spricht; auf diesem letztern fand sich die wirkungsreichste Stelle für ein decoratives Standbild. Der überaus reiche und prächtige Effect solcher Säulen, wenn man sich eine ganze Reihe derselben an einer Mauer fortlaufend denkt, lässt es wohl vergessen, dass der Zierrath ein rein willkürlicher ist und mit dem innern Organismus des Gebäu- des nichts zu schaffen hat; es ist die dem Auge angenehmste Bele- bung der Wand mit schönen, reichschattigen Einzelformen, die sich ersinnen lässt. Sie entstand, wie oben (Seite 23) bemerkt, sobald weite Intervalle mit Säulen decorirt werden mussten. Die vortretende Säule selbst erhielt hinter sich, bisweilen auch zu beiden Seiten, einen oder drei analog gebildete Pilaster zur Begleitung, welche die Wand an- genehm unterbrechen. -- Am Severusbogen sind allerdings die Details mit ermüdendem Reichthum und schon etwas lahm gebildet; auch stört die Inschrift, welche prahlerisch die ganze Breite der Attica einnimmt. Ehemals mochten die Statuen gefangener Partherkönige auf den Gesimsen der vier vortretenden Säulen die Eintönigkeit eini- germassen aufheben.
Das Ehrenthor, welches die Goldschmiede in Rom demselben aKaiser und seinem Hause errichteten, ist ein Beleg dafür, wie unbedenk- lich und beliebig die Baukunst zu Anfang des III. Jahrhunderts mit ihren Formen wenigstens im Kleinen umging, indem sie dieselben mit Zierrathen aller Art anfüllte. Die Renaissance berief sich in der Folge bauf dergleichen. -- Der Bogen des Gallienus ist im Gegensatze hiezu fast nüchtern einfach, kommt aber als Bau eines Privatmannes hier kaum in Betracht.
c
Es folgt der Bogen Constantins d. Gr., bekanntlich plastisch ausgestattet mit dem Raub von einem bei diesem Anlass zerstörten Bogen Trajans, der vielleicht, doch gewiss nicht durchgängig, auch als bauliches Vorbild diente und wohl auch manche einzelne Baustücke hergab. Wenigstens contrastirt z. B. die Roheit des Obergesimses der Piedestale, das derbe Sichvorschieben des Architravs u. dgl. stark mit andern, viel bessern Details, z. B. mit den hier noch korinthischen Capitälen. Über den vortretenden Gesimsen derselben finden sich noch die Statuen an ihrem ursprünglichen Platze, unseres Wissens das ein- zige erhaltene Beispiel. Es wäre interessant zu ermitteln, ob die runden Reliefs am untergegangenen Trajansbogen dieselbe Stelle einnahmen wie
Architektur. Triumphbogen.
spricht; auf diesem letztern fand sich die wirkungsreichste Stelle für ein decoratives Standbild. Der überaus reiche und prächtige Effect solcher Säulen, wenn man sich eine ganze Reihe derselben an einer Mauer fortlaufend denkt, lässt es wohl vergessen, dass der Zierrath ein rein willkürlicher ist und mit dem innern Organismus des Gebäu- des nichts zu schaffen hat; es ist die dem Auge angenehmste Bele- bung der Wand mit schönen, reichschattigen Einzelformen, die sich ersinnen lässt. Sie entstand, wie oben (Seite 23) bemerkt, sobald weite Intervalle mit Säulen decorirt werden mussten. Die vortretende Säule selbst erhielt hinter sich, bisweilen auch zu beiden Seiten, einen oder drei analog gebildete Pilaster zur Begleitung, welche die Wand an- genehm unterbrechen. — Am Severusbogen sind allerdings die Details mit ermüdendem Reichthum und schon etwas lahm gebildet; auch stört die Inschrift, welche prahlerisch die ganze Breite der Attica einnimmt. Ehemals mochten die Statuen gefangener Partherkönige auf den Gesimsen der vier vortretenden Säulen die Eintönigkeit eini- germassen aufheben.
Das Ehrenthor, welches die Goldschmiede in Rom demselben aKaiser und seinem Hause errichteten, ist ein Beleg dafür, wie unbedenk- lich und beliebig die Baukunst zu Anfang des III. Jahrhunderts mit ihren Formen wenigstens im Kleinen umging, indem sie dieselben mit Zierrathen aller Art anfüllte. Die Renaissance berief sich in der Folge bauf dergleichen. — Der Bogen des Gallienus ist im Gegensatze hiezu fast nüchtern einfach, kommt aber als Bau eines Privatmannes hier kaum in Betracht.
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Es folgt der Bogen Constantins d. Gr., bekanntlich plastisch ausgestattet mit dem Raub von einem bei diesem Anlass zerstörten Bogen Trajans, der vielleicht, doch gewiss nicht durchgängig, auch als bauliches Vorbild diente und wohl auch manche einzelne Baustücke hergab. Wenigstens contrastirt z. B. die Roheit des Obergesimses der Piedestale, das derbe Sichvorschieben des Architravs u. dgl. stark mit andern, viel bessern Details, z. B. mit den hier noch korinthischen Capitälen. Über den vortretenden Gesimsen derselben finden sich noch die Statuen an ihrem ursprünglichen Platze, unseres Wissens das ein- zige erhaltene Beispiel. Es wäre interessant zu ermitteln, ob die runden Reliefs am untergegangenen Trajansbogen dieselbe Stelle einnahmen wie
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Architektur. Triumphbogen.
spricht; auf diesem letztern fand sich die wirkungsreichste Stelle für
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solcher Säulen, wenn man sich eine ganze Reihe derselben an einer
Mauer fortlaufend denkt, lässt es wohl vergessen, dass der Zierrath
ein rein willkürlicher ist und mit dem innern Organismus des Gebäu-
des nichts zu schaffen hat; es ist die dem Auge angenehmste Bele-
bung der Wand mit schönen, reichschattigen Einzelformen, die sich
ersinnen lässt. Sie entstand, wie oben (Seite 23) bemerkt, sobald weite
Intervalle mit Säulen decorirt werden mussten. Die vortretende Säule
selbst erhielt hinter sich, bisweilen auch zu beiden Seiten, einen oder
drei analog gebildete Pilaster zur Begleitung, welche die Wand an-
genehm unterbrechen. — Am Severusbogen sind allerdings die Details
mit ermüdendem Reichthum und schon etwas lahm gebildet; auch
stört die Inschrift, welche prahlerisch die ganze Breite der Attica
einnimmt. Ehemals mochten die Statuen gefangener Partherkönige
auf den Gesimsen der vier vortretenden Säulen die Eintönigkeit eini-
germassen aufheben.
Das Ehrenthor, welches die Goldschmiede in Rom demselben
Kaiser und seinem Hause errichteten, ist ein Beleg dafür, wie unbedenk-
lich und beliebig die Baukunst zu Anfang des III. Jahrhunderts mit
ihren Formen wenigstens im Kleinen umging, indem sie dieselben mit
Zierrathen aller Art anfüllte. Die Renaissance berief sich in der Folge
auf dergleichen. — Der Bogen des Gallienus ist im Gegensatze
hiezu fast nüchtern einfach, kommt aber als Bau eines Privatmannes
hier kaum in Betracht.
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Es folgt der Bogen Constantins d. Gr., bekanntlich plastisch
ausgestattet mit dem Raub von einem bei diesem Anlass zerstörten
Bogen Trajans, der vielleicht, doch gewiss nicht durchgängig, auch
als bauliches Vorbild diente und wohl auch manche einzelne Baustücke
hergab. Wenigstens contrastirt z. B. die Roheit des Obergesimses
der Piedestale, das derbe Sichvorschieben des Architravs u. dgl. stark
mit andern, viel bessern Details, z. B. mit den hier noch korinthischen
Capitälen. Über den vortretenden Gesimsen derselben finden sich noch
die Statuen an ihrem ursprünglichen Platze, unseres Wissens das ein-
zige erhaltene Beispiel. Es wäre interessant zu ermitteln, ob die runden
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/56>, abgerufen am 04.12.2024.
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