und nur geringsten Theiles eigentlich etruskischer Kunst, vielmehr afast durchgängig griechischen Thonmalern angehören; der grosse Saal des Museo aber enthält u. a. Schätzen eine ovale eherne Lade mit Amazonenkämpfen in Relief 1) und eine Auswahl von Spiegeln mit eingegrabenen Linearzeichnungen schönen griechischen Styles. Vollends bmöchte die runde Lade (oder Cista) des Collegio romano, mit der Landung der Argonauten, alle Linearzeichnungen des griechischen Al- cterthums übertreffen. In Florenz enthält der genannte Seitengang der Uffizien unter der grössten vorhandenen Sammlung etruskischer Aschenkisten einige (z. B. die erste links) mit Reliefs von griechischer Schönheit.
Die Anordnung der antiken Sculpturen nach Typen, welche nun- mehr folgt, soll keineswegs als die einzig mögliche oder als besonders methodisch gelten, sondern nur als derjenige Leitfaden, welcher am leichtesten in die Sache hineinführt. Der Werth der plastischen Aus- führung, welchen der Nichtkünstler doch erst nach längern Studien richtig beurtheilen lernt, ist nicht unser Hauptmassstab bei der folgen- den Aufzählung; der Gedanke, das Motiv müssen hier wichtigere Rücksichten bleiben. Wir werden uns nicht scheuen, selbst sehr geringe und späte Arbeiten zu nennen, sobald sie zufällig die einzigen bekannten oder zugänglichen Exemplare vorzüglicher alter Kunst- gedanken sind. Mit diesen, selbst in ihrer dürftigsten Aeusserung, wo keine bessere vorhanden ist, suche man um jeden Preis das Gedächt- niss zu bereichern, ohne desshalb den Blick auf die Ausführung hintanzusetzen.
Wir beginnen unsere Andeutungen billig mit dem Vater der Götter und der Menschen, in dessen Gestalt ja der Hellene gewiss das Hochste an Macht und Herrlichkeit ausgedrückt haben wird. Von demjenigen
1) Bei diesem wunderschönen Toilettengeräth, welches einer vornehmen Etrus- kerin in das Grab mitgegeben wurde, erinnert man sich gerne an die be- rühmte Lade des Kypselos, deren vermuthliche Gestalt (nach der Beschrei- bung bei Pausanias) so viel zu denken giebt.
Antike Sculptur. Anordnung nach Typen.
und nur geringsten Theiles eigentlich etruskischer Kunst, vielmehr afast durchgängig griechischen Thonmalern angehören; der grosse Saal des Museo aber enthält u. a. Schätzen eine ovale eherne Lade mit Amazonenkämpfen in Relief 1) und eine Auswahl von Spiegeln mit eingegrabenen Linearzeichnungen schönen griechischen Styles. Vollends bmöchte die runde Lade (oder Cista) des Collegio romano, mit der Landung der Argonauten, alle Linearzeichnungen des griechischen Al- cterthums übertreffen. In Florenz enthält der genannte Seitengang der Uffizien unter der grössten vorhandenen Sammlung etruskischer Aschenkisten einige (z. B. die erste links) mit Reliefs von griechischer Schönheit.
Die Anordnung der antiken Sculpturen nach Typen, welche nun- mehr folgt, soll keineswegs als die einzig mögliche oder als besonders methodisch gelten, sondern nur als derjenige Leitfaden, welcher am leichtesten in die Sache hineinführt. Der Werth der plastischen Aus- führung, welchen der Nichtkünstler doch erst nach längern Studien richtig beurtheilen lernt, ist nicht unser Hauptmassstab bei der folgen- den Aufzählung; der Gedanke, das Motiv müssen hier wichtigere Rücksichten bleiben. Wir werden uns nicht scheuen, selbst sehr geringe und späte Arbeiten zu nennen, sobald sie zufällig die einzigen bekannten oder zugänglichen Exemplare vorzüglicher alter Kunst- gedanken sind. Mit diesen, selbst in ihrer dürftigsten Aeusserung, wo keine bessere vorhanden ist, suche man um jeden Preis das Gedächt- niss zu bereichern, ohne desshalb den Blick auf die Ausführung hintanzusetzen.
Wir beginnen unsere Andeutungen billig mit dem Vater der Götter und der Menschen, in dessen Gestalt ja der Hellene gewiss das Hochste an Macht und Herrlichkeit ausgedrückt haben wird. Von demjenigen
1) Bei diesem wunderschönen Toilettengeräth, welches einer vornehmen Etrus- kerin in das Grab mitgegeben wurde, erinnert man sich gerne an die be- rühmte Lade des Kypselos, deren vermuthliche Gestalt (nach der Beschrei- bung bei Pausanias) so viel zu denken giebt.
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Antike Sculptur. Anordnung nach Typen.
und nur geringsten Theiles eigentlich etruskischer Kunst, vielmehr
fast durchgängig griechischen Thonmalern angehören; der grosse Saal
des Museo aber enthält u. a. Schätzen eine ovale eherne Lade mit
Amazonenkämpfen in Relief 1) und eine Auswahl von Spiegeln mit
eingegrabenen Linearzeichnungen schönen griechischen Styles. Vollends
möchte die runde Lade (oder Cista) des Collegio romano, mit der
Landung der Argonauten, alle Linearzeichnungen des griechischen Al-
terthums übertreffen. In Florenz enthält der genannte Seitengang der
Uffizien unter der grössten vorhandenen Sammlung etruskischer
Aschenkisten einige (z. B. die erste links) mit Reliefs von griechischer
Schönheit.
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Die Anordnung der antiken Sculpturen nach Typen, welche nun-
mehr folgt, soll keineswegs als die einzig mögliche oder als besonders
methodisch gelten, sondern nur als derjenige Leitfaden, welcher am
leichtesten in die Sache hineinführt. Der Werth der plastischen Aus-
führung, welchen der Nichtkünstler doch erst nach längern Studien
richtig beurtheilen lernt, ist nicht unser Hauptmassstab bei der folgen-
den Aufzählung; der Gedanke, das Motiv müssen hier wichtigere
Rücksichten bleiben. Wir werden uns nicht scheuen, selbst sehr
geringe und späte Arbeiten zu nennen, sobald sie zufällig die einzigen
bekannten oder zugänglichen Exemplare vorzüglicher alter Kunst-
gedanken sind. Mit diesen, selbst in ihrer dürftigsten Aeusserung, wo
keine bessere vorhanden ist, suche man um jeden Preis das Gedächt-
niss zu bereichern, ohne desshalb den Blick auf die Ausführung
hintanzusetzen.
Wir beginnen unsere Andeutungen billig mit dem Vater der Götter
und der Menschen, in dessen Gestalt ja der Hellene gewiss das Hochste
an Macht und Herrlichkeit ausgedrückt haben wird. Von demjenigen
1) Bei diesem wunderschönen Toilettengeräth, welches einer vornehmen Etrus-
kerin in das Grab mitgegeben wurde, erinnert man sich gerne an die be-
rühmte Lade des Kypselos, deren vermuthliche Gestalt (nach der Beschrei-
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/440>, abgerufen am 05.12.2024.
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