu Parma. Auch wo die Intarsien geschichtliche Scenen enthalten, sind die baulichen Hintergründe bisweilen wichtig; so an den Chorstühlen bvon S. Domenico in Bologna.
Der erste, welcher nach emsigem Studium der Ruinen Roms, mit vollem Bewusstsein dessen was er wollte, die Bauformen des Alter- thums wieder ins Leben rief, war bekanntlich Filippo Brunellesco cvon Florenz (1377 -- 1446). Die Kuppel des Domes, als grösstes mechanisches Meisterwerk alles bisher (1421) geleistete überbietend, ist für die grosse Stylveränderung die sich an Brunellesco's Namen knüpft, wenig bezeichnend; die äussere Decoration an der einzigen Seite des Achtecks, wo sie wirklich ausgeführt ist, rührt von Baccio d'Agnolo her, und die Lanterna ist ebenfalls später. -- Arnolfo, der ursprüngliche Baumeister, scheint (S. 142) eine nicht sehr hohe Kuppel beabsichtigt zu haben, welche die drei Arme des Kreuzes nur mässig überragt hätte; erst Brunellesco erhob den Cylinder (sog. Tambour) mit den Rundfenstern und darüber die gewaltige Spitzkuppel. In der Wirkung steht sie tief unter der Kuppel von S. Peter; allein die Vergleichung ist eine ungerechte. Fürs Erste würde sie ohne die abscheulichen Malereien der Zuccheri, mit einer einfachen, dem Or- ganismus folgenden Decoration in heller Färbung 1), einen ganz andern Anblick von innen gewähren und nicht mehr einer flachen dunkeln Decke gleichen; sodann ist hier zum erstenmal der Cylinder bedeu- tend behandelt und eine Aufgabe der Construction gelöst, welche man später sowohl mechanisch überbieten als auch in reichern und freiern Formen ausdrücken konnte, welche aber das erste Mal am schwie- rigsten war. Brunellesco war zudem auf alle Weise durch Arnolfo's Unterbau gebunden.
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Während des Dombaues begann Brunellesco auch S. Lorenzo (1425). Auf einmal wird die Form einer Basilica oder Säulenkirche in einem neuen und edeln Geiste belebt; die Säule erhält wieder ihr
1) Brunellesco selbst beabsichtigte allerdings eine Mosaicirung.
Frührenaissance. Brunellesco. Dom von Florenz.
Vorliebe wurden darin architektonische Ansichten dargestellt, oft von areicher, phantastischer Art; die besten vielleicht in S. Giovanni zu Parma. Auch wo die Intarsien geschichtliche Scenen enthalten, sind die baulichen Hintergründe bisweilen wichtig; so an den Chorstühlen bvon S. Domenico in Bologna.
Der erste, welcher nach emsigem Studium der Ruinen Roms, mit vollem Bewusstsein dessen was er wollte, die Bauformen des Alter- thums wieder ins Leben rief, war bekanntlich Filippo Brunellesco cvon Florenz (1377 — 1446). Die Kuppel des Domes, als grösstes mechanisches Meisterwerk alles bisher (1421) geleistete überbietend, ist für die grosse Stylveränderung die sich an Brunellesco’s Namen knüpft, wenig bezeichnend; die äussere Decoration an der einzigen Seite des Achtecks, wo sie wirklich ausgeführt ist, rührt von Baccio d’Agnolo her, und die Lanterna ist ebenfalls später. — Arnolfo, der ursprüngliche Baumeister, scheint (S. 142) eine nicht sehr hohe Kuppel beabsichtigt zu haben, welche die drei Arme des Kreuzes nur mässig überragt hätte; erst Brunellesco erhob den Cylinder (sog. Tambour) mit den Rundfenstern und darüber die gewaltige Spitzkuppel. In der Wirkung steht sie tief unter der Kuppel von S. Peter; allein die Vergleichung ist eine ungerechte. Fürs Erste würde sie ohne die abscheulichen Malereien der Zuccheri, mit einer einfachen, dem Or- ganismus folgenden Decoration in heller Färbung 1), einen ganz andern Anblick von innen gewähren und nicht mehr einer flachen dunkeln Decke gleichen; sodann ist hier zum erstenmal der Cylinder bedeu- tend behandelt und eine Aufgabe der Construction gelöst, welche man später sowohl mechanisch überbieten als auch in reichern und freiern Formen ausdrücken konnte, welche aber das erste Mal am schwie- rigsten war. Brunellesco war zudem auf alle Weise durch Arnolfo’s Unterbau gebunden.
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Während des Dombaues begann Brunellesco auch S. Lorenzo (1425). Auf einmal wird die Form einer Basilica oder Säulenkirche in einem neuen und edeln Geiste belebt; die Säule erhält wieder ihr
1) Brunellesco selbst beabsichtigte allerdings eine Mosaicirung.
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Frührenaissance. Brunellesco. Dom von Florenz.
Vorliebe wurden darin architektonische Ansichten dargestellt, oft von
reicher, phantastischer Art; die besten vielleicht in S. Giovanni zu
Parma. Auch wo die Intarsien geschichtliche Scenen enthalten, sind
die baulichen Hintergründe bisweilen wichtig; so an den Chorstühlen
von S. Domenico in Bologna.
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Der erste, welcher nach emsigem Studium der Ruinen Roms, mit
vollem Bewusstsein dessen was er wollte, die Bauformen des Alter-
thums wieder ins Leben rief, war bekanntlich Filippo Brunellesco
von Florenz (1377 — 1446). Die Kuppel des Domes, als grösstes
mechanisches Meisterwerk alles bisher (1421) geleistete überbietend,
ist für die grosse Stylveränderung die sich an Brunellesco’s Namen
knüpft, wenig bezeichnend; die äussere Decoration an der einzigen
Seite des Achtecks, wo sie wirklich ausgeführt ist, rührt von Baccio
d’Agnolo her, und die Lanterna ist ebenfalls später. — Arnolfo, der
ursprüngliche Baumeister, scheint (S. 142) eine nicht sehr hohe Kuppel
beabsichtigt zu haben, welche die drei Arme des Kreuzes nur mässig
überragt hätte; erst Brunellesco erhob den Cylinder (sog. Tambour)
mit den Rundfenstern und darüber die gewaltige Spitzkuppel. In der
Wirkung steht sie tief unter der Kuppel von S. Peter; allein die
Vergleichung ist eine ungerechte. Fürs Erste würde sie ohne die
abscheulichen Malereien der Zuccheri, mit einer einfachen, dem Or-
ganismus folgenden Decoration in heller Färbung 1), einen ganz andern
Anblick von innen gewähren und nicht mehr einer flachen dunkeln
Decke gleichen; sodann ist hier zum erstenmal der Cylinder bedeu-
tend behandelt und eine Aufgabe der Construction gelöst, welche man
später sowohl mechanisch überbieten als auch in reichern und freiern
Formen ausdrücken konnte, welche aber das erste Mal am schwie-
rigsten war. Brunellesco war zudem auf alle Weise durch Arnolfo’s
Unterbau gebunden.
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Während des Dombaues begann Brunellesco auch S. Lorenzo
(1425). Auf einmal wird die Form einer Basilica oder Säulenkirche
in einem neuen und edeln Geiste belebt; die Säule erhält wieder ihr
1) Brunellesco selbst beabsichtigte allerdings eine Mosaicirung.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/196>, abgerufen am 04.12.2024.
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