sen entspringen und legte das Becken in die Tiefe, als einen See. Die Sculpturen und die das Ganze abschliessende Palastfassade sind wohl blosse Decorationen, letztere aber mit dem triumphbogenartigen Vortreten ihres Mittelbaues, wodurch Neptun als Sieger verherrlicht wird, giebt doch dem Ganzen eine Haltung und Bedeutung, welche jenen beiden andern Brunnen fehlt.
Die Brunnen auf öffentlichen Plätzen und in Gärten (s. unten) haben meist sehr barocke und schwere Schalen (Bernini's Bar-a caccia, auf dem spanischen Platz etc.) Doch giebt es einige, in welchen die einfache Architektur mit dem springenden und ablaufen- den Wasser ein vortreffliches Ganzes ausmacht; so die beiden unver- gleichlichen Fontainen vor S. Peter (von Maderna), diejenigen im vor-b dern grossen Hof des Vaticans, im Hof des Palastes von Monte Gior- dano u. s. w. Von solchen, deren Hauptwerth auf plastischen Zuthaten beruht, wird bei Anlass der Sculptur die Rede sein.
Endlich ein Vorzug, wonach die bessern Baumeister aller Zeiten gestrebt haben, der aber damals besonders häufig erreicht wurde.
Schon abgesehen von den perspectivischen Reizmitteln am Ge- bäude selbst ist nämlich anzuerkennen, dass der Barockstyl sehr auf eine gute Wahl des Bauplatzes achtete. In tausend Fällen musste man natürlich vorlieb nehmen mit dem Raum, auf welchem eine frühere Kirche, ein früherer Palast wohl oder übel gestanden hatte. Wo aber die Möglichkeit gegeben war, da wurden auch be- deutende Opfer nicht gescheut, um ein Gebäude so zu stellen, dass es sich gut ausnahm. Man wird z. B. in Rom bemerken, wie oft die Kirchen den Schluss und Prospecteiner Strasse bilden; w ie vorsich- tig die Jesuiten den Platz vor S. Ignazio so arrangirt haben, dass erc ihrer Fassade zuträglich war; wie Vieles geschehen musste, um der Chorseite von S. Maria maggiore die Wirkung zu sichern, die sie jetztd (wahrlich nicht Styleshalber) ausübt; wie geschickt die Ripetta (1707) zu der schon früher vorhandenen Fronte von S. Girolamo hinzu-e geordnet ist u. dgl. m. Auch in dem engen Neapel hat man um je- den Preis den wichtigern Kirchen freie Vorplätze geschaffen, ja selbst in Genua. Der Hochbau wird selbst bei geringen Kirchen da ange-
Stadttreppen. Brunnen. Wahl der Bauplätze.
sen entspringen und legte das Becken in die Tiefe, als einen See. Die Sculpturen und die das Ganze abschliessende Palastfassade sind wohl blosse Decorationen, letztere aber mit dem triumphbogenartigen Vortreten ihres Mittelbaues, wodurch Neptun als Sieger verherrlicht wird, giebt doch dem Ganzen eine Haltung und Bedeutung, welche jenen beiden andern Brunnen fehlt.
Die Brunnen auf öffentlichen Plätzen und in Gärten (s. unten) haben meist sehr barocke und schwere Schalen (Bernini’s Bar-a caccia, auf dem spanischen Platz etc.) Doch giebt es einige, in welchen die einfache Architektur mit dem springenden und ablaufen- den Wasser ein vortreffliches Ganzes ausmacht; so die beiden unver- gleichlichen Fontainen vor S. Peter (von Maderna), diejenigen im vor-b dern grossen Hof des Vaticans, im Hof des Palastes von Monte Gior- dano u. s. w. Von solchen, deren Hauptwerth auf plastischen Zuthaten beruht, wird bei Anlass der Sculptur die Rede sein.
Endlich ein Vorzug, wonach die bessern Baumeister aller Zeiten gestrebt haben, der aber damals besonders häufig erreicht wurde.
Schon abgesehen von den perspectivischen Reizmitteln am Ge- bäude selbst ist nämlich anzuerkennen, dass der Barockstyl sehr auf eine gute Wahl des Bauplatzes achtete. In tausend Fällen musste man natürlich vorlieb nehmen mit dem Raum, auf welchem eine frühere Kirche, ein früherer Palast wohl oder übel gestanden hatte. Wo aber die Möglichkeit gegeben war, da wurden auch be- deutende Opfer nicht gescheut, um ein Gebäude so zu stellen, dass es sich gut ausnahm. Man wird z. B. in Rom bemerken, wie oft die Kirchen den Schluss und Prospecteiner Strasse bilden; w ie vorsich- tig die Jesuiten den Platz vor S. Ignazio so arrangirt haben, dass erc ihrer Fassade zuträglich war; wie Vieles geschehen musste, um der Chorseite von S. Maria maggiore die Wirkung zu sichern, die sie jetztd (wahrlich nicht Styleshalber) ausübt; wie geschickt die Ripetta (1707) zu der schon früher vorhandenen Fronte von S. Girolamo hinzu-e geordnet ist u. dgl. m. Auch in dem engen Neapel hat man um je- den Preis den wichtigern Kirchen freie Vorplätze geschaffen, ja selbst in Genua. Der Hochbau wird selbst bei geringen Kirchen da ange-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0419"n="397"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Stadttreppen. Brunnen. Wahl der Bauplätze.</hi></fw><lb/>
sen entspringen und legte das Becken in die Tiefe, als einen See.<lb/>
Die Sculpturen und die das Ganze abschliessende Palastfassade sind<lb/>
wohl blosse Decorationen, letztere aber mit dem triumphbogenartigen<lb/>
Vortreten ihres Mittelbaues, wodurch Neptun als Sieger verherrlicht<lb/>
wird, giebt doch dem Ganzen eine Haltung und Bedeutung, welche<lb/>
jenen beiden andern Brunnen fehlt.</p><lb/><p>Die <hirendition="#g">Brunnen</hi> auf öffentlichen Plätzen und in Gärten (s. unten)<lb/>
haben meist sehr barocke und schwere Schalen (<hirendition="#g">Bernini’s</hi> Bar-<noteplace="right">a</note><lb/>
caccia, auf dem spanischen Platz etc.) Doch giebt es einige, in<lb/>
welchen die einfache Architektur mit dem springenden und ablaufen-<lb/>
den Wasser ein vortreffliches Ganzes ausmacht; so die beiden unver-<lb/>
gleichlichen Fontainen vor S. Peter (von <hirendition="#g">Maderna</hi>), diejenigen im vor-<noteplace="right">b</note><lb/>
dern grossen Hof des Vaticans, im Hof des Palastes von Monte Gior-<lb/>
dano u. s. w. Von solchen, deren Hauptwerth auf plastischen Zuthaten<lb/>
beruht, wird bei Anlass der Sculptur die Rede sein.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p>Endlich ein Vorzug, wonach die bessern Baumeister aller Zeiten<lb/>
gestrebt haben, der aber damals besonders häufig erreicht wurde.</p><lb/><p>Schon abgesehen von den perspectivischen Reizmitteln am Ge-<lb/>
bäude selbst ist nämlich anzuerkennen, dass der Barockstyl sehr auf<lb/>
eine <hirendition="#g">gute Wahl des Bauplatzes</hi> achtete. In tausend Fällen<lb/>
musste man natürlich vorlieb nehmen mit dem Raum, auf welchem<lb/>
eine frühere Kirche, ein früherer Palast wohl oder übel gestanden<lb/>
hatte. Wo aber die Möglichkeit gegeben war, da wurden auch be-<lb/>
deutende Opfer nicht gescheut, um ein Gebäude so zu stellen, dass<lb/>
es sich gut ausnahm. Man wird z. B. in Rom bemerken, wie oft die<lb/>
Kirchen den Schluss und Prospecteiner Strasse bilden; w ie vorsich-<lb/>
tig die Jesuiten den Platz vor S. Ignazio so arrangirt haben, dass er<noteplace="right">c</note><lb/>
ihrer Fassade zuträglich war; wie Vieles geschehen musste, um der<lb/>
Chorseite von S. Maria maggiore die Wirkung zu sichern, die sie jetzt<noteplace="right">d</note><lb/>
(wahrlich nicht Styleshalber) ausübt; wie geschickt die Ripetta<lb/>
(1707) zu der schon früher vorhandenen Fronte von S. Girolamo hinzu-<noteplace="right">e</note><lb/>
geordnet ist u. dgl. m. Auch in dem engen Neapel hat man um je-<lb/>
den Preis den wichtigern Kirchen freie Vorplätze geschaffen, ja selbst<lb/>
in Genua. Der Hochbau wird selbst bei geringen Kirchen da ange-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[397/0419]
Stadttreppen. Brunnen. Wahl der Bauplätze.
sen entspringen und legte das Becken in die Tiefe, als einen See.
Die Sculpturen und die das Ganze abschliessende Palastfassade sind
wohl blosse Decorationen, letztere aber mit dem triumphbogenartigen
Vortreten ihres Mittelbaues, wodurch Neptun als Sieger verherrlicht
wird, giebt doch dem Ganzen eine Haltung und Bedeutung, welche
jenen beiden andern Brunnen fehlt.
Die Brunnen auf öffentlichen Plätzen und in Gärten (s. unten)
haben meist sehr barocke und schwere Schalen (Bernini’s Bar-
caccia, auf dem spanischen Platz etc.) Doch giebt es einige, in
welchen die einfache Architektur mit dem springenden und ablaufen-
den Wasser ein vortreffliches Ganzes ausmacht; so die beiden unver-
gleichlichen Fontainen vor S. Peter (von Maderna), diejenigen im vor-
dern grossen Hof des Vaticans, im Hof des Palastes von Monte Gior-
dano u. s. w. Von solchen, deren Hauptwerth auf plastischen Zuthaten
beruht, wird bei Anlass der Sculptur die Rede sein.
a
b
Endlich ein Vorzug, wonach die bessern Baumeister aller Zeiten
gestrebt haben, der aber damals besonders häufig erreicht wurde.
Schon abgesehen von den perspectivischen Reizmitteln am Ge-
bäude selbst ist nämlich anzuerkennen, dass der Barockstyl sehr auf
eine gute Wahl des Bauplatzes achtete. In tausend Fällen
musste man natürlich vorlieb nehmen mit dem Raum, auf welchem
eine frühere Kirche, ein früherer Palast wohl oder übel gestanden
hatte. Wo aber die Möglichkeit gegeben war, da wurden auch be-
deutende Opfer nicht gescheut, um ein Gebäude so zu stellen, dass
es sich gut ausnahm. Man wird z. B. in Rom bemerken, wie oft die
Kirchen den Schluss und Prospecteiner Strasse bilden; w ie vorsich-
tig die Jesuiten den Platz vor S. Ignazio so arrangirt haben, dass er
ihrer Fassade zuträglich war; wie Vieles geschehen musste, um der
Chorseite von S. Maria maggiore die Wirkung zu sichern, die sie jetzt
(wahrlich nicht Styleshalber) ausübt; wie geschickt die Ripetta
(1707) zu der schon früher vorhandenen Fronte von S. Girolamo hinzu-
geordnet ist u. dgl. m. Auch in dem engen Neapel hat man um je-
den Preis den wichtigern Kirchen freie Vorplätze geschaffen, ja selbst
in Genua. Der Hochbau wird selbst bei geringen Kirchen da ange-
c
d
e
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 397. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/419>, abgerufen am 05.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.