ist überhaupt grösser geworden, was sich z. B. schon in der Malerei auf das Deutlichste zeigt.
Über die wichtigern Gattungen der betreffenden Denkmäler ist vorläufig Folgendes anzudeuten:
Die freistehenden Altäre mit Tabernakeln auf Säulen kommen fortwährend, doch minder häufig vor.
Eine besonders grosse Ausdehnung gewinnt der sculpirte Wand- altar; unten, an der Vorderseite des Tisches mit Reliefs, oben über dem Tische mit Statuen oder Reliefs in reicher architektonischer Ein- fassung versehen. Bisweilen wird die ganze betreffende Wand als grosse Prachtnische mit Bildwerk und Ornamenten aller Art ausgebildet.
Steinerne Chorschranken, Balustraden u. dgl. erhalten oft eine überaus prachtvolle Decoration.
Sängerpulte und Orgellettner werden ebenfalls nicht selten mit dem grössten Luxus ausgestattet.
Die Kanzel dagegen verliert den umständlichen Säulenbau und steht entweder auf Einer Säule oder hängt auch nur an einem Pfei- ler des Hauptschiffes. Der reichste decorative und figürliche Schmuck wird fortwährend daran angebracht.
Die Bodenmosaiken, wo sie noch vorkommen, wie in der sixtinischen Capelle und in den Stanzen des Vaticans, in der Grab- capelle des Cardinals von Portugal in S. Miniato bei Florenz, in der Capelle des Pal. Riccardi daselbst, u. a. a. O., wiederholen die be- kannten Ornamente der altchristlichen Zeit und des Cosmatenstyles. (Eine besondere Gattung sind die von Marmor verschiedener Farben aeingelegten Geschichten, welche den Boden des Domes von Siena ausmachen, und von welchen auch im Mittelschiff des Domes von bLucca ein Muster, das Urtheil Salomo's, vorkömmt.) Im Ganzen wandte man die vorhandenen Mittel nicht mehr auf einen Luxus des Fussbodens, dessen übermässige Pracht den Blick von den Bauformen abgezogen hätte. Die grossen Baumeister fühlten, dass eine einfache Abwechselung von Flächen, in Marmorplatten von 2 oder 3 Farben ausgedrückt, am ehesten in Harmonie stand mit dem Gebäude selbst 1).
1) Eine besondere Gattung, deren seltene alte Beispiele gleich hier vorweg zu erwähnen sind, bilden die glasirten Ziegelböden, welche Teppichmuster nachzuahmen scheinen, zum Theil aus der florentinischen Fabrik der Rob-
Renaissance-Decoration.
ist überhaupt grösser geworden, was sich z. B. schon in der Malerei auf das Deutlichste zeigt.
Über die wichtigern Gattungen der betreffenden Denkmäler ist vorläufig Folgendes anzudeuten:
Die freistehenden Altäre mit Tabernakeln auf Säulen kommen fortwährend, doch minder häufig vor.
Eine besonders grosse Ausdehnung gewinnt der sculpirte Wand- altar; unten, an der Vorderseite des Tisches mit Reliefs, oben über dem Tische mit Statuen oder Reliefs in reicher architektonischer Ein- fassung versehen. Bisweilen wird die ganze betreffende Wand als grosse Prachtnische mit Bildwerk und Ornamenten aller Art ausgebildet.
Steinerne Chorschranken, Balustraden u. dgl. erhalten oft eine überaus prachtvolle Decoration.
Sängerpulte und Orgellettner werden ebenfalls nicht selten mit dem grössten Luxus ausgestattet.
Die Kanzel dagegen verliert den umständlichen Säulenbau und steht entweder auf Einer Säule oder hängt auch nur an einem Pfei- ler des Hauptschiffes. Der reichste decorative und figürliche Schmuck wird fortwährend daran angebracht.
Die Bodenmosaiken, wo sie noch vorkommen, wie in der sixtinischen Capelle und in den Stanzen des Vaticans, in der Grab- capelle des Cardinals von Portugal in S. Miniato bei Florenz, in der Capelle des Pal. Riccardi daselbst, u. a. a. O., wiederholen die be- kannten Ornamente der altchristlichen Zeit und des Cosmatenstyles. (Eine besondere Gattung sind die von Marmor verschiedener Farben aeingelegten Geschichten, welche den Boden des Domes von Siena ausmachen, und von welchen auch im Mittelschiff des Domes von bLucca ein Muster, das Urtheil Salomo’s, vorkömmt.) Im Ganzen wandte man die vorhandenen Mittel nicht mehr auf einen Luxus des Fussbodens, dessen übermässige Pracht den Blick von den Bauformen abgezogen hätte. Die grossen Baumeister fühlten, dass eine einfache Abwechselung von Flächen, in Marmorplatten von 2 oder 3 Farben ausgedrückt, am ehesten in Harmonie stand mit dem Gebäude selbst 1).
1) Eine besondere Gattung, deren seltene alte Beispiele gleich hier vorweg zu erwähnen sind, bilden die glasirten Ziegelböden, welche Teppichmuster nachzuahmen scheinen, zum Theil aus der florentinischen Fabrik der Rob-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0250"n="228"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Renaissance-Decoration.</hi></fw><lb/>
ist überhaupt grösser geworden, was sich z. B. schon in der Malerei<lb/>
auf das Deutlichste zeigt.</p><lb/><p>Über die wichtigern Gattungen der betreffenden Denkmäler ist<lb/>
vorläufig Folgendes anzudeuten:</p><lb/><p>Die freistehenden <hirendition="#g">Altäre</hi> mit Tabernakeln auf Säulen kommen<lb/>
fortwährend, doch minder häufig vor.</p><lb/><p>Eine besonders grosse Ausdehnung gewinnt der sculpirte <hirendition="#g">Wand-<lb/>
altar</hi>; unten, an der Vorderseite des Tisches mit Reliefs, oben über<lb/>
dem Tische mit Statuen oder Reliefs in reicher architektonischer Ein-<lb/>
fassung versehen. Bisweilen wird die ganze betreffende Wand als grosse<lb/>
Prachtnische mit Bildwerk und Ornamenten aller Art ausgebildet.</p><lb/><p>Steinerne <hirendition="#g">Chorschranken</hi>, Balustraden u. dgl. erhalten oft<lb/>
eine überaus prachtvolle Decoration.</p><lb/><p><hirendition="#g">Sängerpulte</hi> und <hirendition="#g">Orgellettner</hi> werden ebenfalls nicht selten<lb/>
mit dem grössten Luxus ausgestattet.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Kanzel</hi> dagegen verliert den umständlichen Säulenbau und<lb/>
steht entweder auf Einer Säule oder hängt auch nur an einem Pfei-<lb/>
ler des Hauptschiffes. Der reichste decorative und figürliche Schmuck<lb/>
wird fortwährend daran angebracht.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Bodenmosaiken</hi>, wo sie noch vorkommen, wie in der<lb/>
sixtinischen Capelle und in den Stanzen des Vaticans, in der Grab-<lb/>
capelle des Cardinals von Portugal in S. Miniato bei Florenz, in der<lb/>
Capelle des Pal. Riccardi daselbst, u. a. a. O., wiederholen die be-<lb/>
kannten Ornamente der altchristlichen Zeit und des Cosmatenstyles.<lb/>
(Eine besondere Gattung sind die von Marmor verschiedener Farben<lb/><noteplace="left">a</note>eingelegten Geschichten, welche den Boden des Domes von Siena<lb/>
ausmachen, und von welchen auch im Mittelschiff des Domes von<lb/><noteplace="left">b</note>Lucca ein Muster, das Urtheil Salomo’s, vorkömmt.) Im Ganzen<lb/>
wandte man die vorhandenen Mittel nicht mehr auf einen Luxus des<lb/>
Fussbodens, dessen übermässige Pracht den Blick von den Bauformen<lb/>
abgezogen hätte. Die grossen Baumeister fühlten, dass eine einfache<lb/>
Abwechselung von Flächen, in Marmorplatten von 2 oder 3 Farben<lb/>
ausgedrückt, am ehesten in Harmonie stand mit dem Gebäude selbst <notexml:id="seg2pn_9_1"next="#seg2pn_9_2"place="foot"n="1)">Eine besondere Gattung, deren seltene alte Beispiele gleich hier vorweg zu<lb/>
erwähnen sind, bilden die <hirendition="#g">glasirten Ziegelböden</hi>, welche Teppichmuster<lb/>
nachzuahmen scheinen, zum Theil aus der florentinischen Fabrik der <hirendition="#g">Rob-</hi></note>.</p><lb/></div></body></text></TEI>
[228/0250]
Renaissance-Decoration.
ist überhaupt grösser geworden, was sich z. B. schon in der Malerei
auf das Deutlichste zeigt.
Über die wichtigern Gattungen der betreffenden Denkmäler ist
vorläufig Folgendes anzudeuten:
Die freistehenden Altäre mit Tabernakeln auf Säulen kommen
fortwährend, doch minder häufig vor.
Eine besonders grosse Ausdehnung gewinnt der sculpirte Wand-
altar; unten, an der Vorderseite des Tisches mit Reliefs, oben über
dem Tische mit Statuen oder Reliefs in reicher architektonischer Ein-
fassung versehen. Bisweilen wird die ganze betreffende Wand als grosse
Prachtnische mit Bildwerk und Ornamenten aller Art ausgebildet.
Steinerne Chorschranken, Balustraden u. dgl. erhalten oft
eine überaus prachtvolle Decoration.
Sängerpulte und Orgellettner werden ebenfalls nicht selten
mit dem grössten Luxus ausgestattet.
Die Kanzel dagegen verliert den umständlichen Säulenbau und
steht entweder auf Einer Säule oder hängt auch nur an einem Pfei-
ler des Hauptschiffes. Der reichste decorative und figürliche Schmuck
wird fortwährend daran angebracht.
Die Bodenmosaiken, wo sie noch vorkommen, wie in der
sixtinischen Capelle und in den Stanzen des Vaticans, in der Grab-
capelle des Cardinals von Portugal in S. Miniato bei Florenz, in der
Capelle des Pal. Riccardi daselbst, u. a. a. O., wiederholen die be-
kannten Ornamente der altchristlichen Zeit und des Cosmatenstyles.
(Eine besondere Gattung sind die von Marmor verschiedener Farben
eingelegten Geschichten, welche den Boden des Domes von Siena
ausmachen, und von welchen auch im Mittelschiff des Domes von
Lucca ein Muster, das Urtheil Salomo’s, vorkömmt.) Im Ganzen
wandte man die vorhandenen Mittel nicht mehr auf einen Luxus des
Fussbodens, dessen übermässige Pracht den Blick von den Bauformen
abgezogen hätte. Die grossen Baumeister fühlten, dass eine einfache
Abwechselung von Flächen, in Marmorplatten von 2 oder 3 Farben
ausgedrückt, am ehesten in Harmonie stand mit dem Gebäude selbst 1).
a
b
1) Eine besondere Gattung, deren seltene alte Beispiele gleich hier vorweg zu
erwähnen sind, bilden die glasirten Ziegelböden, welche Teppichmuster
nachzuahmen scheinen, zum Theil aus der florentinischen Fabrik der Rob-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/250>, abgerufen am 04.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.