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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Anfänge des neuen Classicismus.

Bisweilen zeigt sich dieses Neue in wunderlicher Zwittergestalt.
Die Kirche und der Vorplatz des Priorato di Malta in Rom gebena
vollständig denjenigen Haarbeutelstyl wieder, welchen man um 1770
in Frankreich "a la grecque" nannte; ein Werk desselben Piranesi,
der um die genaue Kenntniss des echten römischen Details sich so
grosse Verdienste erwarb. -- Der grösste italienische Baumeister dieser
Zeit ist wohl Michelangelo Simonetti, welcher unter Pius VI
im Vatican u. a. die Sala delle muse, Sala rotonda und Sala a croceb
greca nebst der herrlichen Doppeltreppe errichtete; edle und für Auf-
stellung von Antiken auf immer classische Räume, welche die Stim-
mung des Beschauers leise und doch mächtig steigern. (Eine nicht
unwürdige Nachfolge aus unserm Jahrhundert: der Braccio nuovo,
von Raffaelle Sterni). -- Die Familie Pius VI baute durch Mo-
relli
den Pal. Braschi, welcher die Compositionsweise der vorigenc
Periode merkwürdig in classisches Detail übersetzt zeigt, vorzüglich
aber durch seine prächtige Treppe berühmt ist.

Ausserhalb Rom ist nicht eben vieles von diesem Styl vorhanden,
oder das Bessere ist dem Verfasser entgangen. In Bologna wird man
mit Vergnügen den Pal. Ercolani besuchen, welcher zwar seine Ga-d
lerie eingebüsst, aber Venturoli's herrliches grosses Treppenhaus
mit Pfeilerhallen oben ringsum beibehalten hat. In Genua ist ausser
dem schon genannten Treppenhaus Tagliafico's im Pal. Filippoe
Durazzo (S. 345, f) die jetzige Fronte des Dogenpalastes, ein schönesf
Werk des Tessiners Simone Cantoni, zu erwähnen; der Saal des
ersten Stockwerkes entspricht freilich seinem Ruhm nicht ganz.

Seit 1796 wurde Italien in Weltschicksale hineingezogen, welche
seinen Wohlstand vorläufig zernichteten und einen starken Riss in seine
Geschichte machten. Wir versagen uns die Schilderung seiner Kunst
im laufenden Jahrhundert.


Im XVII. Jahrhundert bildete sich der italienische Gartenstyl
zu seiner höchsten Blüthe aus, dem wir hier als wesentlicher Ergän-
zung zur modernen Architektur eine besondere Betrachtung schuldig

Anfänge des neuen Classicismus.

Bisweilen zeigt sich dieses Neue in wunderlicher Zwittergestalt.
Die Kirche und der Vorplatz des Priorato di Malta in Rom gebena
vollständig denjenigen Haarbeutelstyl wieder, welchen man um 1770
in Frankreich „à la grecque“ nannte; ein Werk desselben Piranesi,
der um die genaue Kenntniss des echten römischen Details sich so
grosse Verdienste erwarb. — Der grösste italienische Baumeister dieser
Zeit ist wohl Michelangelo Simonetti, welcher unter Pius VI
im Vatican u. a. die Sala delle muse, Sala rotonda und Sala a croceb
greca nebst der herrlichen Doppeltreppe errichtete; edle und für Auf-
stellung von Antiken auf immer classische Räume, welche die Stim-
mung des Beschauers leise und doch mächtig steigern. (Eine nicht
unwürdige Nachfolge aus unserm Jahrhundert: der Braccio nuovo,
von Raffaelle Sterni). — Die Familie Pius VI baute durch Mo-
relli
den Pal. Braschi, welcher die Compositionsweise der vorigenc
Periode merkwürdig in classisches Detail übersetzt zeigt, vorzüglich
aber durch seine prächtige Treppe berühmt ist.

Ausserhalb Rom ist nicht eben vieles von diesem Styl vorhanden,
oder das Bessere ist dem Verfasser entgangen. In Bologna wird man
mit Vergnügen den Pal. Ercolani besuchen, welcher zwar seine Ga-d
lerie eingebüsst, aber Venturoli’s herrliches grosses Treppenhaus
mit Pfeilerhallen oben ringsum beibehalten hat. In Genua ist ausser
dem schon genannten Treppenhaus Tagliafico’s im Pal. Filippoe
Durazzo (S. 345, f) die jetzige Fronte des Dogenpalastes, ein schönesf
Werk des Tessiners Simone Cantoni, zu erwähnen; der Saal des
ersten Stockwerkes entspricht freilich seinem Ruhm nicht ganz.

Seit 1796 wurde Italien in Weltschicksale hineingezogen, welche
seinen Wohlstand vorläufig zernichteten und einen starken Riss in seine
Geschichte machten. Wir versagen uns die Schilderung seiner Kunst
im laufenden Jahrhundert.


Im XVII. Jahrhundert bildete sich der italienische Gartenstyl
zu seiner höchsten Blüthe aus, dem wir hier als wesentlicher Ergän-
zung zur modernen Architektur eine besondere Betrachtung schuldig

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[399/0421] Anfänge des neuen Classicismus. Bisweilen zeigt sich dieses Neue in wunderlicher Zwittergestalt. Die Kirche und der Vorplatz des Priorato di Malta in Rom geben vollständig denjenigen Haarbeutelstyl wieder, welchen man um 1770 in Frankreich „à la grecque“ nannte; ein Werk desselben Piranesi, der um die genaue Kenntniss des echten römischen Details sich so grosse Verdienste erwarb. — Der grösste italienische Baumeister dieser Zeit ist wohl Michelangelo Simonetti, welcher unter Pius VI im Vatican u. a. die Sala delle muse, Sala rotonda und Sala a croce greca nebst der herrlichen Doppeltreppe errichtete; edle und für Auf- stellung von Antiken auf immer classische Räume, welche die Stim- mung des Beschauers leise und doch mächtig steigern. (Eine nicht unwürdige Nachfolge aus unserm Jahrhundert: der Braccio nuovo, von Raffaelle Sterni). — Die Familie Pius VI baute durch Mo- relli den Pal. Braschi, welcher die Compositionsweise der vorigen Periode merkwürdig in classisches Detail übersetzt zeigt, vorzüglich aber durch seine prächtige Treppe berühmt ist. a b c Ausserhalb Rom ist nicht eben vieles von diesem Styl vorhanden, oder das Bessere ist dem Verfasser entgangen. In Bologna wird man mit Vergnügen den Pal. Ercolani besuchen, welcher zwar seine Ga- lerie eingebüsst, aber Venturoli’s herrliches grosses Treppenhaus mit Pfeilerhallen oben ringsum beibehalten hat. In Genua ist ausser dem schon genannten Treppenhaus Tagliafico’s im Pal. Filippo Durazzo (S. 345, f) die jetzige Fronte des Dogenpalastes, ein schönes Werk des Tessiners Simone Cantoni, zu erwähnen; der Saal des ersten Stockwerkes entspricht freilich seinem Ruhm nicht ganz. d e f Seit 1796 wurde Italien in Weltschicksale hineingezogen, welche seinen Wohlstand vorläufig zernichteten und einen starken Riss in seine Geschichte machten. Wir versagen uns die Schilderung seiner Kunst im laufenden Jahrhundert. Im XVII. Jahrhundert bildete sich der italienische Gartenstyl zu seiner höchsten Blüthe aus, dem wir hier als wesentlicher Ergän- zung zur modernen Architektur eine besondere Betrachtung schuldig

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 399. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/421>, abgerufen am 05.12.2024.