Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

Triumphbogen.
dem Innern kommt, sondern wie eine glänzende Hülle herumliegt, in
dieser Gestalt aber die Kunst doch immer beherrschen wird.

Die Provinzen enthalten fast lauter einfachere Bauten dieser Art,
welche zugleich der Zeit nach zu den frühesten gehören. So die Bogen
des Augustus in Aosta, Susa, Fano und Rimini, mit zwei korin-a
thischen Säulen oder Halbsäulen und einem Gesimse nebst Giebel oder
flachem Aufsatz (Attica). Sehr edel, schlank und einfach der mar-
morne Bogen Trajans am Hafen von Ancona, einzelner (bronze-b
ner?) Zierrathen beraubt, ohne Zweifel auch der Bildwerke, mit wel-
chen man sich das Dach jedes Triumphbogens bekrönt denken muss.

In Rom beginnt die Reihe (abgesehen von dem sehr entstelltenc
und wahrscheinlich späten Drususbogen) mit dem berühmten Denk-
mal des Titus, welches unter Pius VII bescheiden und zweck-d
mässig restaurirt wurde. An dem echten mittlern Stück sind, in rich-
tiger Würdigung der Kleinheit des Ganzen, blosse Halbsäulen (von
Composita Ordnung) angebracht, welche unten keines besondern Piede-
stals, sondern nur des durchgehenden Sockels bedurften. Die Ein-
fassung des Bogens selbst, wie gewöhnlich mit der Gliederung eines
Architraves, ist hier einfach und edel, der Schlussstein als eine
prächtige Console gestaltet. Im Innern des Bogens sind die Cassetten
von der schönsten Art, ebenso aussen das Hauptgesimse mit dem figu-
renreichen Fries. (Über die Sculpturen dieses und der folgenden Mo-
numente siehe unten.) Die Flächen neben und seitwärts über dem
Bogen selbst waren nicht mit Reliefs geschmückt, wie an dem sonst
ähnlich angelegten Trajans-Bogen von Benevent, sondern glatt und mite
zwei Fensternischen versehen, wie alte Fragmente beweisen; die Mitte
der Attica nimmt die Inschrift ein, die noch jetzt an der Seite gegen das
Colosseum echt erhalten ist. (An der andern Seite war sie einst iden-
tisch wiederholt.) Zur Vollendung des Eindruckes gehört unbedingt
noch der eherne Wagen des Imperators mit der Victoria und dem
Viergespann oben auf dem Dache.

Den reichern, dreithorigen Typus vertritt zunächst der Bogen desf
Septimius Severus. Hier haben wir zwar nicht das älteste Bei-
spiel, aber zufällig den ersten Anlass zur nähern Erwähnung für eine
den Römern eigene Bauform, die vortretenden Säulen auf Piedestalen,
welchen oben ein ebenfalls vortretendes (vorgekröpftes) Gebälkstück ent-

B. Cicerone. 3

Triumphbogen.
dem Innern kommt, sondern wie eine glänzende Hülle herumliegt, in
dieser Gestalt aber die Kunst doch immer beherrschen wird.

Die Provinzen enthalten fast lauter einfachere Bauten dieser Art,
welche zugleich der Zeit nach zu den frühesten gehören. So die Bogen
des Augustus in Aosta, Susa, Fano und Rimini, mit zwei korin-a
thischen Säulen oder Halbsäulen und einem Gesimse nebst Giebel oder
flachem Aufsatz (Attica). Sehr edel, schlank und einfach der mar-
morne Bogen Trajans am Hafen von Ancona, einzelner (bronze-b
ner?) Zierrathen beraubt, ohne Zweifel auch der Bildwerke, mit wel-
chen man sich das Dach jedes Triumphbogens bekrönt denken muss.

In Rom beginnt die Reihe (abgesehen von dem sehr entstelltenc
und wahrscheinlich späten Drususbogen) mit dem berühmten Denk-
mal des Titus, welches unter Pius VII bescheiden und zweck-d
mässig restaurirt wurde. An dem echten mittlern Stück sind, in rich-
tiger Würdigung der Kleinheit des Ganzen, blosse Halbsäulen (von
Composita Ordnung) angebracht, welche unten keines besondern Piede-
stals, sondern nur des durchgehenden Sockels bedurften. Die Ein-
fassung des Bogens selbst, wie gewöhnlich mit der Gliederung eines
Architraves, ist hier einfach und edel, der Schlussstein als eine
prächtige Console gestaltet. Im Innern des Bogens sind die Cassetten
von der schönsten Art, ebenso aussen das Hauptgesimse mit dem figu-
renreichen Fries. (Über die Sculpturen dieses und der folgenden Mo-
numente siehe unten.) Die Flächen neben und seitwärts über dem
Bogen selbst waren nicht mit Reliefs geschmückt, wie an dem sonst
ähnlich angelegten Trajans-Bogen von Benevent, sondern glatt und mite
zwei Fensternischen versehen, wie alte Fragmente beweisen; die Mitte
der Attica nimmt die Inschrift ein, die noch jetzt an der Seite gegen das
Colosseum echt erhalten ist. (An der andern Seite war sie einst iden-
tisch wiederholt.) Zur Vollendung des Eindruckes gehört unbedingt
noch der eherne Wagen des Imperators mit der Victoria und dem
Viergespann oben auf dem Dache.

Den reichern, dreithorigen Typus vertritt zunächst der Bogen desf
Septimius Severus. Hier haben wir zwar nicht das älteste Bei-
spiel, aber zufällig den ersten Anlass zur nähern Erwähnung für eine
den Römern eigene Bauform, die vortretenden Säulen auf Piedestalen,
welchen oben ein ebenfalls vortretendes (vorgekröpftes) Gebälkstück ent-

B. Cicerone. 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0055" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Triumphbogen.</hi></fw><lb/>
dem Innern kommt, sondern wie eine glänzende Hülle herumliegt, in<lb/>
dieser Gestalt aber die Kunst doch immer beherrschen wird.</p><lb/>
        <p>Die Provinzen enthalten fast lauter einfachere Bauten dieser Art,<lb/>
welche zugleich der Zeit nach zu den frühesten gehören. So die Bogen<lb/>
des Augustus in <hi rendition="#g">Aosta, Susa, Fano</hi> und <hi rendition="#g">Rimini</hi>, mit zwei korin-<note place="right">a</note><lb/>
thischen Säulen oder Halbsäulen und einem Gesimse nebst Giebel oder<lb/>
flachem Aufsatz (Attica). Sehr edel, schlank und einfach der mar-<lb/>
morne <hi rendition="#g">Bogen Trajans</hi> am Hafen von <hi rendition="#g">Ancona</hi>, einzelner (bronze-<note place="right">b</note><lb/>
ner?) Zierrathen beraubt, ohne Zweifel auch der Bildwerke, mit wel-<lb/>
chen man sich das Dach jedes Triumphbogens bekrönt denken muss.</p><lb/>
        <p>In Rom beginnt die Reihe (abgesehen von dem sehr entstellten<note place="right">c</note><lb/>
und wahrscheinlich späten <hi rendition="#g">Drususbogen</hi>) mit dem berühmten Denk-<lb/>
mal des <hi rendition="#g">Titus</hi>, welches unter Pius VII bescheiden und zweck-<note place="right">d</note><lb/>
mässig restaurirt wurde. An dem echten mittlern Stück sind, in rich-<lb/>
tiger Würdigung der Kleinheit des Ganzen, blosse Halbsäulen (von<lb/>
Composita Ordnung) angebracht, welche unten keines besondern Piede-<lb/>
stals, sondern nur des durchgehenden Sockels bedurften. Die Ein-<lb/>
fassung des Bogens selbst, wie gewöhnlich mit der Gliederung eines<lb/>
Architraves, ist hier einfach und edel, der Schlussstein als eine<lb/>
prächtige Console gestaltet. Im Innern des Bogens sind die Cassetten<lb/>
von der schönsten Art, ebenso aussen das Hauptgesimse mit dem figu-<lb/>
renreichen Fries. (Über die Sculpturen dieses und der folgenden Mo-<lb/>
numente siehe unten.) Die Flächen neben und seitwärts über dem<lb/>
Bogen selbst waren nicht mit Reliefs geschmückt, wie an dem sonst<lb/>
ähnlich angelegten Trajans-Bogen von Benevent, sondern glatt und mit<note place="right">e</note><lb/>
zwei Fensternischen versehen, wie alte Fragmente beweisen; die Mitte<lb/>
der Attica nimmt die Inschrift ein, die noch jetzt an der Seite gegen das<lb/>
Colosseum echt erhalten ist. (An der andern Seite war sie einst iden-<lb/>
tisch wiederholt.) Zur Vollendung des Eindruckes gehört unbedingt<lb/>
noch der eherne Wagen des Imperators mit der Victoria und dem<lb/>
Viergespann oben auf dem Dache.</p><lb/>
        <p>Den reichern, dreithorigen Typus vertritt zunächst der Bogen des<note place="right">f</note><lb/><hi rendition="#g">Septimius Severus</hi>. Hier haben wir zwar nicht das älteste Bei-<lb/>
spiel, aber zufällig den ersten Anlass zur nähern Erwähnung für eine<lb/>
den Römern eigene Bauform, die vortretenden Säulen auf Piedestalen,<lb/>
welchen oben ein ebenfalls vortretendes (vorgekröpftes) Gebälkstück ent-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#i">B. Cicerone.</hi> 3</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0055] Triumphbogen. dem Innern kommt, sondern wie eine glänzende Hülle herumliegt, in dieser Gestalt aber die Kunst doch immer beherrschen wird. Die Provinzen enthalten fast lauter einfachere Bauten dieser Art, welche zugleich der Zeit nach zu den frühesten gehören. So die Bogen des Augustus in Aosta, Susa, Fano und Rimini, mit zwei korin- thischen Säulen oder Halbsäulen und einem Gesimse nebst Giebel oder flachem Aufsatz (Attica). Sehr edel, schlank und einfach der mar- morne Bogen Trajans am Hafen von Ancona, einzelner (bronze- ner?) Zierrathen beraubt, ohne Zweifel auch der Bildwerke, mit wel- chen man sich das Dach jedes Triumphbogens bekrönt denken muss. a b In Rom beginnt die Reihe (abgesehen von dem sehr entstellten und wahrscheinlich späten Drususbogen) mit dem berühmten Denk- mal des Titus, welches unter Pius VII bescheiden und zweck- mässig restaurirt wurde. An dem echten mittlern Stück sind, in rich- tiger Würdigung der Kleinheit des Ganzen, blosse Halbsäulen (von Composita Ordnung) angebracht, welche unten keines besondern Piede- stals, sondern nur des durchgehenden Sockels bedurften. Die Ein- fassung des Bogens selbst, wie gewöhnlich mit der Gliederung eines Architraves, ist hier einfach und edel, der Schlussstein als eine prächtige Console gestaltet. Im Innern des Bogens sind die Cassetten von der schönsten Art, ebenso aussen das Hauptgesimse mit dem figu- renreichen Fries. (Über die Sculpturen dieses und der folgenden Mo- numente siehe unten.) Die Flächen neben und seitwärts über dem Bogen selbst waren nicht mit Reliefs geschmückt, wie an dem sonst ähnlich angelegten Trajans-Bogen von Benevent, sondern glatt und mit zwei Fensternischen versehen, wie alte Fragmente beweisen; die Mitte der Attica nimmt die Inschrift ein, die noch jetzt an der Seite gegen das Colosseum echt erhalten ist. (An der andern Seite war sie einst iden- tisch wiederholt.) Zur Vollendung des Eindruckes gehört unbedingt noch der eherne Wagen des Imperators mit der Victoria und dem Viergespann oben auf dem Dache. c d e Den reichern, dreithorigen Typus vertritt zunächst der Bogen des Septimius Severus. Hier haben wir zwar nicht das älteste Bei- spiel, aber zufällig den ersten Anlass zur nähern Erwähnung für eine den Römern eigene Bauform, die vortretenden Säulen auf Piedestalen, welchen oben ein ebenfalls vortretendes (vorgekröpftes) Gebälkstück ent- f B. Cicerone. 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/55
Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/55>, abgerufen am 04.12.2024.