Ferrara besitzt zunächst einen der wichtigsten Renaissance- athürme Italiens, den Campanile des Domes. (Anfang des XVI. Jahrhunderts.) Mit Marmor, und zwar schichtenweise roth und weiss incrustirt, mit derb vortretenden Eckpilastern und Säulenstellungen dazwischen wirkt dieser Bau ganz imposant, obschon man es den Säulen ansieht, dass der Baumeister beim Backstein aufgewachsen war. (Die Fensterbogen setzen unschön ohne Mittelplatte auf.) -- Die Tribuna der Kirche ein guter Backsteinbau, innen mit reich scul- pirten Wandpilastern.
b
Südlich gegenüber die aufgehobene, sehr verbaute Kirche S. Ro- mano, von früher und schlichter Renaissance.
c
S. Francesco (1494, wahrscheinlich von einem gewissen Pietro Benvenuti) gehört noch zu der oben mit S. Sisto zu Piacenza be- gonnenen Reihe. Aussen mager vertheilte Pilaster mit hübschen Friesen (Putten, Medaillons haltend); innen Säulenkirche mit lauter Kuppelgewölben und den beiden Seitenschiffen entlang mit hübsch eingefassten Capellenreihen, durch deren Fenster wiederum das meiste Licht kömmt. Auch die Ornamentirung in ähnlicher Weise an Frie- sen, Bogenfüllungen etc., sowie an den Pfeilern der Kreuzung auf- dgemalt, wie in jenen Kirchen. -- Von demselben Geschlecht: S. Be- nedetto (um 1500 von Gianbatt. und Alberto Tristani), die Fassade mit jenen von L. B. Alberti (S. 182, d) zuerst gebrauchten, von Pintelli (S. 193, a) nachgeahmten Seitenvoluten und mit Marmorpilastern; alles Übrige schlichter Backstein; die Capellenreihen auch aussen rund, ebenso die Abschlüsse des Querbaues. Innen Tonnengewölbe (in der Mitte des Langhauses durch eine Flachkuppel unterbrochen; über der Kreuzung die Hauptkuppel; die Nebenschiffe mit lauter kleinen Kup- pelgewölben. Die prächtige und doch weislich gemässigte decorative Bemalung ist an den untern Theilen überweisst oder nie vorhanden gewesen. -- Eine der besten dieser Reihe, obschon ebenfalls durch edas vorherrschende Unterlicht beeinträchtigt: die Certosa S. Cri- stoforo (1498 -- 1553) einschiffig mit Kuppelgewölben, geradlinigen Capellenreihen, Mittelkuppel und Querbau; die Gliederungen aussen nobel von Backstein (mit Ausnahme der noch nicht incrustirten Fas- sade), innen sämmtlich von Marmor; über den Capellenreihen eine hohe Attica wie in S. Sisto zu Piacenza (hier leer). -- S. Maria in
Frührenaissance. Ferrara. Kirchen.
Ferrara besitzt zunächst einen der wichtigsten Renaissance- athürme Italiens, den Campanile des Domes. (Anfang des XVI. Jahrhunderts.) Mit Marmor, und zwar schichtenweise roth und weiss incrustirt, mit derb vortretenden Eckpilastern und Säulenstellungen dazwischen wirkt dieser Bau ganz imposant, obschon man es den Säulen ansieht, dass der Baumeister beim Backstein aufgewachsen war. (Die Fensterbogen setzen unschön ohne Mittelplatte auf.) — Die Tribuna der Kirche ein guter Backsteinbau, innen mit reich scul- pirten Wandpilastern.
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Südlich gegenüber die aufgehobene, sehr verbaute Kirche S. Ro- mano, von früher und schlichter Renaissance.
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S. Francesco (1494, wahrscheinlich von einem gewissen Pietro Benvenuti) gehört noch zu der oben mit S. Sisto zu Piacenza be- gonnenen Reihe. Aussen mager vertheilte Pilaster mit hübschen Friesen (Putten, Medaillons haltend); innen Säulenkirche mit lauter Kuppelgewölben und den beiden Seitenschiffen entlang mit hübsch eingefassten Capellenreihen, durch deren Fenster wiederum das meiste Licht kömmt. Auch die Ornamentirung in ähnlicher Weise an Frie- sen, Bogenfüllungen etc., sowie an den Pfeilern der Kreuzung auf- dgemalt, wie in jenen Kirchen. — Von demselben Geschlecht: S. Be- nedetto (um 1500 von Gianbatt. und Alberto Tristani), die Fassade mit jenen von L. B. Alberti (S. 182, d) zuerst gebrauchten, von Pintelli (S. 193, a) nachgeahmten Seitenvoluten und mit Marmorpilastern; alles Übrige schlichter Backstein; die Capellenreihen auch aussen rund, ebenso die Abschlüsse des Querbaues. Innen Tonnengewölbe (in der Mitte des Langhauses durch eine Flachkuppel unterbrochen; über der Kreuzung die Hauptkuppel; die Nebenschiffe mit lauter kleinen Kup- pelgewölben. Die prächtige und doch weislich gemässigte decorative Bemalung ist an den untern Theilen überweisst oder nie vorhanden gewesen. — Eine der besten dieser Reihe, obschon ebenfalls durch edas vorherrschende Unterlicht beeinträchtigt: die Certosa S. Cri- stoforo (1498 — 1553) einschiffig mit Kuppelgewölben, geradlinigen Capellenreihen, Mittelkuppel und Querbau; die Gliederungen aussen nobel von Backstein (mit Ausnahme der noch nicht incrustirten Fas- sade), innen sämmtlich von Marmor; über den Capellenreihen eine hohe Attica wie in S. Sisto zu Piacenza (hier leer). — S. Maria in
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Frührenaissance. Ferrara. Kirchen.
Ferrara besitzt zunächst einen der wichtigsten Renaissance-
thürme Italiens, den Campanile des Domes. (Anfang des XVI.
Jahrhunderts.) Mit Marmor, und zwar schichtenweise roth und weiss
incrustirt, mit derb vortretenden Eckpilastern und Säulenstellungen
dazwischen wirkt dieser Bau ganz imposant, obschon man es den
Säulen ansieht, dass der Baumeister beim Backstein aufgewachsen
war. (Die Fensterbogen setzen unschön ohne Mittelplatte auf.) —
Die Tribuna der Kirche ein guter Backsteinbau, innen mit reich scul-
pirten Wandpilastern.
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Südlich gegenüber die aufgehobene, sehr verbaute Kirche S. Ro-
mano, von früher und schlichter Renaissance.
S. Francesco (1494, wahrscheinlich von einem gewissen Pietro
Benvenuti) gehört noch zu der oben mit S. Sisto zu Piacenza be-
gonnenen Reihe. Aussen mager vertheilte Pilaster mit hübschen
Friesen (Putten, Medaillons haltend); innen Säulenkirche mit lauter
Kuppelgewölben und den beiden Seitenschiffen entlang mit hübsch
eingefassten Capellenreihen, durch deren Fenster wiederum das meiste
Licht kömmt. Auch die Ornamentirung in ähnlicher Weise an Frie-
sen, Bogenfüllungen etc., sowie an den Pfeilern der Kreuzung auf-
gemalt, wie in jenen Kirchen. — Von demselben Geschlecht: S. Be-
nedetto (um 1500 von Gianbatt. und Alberto Tristani), die
Fassade mit jenen von L. B. Alberti (S. 182, d) zuerst gebrauchten, von
Pintelli (S. 193, a) nachgeahmten Seitenvoluten und mit Marmorpilastern;
alles Übrige schlichter Backstein; die Capellenreihen auch aussen rund,
ebenso die Abschlüsse des Querbaues. Innen Tonnengewölbe (in der
Mitte des Langhauses durch eine Flachkuppel unterbrochen; über der
Kreuzung die Hauptkuppel; die Nebenschiffe mit lauter kleinen Kup-
pelgewölben. Die prächtige und doch weislich gemässigte decorative
Bemalung ist an den untern Theilen überweisst oder nie vorhanden
gewesen. — Eine der besten dieser Reihe, obschon ebenfalls durch
das vorherrschende Unterlicht beeinträchtigt: die Certosa S. Cri-
stoforo (1498 — 1553) einschiffig mit Kuppelgewölben, geradlinigen
Capellenreihen, Mittelkuppel und Querbau; die Gliederungen aussen
nobel von Backstein (mit Ausnahme der noch nicht incrustirten Fas-
sade), innen sämmtlich von Marmor; über den Capellenreihen eine
hohe Attica wie in S. Sisto zu Piacenza (hier leer). — S. Maria in
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/232>, abgerufen am 04.12.2024.
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