Mauer ist, wird irgendwie für ein solches Schaustück gesorgt, und wenn man es auch nur hinmalen müsste. Wo ein hinterer Durch- gang ist, wird er mit grossartigen Formen umgeben und auf diese Weise irgend eine bedeutende Erwartung geweckt. Der Hof der aConsulta beim Quirinal (von Fuga) giebt, vom vordern Portal aus gesehen, ein solches Scheinbild, dem das Ganze des Hofes gar nicht bentspricht. Im Pal. Spada zu Rom hat Borromini von der linken Seite des Hofes aus nach einem Nebenhof einen Säulengang ange- legt, dessen wahre Länge das Auge nicht gleich erräth. -- Wie schon in der vorigen Periode, z. B. in den Palästen von Genua, auf solche Durchblicke hingearbeitet wurde, ist oben (Seite 350) nachzulesen. -- cAm Palast von Monte Citorio in Rom (von Bernini und Carlo Fontana) ist der ganze halbrunde Hof mit der Brunnenschale in der Mitte nur auf den Durchblick aus dem Vestibul berechnet.
Der Stolz der damaligen Paläste sind aber vorzugsweise die Treppen. Wer irgend die Mittel aufwenden kann, verlangt breite, niedrige Stufen, bequeme Absätze, steinerne (selten eiserne) Balustra- den und eine reiche gewölbte Decke. Als das Ideal der Treppenbau- dkunst galt Bernini's Scala regia im Vatican mit ihren ionischen Säulenreihen und ihrer kunstreich versteckten Verengerung. Man wird in der That zugeben müssen, dass auf einem so geringen Raum nichts Imposanteres denkbar ist. In den Palästen der neuen Nepotenfamilie eCorsini zu Rom (von Fuga) und zu Florenz sind dagegen den Dop- peltreppen eigene grosse Gebäude gewidmet; es war das einzige, wo- durch man die Paläste vor denjenigen des ältern Adels ganz ent- fschieden auszeichnen konnte. Die Treppe des Pal. Lancellotti in Velletri (von Mart. Lunghi d. ä.) ist schon um der Aussicht willen, die gvon ihren Bogenhallen eingefasst wird, einzig auf Erden. -- In eini- gen Palästen von Bologna (z. B. Pal. Fioresi) erblickt man durch eine Öffnung des Plafonds die hellbeleuchtete, mit einem Frescobilde versehene Decke eines obern Raumes. Wiederum eines jener Mittel, durch welche der Barockstyl die Voraussetzung einer viel grössern Ausdehnung und Pracht zu erwecken weiss, als wirklich vorhanden ist. (Vgl. Seite 380, u. m. a. Stellen.)
Was an obern Vestibulen, Vorsälen u. s. w. Gutes ist, beruht meist auf der Wiederholung früherer Motive.
Der Barockstyl.
Mauer ist, wird irgendwie für ein solches Schaustück gesorgt, und wenn man es auch nur hinmalen müsste. Wo ein hinterer Durch- gang ist, wird er mit grossartigen Formen umgeben und auf diese Weise irgend eine bedeutende Erwartung geweckt. Der Hof der aConsulta beim Quirinal (von Fuga) giebt, vom vordern Portal aus gesehen, ein solches Scheinbild, dem das Ganze des Hofes gar nicht bentspricht. Im Pal. Spada zu Rom hat Borromini von der linken Seite des Hofes aus nach einem Nebenhof einen Säulengang ange- legt, dessen wahre Länge das Auge nicht gleich erräth. — Wie schon in der vorigen Periode, z. B. in den Palästen von Genua, auf solche Durchblicke hingearbeitet wurde, ist oben (Seite 350) nachzulesen. — cAm Palast von Monte Citorio in Rom (von Bernini und Carlo Fontana) ist der ganze halbrunde Hof mit der Brunnenschale in der Mitte nur auf den Durchblick aus dem Vestibul berechnet.
Der Stolz der damaligen Paläste sind aber vorzugsweise die Treppen. Wer irgend die Mittel aufwenden kann, verlangt breite, niedrige Stufen, bequeme Absätze, steinerne (selten eiserne) Balustra- den und eine reiche gewölbte Decke. Als das Ideal der Treppenbau- dkunst galt Bernini’s Scala regia im Vatican mit ihren ionischen Säulenreihen und ihrer kunstreich versteckten Verengerung. Man wird in der That zugeben müssen, dass auf einem so geringen Raum nichts Imposanteres denkbar ist. In den Palästen der neuen Nepotenfamilie eCorsini zu Rom (von Fuga) und zu Florenz sind dagegen den Dop- peltreppen eigene grosse Gebäude gewidmet; es war das einzige, wo- durch man die Paläste vor denjenigen des ältern Adels ganz ent- fschieden auszeichnen konnte. Die Treppe des Pal. Lancellotti in Velletri (von Mart. Lunghi d. ä.) ist schon um der Aussicht willen, die gvon ihren Bogenhallen eingefasst wird, einzig auf Erden. — In eini- gen Palästen von Bologna (z. B. Pal. Fioresi) erblickt man durch eine Öffnung des Plafonds die hellbeleuchtete, mit einem Frescobilde versehene Decke eines obern Raumes. Wiederum eines jener Mittel, durch welche der Barockstyl die Voraussetzung einer viel grössern Ausdehnung und Pracht zu erwecken weiss, als wirklich vorhanden ist. (Vgl. Seite 380, u. m. a. Stellen.)
Was an obern Vestibulen, Vorsälen u. s. w. Gutes ist, beruht meist auf der Wiederholung früherer Motive.
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Der Barockstyl.
Mauer ist, wird irgendwie für ein solches Schaustück gesorgt, und
wenn man es auch nur hinmalen müsste. Wo ein hinterer Durch-
gang ist, wird er mit grossartigen Formen umgeben und auf diese
Weise irgend eine bedeutende Erwartung geweckt. Der Hof der
Consulta beim Quirinal (von Fuga) giebt, vom vordern Portal aus
gesehen, ein solches Scheinbild, dem das Ganze des Hofes gar nicht
entspricht. Im Pal. Spada zu Rom hat Borromini von der linken
Seite des Hofes aus nach einem Nebenhof einen Säulengang ange-
legt, dessen wahre Länge das Auge nicht gleich erräth. — Wie schon
in der vorigen Periode, z. B. in den Palästen von Genua, auf solche
Durchblicke hingearbeitet wurde, ist oben (Seite 350) nachzulesen. —
Am Palast von Monte Citorio in Rom (von Bernini und Carlo
Fontana) ist der ganze halbrunde Hof mit der Brunnenschale in der
Mitte nur auf den Durchblick aus dem Vestibul berechnet.
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Der Stolz der damaligen Paläste sind aber vorzugsweise die
Treppen. Wer irgend die Mittel aufwenden kann, verlangt breite,
niedrige Stufen, bequeme Absätze, steinerne (selten eiserne) Balustra-
den und eine reiche gewölbte Decke. Als das Ideal der Treppenbau-
kunst galt Bernini’s Scala regia im Vatican mit ihren ionischen
Säulenreihen und ihrer kunstreich versteckten Verengerung. Man wird
in der That zugeben müssen, dass auf einem so geringen Raum nichts
Imposanteres denkbar ist. In den Palästen der neuen Nepotenfamilie
Corsini zu Rom (von Fuga) und zu Florenz sind dagegen den Dop-
peltreppen eigene grosse Gebäude gewidmet; es war das einzige, wo-
durch man die Paläste vor denjenigen des ältern Adels ganz ent-
schieden auszeichnen konnte. Die Treppe des Pal. Lancellotti in Velletri
(von Mart. Lunghi d. ä.) ist schon um der Aussicht willen, die
von ihren Bogenhallen eingefasst wird, einzig auf Erden. — In eini-
gen Palästen von Bologna (z. B. Pal. Fioresi) erblickt man durch
eine Öffnung des Plafonds die hellbeleuchtete, mit einem Frescobilde
versehene Decke eines obern Raumes. Wiederum eines jener Mittel,
durch welche der Barockstyl die Voraussetzung einer viel grössern
Ausdehnung und Pracht zu erwecken weiss, als wirklich vorhanden
ist. (Vgl. Seite 380, u. m. a. Stellen.)
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Was an obern Vestibulen, Vorsälen u. s. w. Gutes ist,
beruht meist auf der Wiederholung früherer Motive.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/416>, abgerufen am 05.12.2024.
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