naissanceprunk der Florentiner, ausgeprägt in den höchsten Formen und Linien.
Theilweise von R. componirt und auch ausgeführt ist die Ma- adonna dell' Impannata (d. h. des Tuchfensters) im Pal. Pitti. Waren vielleicht Maria, Elisabeth, die junge Frau links und das Kind ursprünglich zu einem Rundbilde entworfen, welches sich abwärts etwa bis zum Knie der Elisabeth erstreckt hätte? (wobei das Stehen der Maria auf einem andern Plan als die übrigen nicht so auffallen würde) -- oder welches Atelier-Geheimniss waltet hier ob? Der ganz ausserhalb der Gruppe sitzende Johannes ist jedenfalls ein späterer Gedanke, wenn ihn auch Rafael selbst vorgezeichnet haben mag. Über die Theile, die er gemalt hat, herrscht ein Streit, welchen Andere schlichten mögen. Der Moment ist einer der liebenswürdigsten; die beiden Frauen haben das Kind gebracht und überreichen es der Mut- ter; während der Knabe sich noch lachend nach ihnen umwendet, fasst er kräftig das Kleid der Maria, welche zu sagen scheint: "Seht, er will doch am liebsten zu mir."
b
Feierlicher ist die Scene in der Madonna col divino amore (Museum von Neapel). Elisabeth wünscht dass das Christuskind den kleinen links knieenden Johannes segne und führt diesem sachte die Hand; Maria betet wie bestätigend dazu; mit Recht hat sie das auf ihrem Knie sitzende Christuskind losgelassen, denn wer segnen kann, der kann auch fest sitzen 1). Gerade an Zügen dieser Art ist die spätere Kunst so arm! -- Die Ausführung gilt überwiegend als Schü- lerarbeit.
c
Ganz in der Nähe hängt Giulio Romano's Madonna della Gatta, eine in seinen Styl übersetzte Wiederholung des nach Madrid gekommenen Bildes "la perle" von Rafael. Was der Schüler hinzu- gethan hat, ist lauter Entweihung, die Katze, die Umbildung der Elisabeth zur Zigeunerin, mehrere andere Zuthaten. -- Ähnlich ver- dhält es sich mit Giulio's Madonna della lucertola (Pal. Pitti), nur dass hier wahrscheinlich schon das für rafaelisch geltende Origi-
1) Eben so richtig hat diess z. B. der Bildhauer Alessandro Leopardo empfun- *den -- wenn die Madonna della Scarpa in S. Marco zu Venedig (S. 626) von ihm ist. Das auf ihrem rechten Knie sitzende Kind schickt sich eben zum Segnen an, und sie lässt die Hände von ihm los.
Malerei des XVI. Jahrhunderts. Rafael.
naissanceprunk der Florentiner, ausgeprägt in den höchsten Formen und Linien.
Theilweise von R. componirt und auch ausgeführt ist die Ma- adonna dell’ Impannata (d. h. des Tuchfensters) im Pal. Pitti. Waren vielleicht Maria, Elisabeth, die junge Frau links und das Kind ursprünglich zu einem Rundbilde entworfen, welches sich abwärts etwa bis zum Knie der Elisabeth erstreckt hätte? (wobei das Stehen der Maria auf einem andern Plan als die übrigen nicht so auffallen würde) — oder welches Atelier-Geheimniss waltet hier ob? Der ganz ausserhalb der Gruppe sitzende Johannes ist jedenfalls ein späterer Gedanke, wenn ihn auch Rafael selbst vorgezeichnet haben mag. Über die Theile, die er gemalt hat, herrscht ein Streit, welchen Andere schlichten mögen. Der Moment ist einer der liebenswürdigsten; die beiden Frauen haben das Kind gebracht und überreichen es der Mut- ter; während der Knabe sich noch lachend nach ihnen umwendet, fasst er kräftig das Kleid der Maria, welche zu sagen scheint: „Seht, er will doch am liebsten zu mir.“
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Feierlicher ist die Scene in der Madonna col divino amore (Museum von Neapel). Elisabeth wünscht dass das Christuskind den kleinen links knieenden Johannes segne und führt diesem sachte die Hand; Maria betet wie bestätigend dazu; mit Recht hat sie das auf ihrem Knie sitzende Christuskind losgelassen, denn wer segnen kann, der kann auch fest sitzen 1). Gerade an Zügen dieser Art ist die spätere Kunst so arm! — Die Ausführung gilt überwiegend als Schü- lerarbeit.
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Ganz in der Nähe hängt Giulio Romano’s Madonna della Gatta, eine in seinen Styl übersetzte Wiederholung des nach Madrid gekommenen Bildes „la perle“ von Rafael. Was der Schüler hinzu- gethan hat, ist lauter Entweihung, die Katze, die Umbildung der Elisabeth zur Zigeunerin, mehrere andere Zuthaten. — Ähnlich ver- dhält es sich mit Giulio’s Madonna della lucertola (Pal. Pitti), nur dass hier wahrscheinlich schon das für rafaelisch geltende Origi-
1) Eben so richtig hat diess z. B. der Bildhauer Alessandro Leopardo empfun- *den — wenn die Madonna della Scarpa in S. Marco zu Venedig (S. 626) von ihm ist. Das auf ihrem rechten Knie sitzende Kind schickt sich eben zum Segnen an, und sie lässt die Hände von ihm los.
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Malerei des XVI. Jahrhunderts. Rafael.
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und Linien.
Theilweise von R. componirt und auch ausgeführt ist die Ma-
donna dell’ Impannata (d. h. des Tuchfensters) im Pal. Pitti.
Waren vielleicht Maria, Elisabeth, die junge Frau links und das Kind
ursprünglich zu einem Rundbilde entworfen, welches sich abwärts
etwa bis zum Knie der Elisabeth erstreckt hätte? (wobei das Stehen
der Maria auf einem andern Plan als die übrigen nicht so auffallen
würde) — oder welches Atelier-Geheimniss waltet hier ob? Der ganz
ausserhalb der Gruppe sitzende Johannes ist jedenfalls ein späterer
Gedanke, wenn ihn auch Rafael selbst vorgezeichnet haben mag. Über
die Theile, die er gemalt hat, herrscht ein Streit, welchen Andere
schlichten mögen. Der Moment ist einer der liebenswürdigsten; die
beiden Frauen haben das Kind gebracht und überreichen es der Mut-
ter; während der Knabe sich noch lachend nach ihnen umwendet,
fasst er kräftig das Kleid der Maria, welche zu sagen scheint: „Seht,
er will doch am liebsten zu mir.“
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Feierlicher ist die Scene in der Madonna col divino amore
(Museum von Neapel). Elisabeth wünscht dass das Christuskind den
kleinen links knieenden Johannes segne und führt diesem sachte die
Hand; Maria betet wie bestätigend dazu; mit Recht hat sie das auf
ihrem Knie sitzende Christuskind losgelassen, denn wer segnen kann,
der kann auch fest sitzen 1). Gerade an Zügen dieser Art ist die
spätere Kunst so arm! — Die Ausführung gilt überwiegend als Schü-
lerarbeit.
Ganz in der Nähe hängt Giulio Romano’s Madonna della
Gatta, eine in seinen Styl übersetzte Wiederholung des nach Madrid
gekommenen Bildes „la perle“ von Rafael. Was der Schüler hinzu-
gethan hat, ist lauter Entweihung, die Katze, die Umbildung der
Elisabeth zur Zigeunerin, mehrere andere Zuthaten. — Ähnlich ver-
hält es sich mit Giulio’s Madonna della lucertola (Pal. Pitti),
nur dass hier wahrscheinlich schon das für rafaelisch geltende Origi-
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1) Eben so richtig hat diess z. B. der Bildhauer Alessandro Leopardo empfun-
den — wenn die Madonna della Scarpa in S. Marco zu Venedig (S. 626)
von ihm ist. Das auf ihrem rechten Knie sitzende Kind schickt sich eben
zum Segnen an, und sie lässt die Hände von ihm los.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 900. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/922>, abgerufen am 05.12.2024.
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