aim Sinne jener Zeit dar. -- Ganz einfach und schön das Stuhlwerk im Chor der Hospitalkirche della Scala, von Ventura di Giuliano. Vom allerreichsten und tüchtigsten beginnenden Barockstyl das in bdieser Art klassische Stuhlwerk in der Chornische des Domes, sammt Pult, 1569 von Bart. Negroni, genannt Riccio.
Wenn auch Handwerker, sonst namenlos, in dieser Gattung bis- weilen das Herrlichste leisteten, schlossen sich doch berühmte Künst- ler nicht gegen die Übernahme von Zeichnungen ab. So hat Bal- dassare Peruzzi, der so manche kleine Kirche mit ein paar tausend Backsteinen zum Kunstwerk schuf, auch die Holzdecoration cnicht verschmäht. Von ihm ist der edelprächtige Orgellettner (rechts) in der genannten Kirche della Scala, auf den stolzen Consolen, ent- dworfen; in seinem Geist schufen die beiden Barili (1511) denjenigen im Dom über der Sacristeithür.
Die schönste in Siena vorhandene Holzdecoration, freilich ganz earchitektonisch gedacht, sind wohl die acht eichenen Pilaster aus dem Palazzo del Magnifico (um 1500), jetzt in der Academie (vierter Raum); Werke des Antonio Barile. Wenn die Arabesken, von Thierfüssen beginnend, ihre Gefässe, Genien, Pane, allegorische Fi- guren, Seepferde u. s. w., zu einem solchen Ganzen bildet wie hier, so vermisst man den weissen Marmor kaum.
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In Perugia steht das Stuhlwerk und Pult des Cambio obenan; keine Behörde der Welt sitzt so schön wie die Herren Wechselrichter der Hauptstadt von Umbrien. Mitten im Reichthum der durchgebil- deten Renaissance (nach 1500) wird auf das Edelste das Mass beob- achtet und der Unterschied der profanen Bestimmung von der hei- gligen festgehalten. -- Zunächst folgt das berühmte Stuhlwerk im Chor von S. Pietro, vollendet von Stefano da Bergamo um 1535 (mit Ausnahme der vordern Zusätze mit dem Datum 1556 und der Chiffre S. D. A. S.). Der untere Theil der Sitzrücken Intarsia, das Übrige Relief, von grosser Pracht und sehr edelm Geschmack. Die Erfindung wird ohne irgend einen bündigen Grund beharrlich Rafael zugeschrie- ben, der doch in seiner letzten, höchstens dem Beginn dieses Werkes entsprechenden Zeit selbst die Decoration der vaticanischen Loggien
Renaissance-Decoration in Holz.
aim Sinne jener Zeit dar. — Ganz einfach und schön das Stuhlwerk im Chor der Hospitalkirche della Scala, von Ventura di Giuliano. Vom allerreichsten und tüchtigsten beginnenden Barockstyl das in bdieser Art klassische Stuhlwerk in der Chornische des Domes, sammt Pult, 1569 von Bart. Negroni, genannt Riccio.
Wenn auch Handwerker, sonst namenlos, in dieser Gattung bis- weilen das Herrlichste leisteten, schlossen sich doch berühmte Künst- ler nicht gegen die Übernahme von Zeichnungen ab. So hat Bal- dassare Peruzzi, der so manche kleine Kirche mit ein paar tausend Backsteinen zum Kunstwerk schuf, auch die Holzdecoration cnicht verschmäht. Von ihm ist der edelprächtige Orgellettner (rechts) in der genannten Kirche della Scala, auf den stolzen Consolen, ent- dworfen; in seinem Geist schufen die beiden Barili (1511) denjenigen im Dom über der Sacristeithür.
Die schönste in Siena vorhandene Holzdecoration, freilich ganz earchitektonisch gedacht, sind wohl die acht eichenen Pilaster aus dem Palazzo del Magnifico (um 1500), jetzt in der Academie (vierter Raum); Werke des Antonio Barile. Wenn die Arabesken, von Thierfüssen beginnend, ihre Gefässe, Genien, Pane, allegorische Fi- guren, Seepferde u. s. w., zu einem solchen Ganzen bildet wie hier, so vermisst man den weissen Marmor kaum.
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In Perugia steht das Stuhlwerk und Pult des Cambio obenan; keine Behörde der Welt sitzt so schön wie die Herren Wechselrichter der Hauptstadt von Umbrien. Mitten im Reichthum der durchgebil- deten Renaissance (nach 1500) wird auf das Edelste das Mass beob- achtet und der Unterschied der profanen Bestimmung von der hei- gligen festgehalten. — Zunächst folgt das berühmte Stuhlwerk im Chor von S. Pietro, vollendet von Stefano da Bergamo um 1535 (mit Ausnahme der vordern Zusätze mit dem Datum 1556 und der Chiffre S. D. A. S.). Der untere Theil der Sitzrücken Intarsia, das Übrige Relief, von grosser Pracht und sehr edelm Geschmack. Die Erfindung wird ohne irgend einen bündigen Grund beharrlich Rafael zugeschrie- ben, der doch in seiner letzten, höchstens dem Beginn dieses Werkes entsprechenden Zeit selbst die Decoration der vaticanischen Loggien
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Renaissance-Decoration in Holz.
im Sinne jener Zeit dar. — Ganz einfach und schön das Stuhlwerk
im Chor der Hospitalkirche della Scala, von Ventura di Giuliano.
Vom allerreichsten und tüchtigsten beginnenden Barockstyl das in
dieser Art klassische Stuhlwerk in der Chornische des Domes, sammt
Pult, 1569 von Bart. Negroni, genannt Riccio.
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Wenn auch Handwerker, sonst namenlos, in dieser Gattung bis-
weilen das Herrlichste leisteten, schlossen sich doch berühmte Künst-
ler nicht gegen die Übernahme von Zeichnungen ab. So hat Bal-
dassare Peruzzi, der so manche kleine Kirche mit ein paar
tausend Backsteinen zum Kunstwerk schuf, auch die Holzdecoration
nicht verschmäht. Von ihm ist der edelprächtige Orgellettner (rechts)
in der genannten Kirche della Scala, auf den stolzen Consolen, ent-
worfen; in seinem Geist schufen die beiden Barili (1511) denjenigen
im Dom über der Sacristeithür.
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Die schönste in Siena vorhandene Holzdecoration, freilich ganz
architektonisch gedacht, sind wohl die acht eichenen Pilaster aus dem
Palazzo del Magnifico (um 1500), jetzt in der Academie (vierter
Raum); Werke des Antonio Barile. Wenn die Arabesken, von
Thierfüssen beginnend, ihre Gefässe, Genien, Pane, allegorische Fi-
guren, Seepferde u. s. w., zu einem solchen Ganzen bildet wie hier,
so vermisst man den weissen Marmor kaum.
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In Perugia steht das Stuhlwerk und Pult des Cambio obenan;
keine Behörde der Welt sitzt so schön wie die Herren Wechselrichter
der Hauptstadt von Umbrien. Mitten im Reichthum der durchgebil-
deten Renaissance (nach 1500) wird auf das Edelste das Mass beob-
achtet und der Unterschied der profanen Bestimmung von der hei-
ligen festgehalten. — Zunächst folgt das berühmte Stuhlwerk im Chor
von S. Pietro, vollendet von Stefano da Bergamo um 1535 (mit
Ausnahme der vordern Zusätze mit dem Datum 1556 und der Chiffre
S. D. A. S.). Der untere Theil der Sitzrücken Intarsia, das Übrige
Relief, von grosser Pracht und sehr edelm Geschmack. Die Erfindung
wird ohne irgend einen bündigen Grund beharrlich Rafael zugeschrie-
ben, der doch in seiner letzten, höchstens dem Beginn dieses Werkes
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/286>, abgerufen am 05.12.2024.
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