ihre Wölbung bildet jedesmal eine kleine Flachkuppel. Die Abwesen- heit jeglicher Decoration lässt diesem graziösen Bau seine volle, un- gestörte Wirkung.
Die Vorliebe für den Säulenbau, welche sich in diesen Werken gegenüber dem römischen Pfeilerbau behauptet, ist auch später in Florenz heimisch geblieben. Die nächsten Gründe sind: das grosse und stets verehrte Beispiel Brunellesco's, der Besitz einer geeigneten Steinart (Pietra serena), besonders aber die Bescheidenheit in dem florentinischen Palastbau zur Zeit der mediceischen Grossherzoge. Auch die reichsten Geschlechter in Florenz dürfen nicht auftreten, wie z. B. päpstliche Nepotenfamilien in Rom.
Den florentinischen Privatpalästen giebt in dieser Zeit Barto- lommeo Ammanati (1511--1586) einen neuen und mehr hausartigen Charakter; im Innern bleibt der Säulenhof der Frührenaissance, nur mit freudloserem Detail; die Fassaden, mit energisch barocken Fen- ster- und Thüreinfassungen und Rustica-Ecken, sind zum Theil auf Bemalung mit Arabesken und Historien (vgl. Seite 294) berechnet. Beispiele: Pal. Ramirez und Pal. Vitali, beide in Borgo degli Albizzia zu Florenz u. s. w. Ammanati ist allerdings berühmter durch einen der grössten Pfeilerhöfe, denjenigen des Pal. Pitti, dessen drei Reihenb von Bogen auf Pfeilern mit Rusticahalbsäulen der drei Ordnungen bekleidet sind, ein in Formen und Verhältnissen hässliches Gebäude; -- sein Pfeilerhof mit einfachen Pilastern im Collegio romano zu Romc zeigt, dass er sich in ähnlichen Aufgaben ein anderes Mal glücklicher zu bewegen wusste. -- Rom besitzt auch Ammanati's beste Fassade,d die des Pal. Ruspoli (Caffe nuovo), an welcher nur die Höhe des Erdgeschosses (sammt Kellergeschoss) getadelt wird. (Die einst be- rühmte Treppe von parischem Marmor, hinten rechts, ist viel später, vom jüngern Martino Lunghi erbaut.) -- Von Ammanati's Klosterhöfen in Florenz hat der zweite bei S. Spirito, auf Säulen mit originellere Abwechslung von Bogen und geraden Gebälken, den Vorzug vor dem öden hintern Pfeilerhof bei den Camaldulensern (agli Angeli) etc.f Allein dieses und die nüchterne Jesuitenkirche S. Giovannino und sog vieles Andere darf man vergessen über Ammanati's reinstem Meister-
Vasari. Ammanati.
ihre Wölbung bildet jedesmal eine kleine Flachkuppel. Die Abwesen- heit jeglicher Decoration lässt diesem graziösen Bau seine volle, un- gestörte Wirkung.
Die Vorliebe für den Säulenbau, welche sich in diesen Werken gegenüber dem römischen Pfeilerbau behauptet, ist auch später in Florenz heimisch geblieben. Die nächsten Gründe sind: das grosse und stets verehrte Beispiel Brunellesco’s, der Besitz einer geeigneten Steinart (Pietra serena), besonders aber die Bescheidenheit in dem florentinischen Palastbau zur Zeit der mediceischen Grossherzoge. Auch die reichsten Geschlechter in Florenz dürfen nicht auftreten, wie z. B. päpstliche Nepotenfamilien in Rom.
Den florentinischen Privatpalästen giebt in dieser Zeit Barto- lommeo Ammanati (1511—1586) einen neuen und mehr hausartigen Charakter; im Innern bleibt der Säulenhof der Frührenaissance, nur mit freudloserem Detail; die Fassaden, mit energisch barocken Fen- ster- und Thüreinfassungen und Rustica-Ecken, sind zum Theil auf Bemalung mit Arabesken und Historien (vgl. Seite 294) berechnet. Beispiele: Pal. Ramirez und Pal. Vitali, beide in Borgo degli Albizzia zu Florenz u. s. w. Ammanati ist allerdings berühmter durch einen der grössten Pfeilerhöfe, denjenigen des Pal. Pitti, dessen drei Reihenb von Bogen auf Pfeilern mit Rusticahalbsäulen der drei Ordnungen bekleidet sind, ein in Formen und Verhältnissen hässliches Gebäude; — sein Pfeilerhof mit einfachen Pilastern im Collegio romano zu Romc zeigt, dass er sich in ähnlichen Aufgaben ein anderes Mal glücklicher zu bewegen wusste. — Rom besitzt auch Ammanati’s beste Fassade,d die des Pal. Ruspoli (Caffe nuovo), an welcher nur die Höhe des Erdgeschosses (sammt Kellergeschoss) getadelt wird. (Die einst be- rühmte Treppe von parischem Marmor, hinten rechts, ist viel später, vom jüngern Martino Lunghi erbaut.) — Von Ammanati’s Klosterhöfen in Florenz hat der zweite bei S. Spirito, auf Säulen mit originellere Abwechslung von Bogen und geraden Gebälken, den Vorzug vor dem öden hintern Pfeilerhof bei den Camaldulensern (agli Angeli) etc.f Allein dieses und die nüchterne Jesuitenkirche S. Giovannino und sog vieles Andere darf man vergessen über Ammanati’s reinstem Meister-
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Vasari. Ammanati.
ihre Wölbung bildet jedesmal eine kleine Flachkuppel. Die Abwesen-
heit jeglicher Decoration lässt diesem graziösen Bau seine volle, un-
gestörte Wirkung.
Die Vorliebe für den Säulenbau, welche sich in diesen Werken
gegenüber dem römischen Pfeilerbau behauptet, ist auch später in
Florenz heimisch geblieben. Die nächsten Gründe sind: das grosse
und stets verehrte Beispiel Brunellesco’s, der Besitz einer geeigneten
Steinart (Pietra serena), besonders aber die Bescheidenheit in dem
florentinischen Palastbau zur Zeit der mediceischen Grossherzoge. Auch
die reichsten Geschlechter in Florenz dürfen nicht auftreten, wie z. B.
päpstliche Nepotenfamilien in Rom.
Den florentinischen Privatpalästen giebt in dieser Zeit Barto-
lommeo Ammanati (1511—1586) einen neuen und mehr hausartigen
Charakter; im Innern bleibt der Säulenhof der Frührenaissance, nur
mit freudloserem Detail; die Fassaden, mit energisch barocken Fen-
ster- und Thüreinfassungen und Rustica-Ecken, sind zum Theil auf
Bemalung mit Arabesken und Historien (vgl. Seite 294) berechnet.
Beispiele: Pal. Ramirez und Pal. Vitali, beide in Borgo degli Albizzi
zu Florenz u. s. w. Ammanati ist allerdings berühmter durch einen
der grössten Pfeilerhöfe, denjenigen des Pal. Pitti, dessen drei Reihen
von Bogen auf Pfeilern mit Rusticahalbsäulen der drei Ordnungen
bekleidet sind, ein in Formen und Verhältnissen hässliches Gebäude;
— sein Pfeilerhof mit einfachen Pilastern im Collegio romano zu Rom
zeigt, dass er sich in ähnlichen Aufgaben ein anderes Mal glücklicher
zu bewegen wusste. — Rom besitzt auch Ammanati’s beste Fassade,
die des Pal. Ruspoli (Caffe nuovo), an welcher nur die Höhe des
Erdgeschosses (sammt Kellergeschoss) getadelt wird. (Die einst be-
rühmte Treppe von parischem Marmor, hinten rechts, ist viel später,
vom jüngern Martino Lunghi erbaut.) — Von Ammanati’s Klosterhöfen
in Florenz hat der zweite bei S. Spirito, auf Säulen mit origineller
Abwechslung von Bogen und geraden Gebälken, den Vorzug vor dem
öden hintern Pfeilerhof bei den Camaldulensern (agli Angeli) etc.
Allein dieses und die nüchterne Jesuitenkirche S. Giovannino und so
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/367>, abgerufen am 05.12.2024.
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