buten der Götter, an der mittlern Fläche in zwei grossen Bildern das Gericht der Götter und das Göttermahl bei Psyche's Hochzeit. Der Raum ist durchgängig ein idealer und durch einen blauen Grund re- präsentirt, seine Trennung nicht scharf architektonisch, sondern durch Fruchtkränze dargestellt, in welchen Giov. da Udine die schon an den Loggienfenstern bewährte Meisterschaft offenbarte.
Raum und Format der Zwickel waren für Geschichten von meh- reren Figuren scheinbar so ungeeignet als möglich; Rafael aber ent- wickelte gerade daraus (wie aus der Wandform bei der Messe von Bolsena, der Befreiung Petri, den Sibyllen) lauter Elemente eigenthüm- licher Schönheit. Irgend eine bestimmte Räumlichkeit, ein bestimmtes Costüm durfte allerdings darin nicht vorkommen; das war seine Frei- heit neben dem ungeheuern Zwang, den ihm die Einrahmung aufer- legte. Nur nackte oder ideal bekleidete menschliche Körper, nur die schönsten und deutlichsten Schneidungen, nur die Wahl der prägnan- testen Momente konnten das Wunder vollbringen. Die letztern sind auch in der That nicht alle gleich glücklich und bei allen muss man die Kenntniss der bei Apulejus erzählten Mythe (die damals Jeder- mann auswendig wusste) voraussetzen 1). Aber im Ganzen bezeichnen sie doch den Gipfel des Möglichen in dieser Art. (Besonders: Amor, welcher den drei Göttinnen die Psyche zeigt, die Rückkehr Psyche's aus der Unterwelt, Jupiter den Amor küssend, Mercur die Psyche emportragend.) -- In den beiden grossen, als ausgespannte Teppiche gedachten Deckenbildern mit den olympischen Scenen gab R. nicht jene Art von Illusion, welche mit Schaaren von Figuren in Untensicht auf Wolkenschichten den Himmel darzustellen vermeint, sondern eine Räumlichkeit, welche das Auge befriedigt und für den innern Sinn mehr wahrhaft überirdisch erscheint als alle jene perspectivischen Em- pyreen. Die einzelnen Motive gehören zum Theil zu seinen reifsten Früchten (der sinnende Jupiter und der plaidirende Amor, Mercur und Psyche; im Hochzeitmahl vorzüglich das Brautpaar, der aufwartende Ganymed u. A. m.), und doch fällt nichts Einzelnes aus dem wunder- würdig geschlossenen Ganzen heraus. -- Die schwebenden Amorine mit den Abzeichen und Lieblingsthieren der Götter sind wohl im Gan-
1) Eine genügende Inhaltsübersicht giebt Platner, Beschreibung Roms, S. 585 ff.
Fresken der Farnesina.
buten der Götter, an der mittlern Fläche in zwei grossen Bildern das Gericht der Götter und das Göttermahl bei Psyche’s Hochzeit. Der Raum ist durchgängig ein idealer und durch einen blauen Grund re- präsentirt, seine Trennung nicht scharf architektonisch, sondern durch Fruchtkränze dargestellt, in welchen Giov. da Udine die schon an den Loggienfenstern bewährte Meisterschaft offenbarte.
Raum und Format der Zwickel waren für Geschichten von meh- reren Figuren scheinbar so ungeeignet als möglich; Rafael aber ent- wickelte gerade daraus (wie aus der Wandform bei der Messe von Bolsena, der Befreiung Petri, den Sibyllen) lauter Elemente eigenthüm- licher Schönheit. Irgend eine bestimmte Räumlichkeit, ein bestimmtes Costüm durfte allerdings darin nicht vorkommen; das war seine Frei- heit neben dem ungeheuern Zwang, den ihm die Einrahmung aufer- legte. Nur nackte oder ideal bekleidete menschliche Körper, nur die schönsten und deutlichsten Schneidungen, nur die Wahl der prägnan- testen Momente konnten das Wunder vollbringen. Die letztern sind auch in der That nicht alle gleich glücklich und bei allen muss man die Kenntniss der bei Apulejus erzählten Mythe (die damals Jeder- mann auswendig wusste) voraussetzen 1). Aber im Ganzen bezeichnen sie doch den Gipfel des Möglichen in dieser Art. (Besonders: Amor, welcher den drei Göttinnen die Psyche zeigt, die Rückkehr Psyche’s aus der Unterwelt, Jupiter den Amor küssend, Mercur die Psyche emportragend.) — In den beiden grossen, als ausgespannte Teppiche gedachten Deckenbildern mit den olympischen Scenen gab R. nicht jene Art von Illusion, welche mit Schaaren von Figuren in Untensicht auf Wolkenschichten den Himmel darzustellen vermeint, sondern eine Räumlichkeit, welche das Auge befriedigt und für den innern Sinn mehr wahrhaft überirdisch erscheint als alle jene perspectivischen Em- pyreen. Die einzelnen Motive gehören zum Theil zu seinen reifsten Früchten (der sinnende Jupiter und der plaidirende Amor, Mercur und Psyche; im Hochzeitmahl vorzüglich das Brautpaar, der aufwartende Ganymed u. A. m.), und doch fällt nichts Einzelnes aus dem wunder- würdig geschlossenen Ganzen heraus. — Die schwebenden Amorine mit den Abzeichen und Lieblingsthieren der Götter sind wohl im Gan-
1) Eine genügende Inhaltsübersicht giebt Platner, Beschreibung Roms, S. 585 ff.
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Fresken der Farnesina.
buten der Götter, an der mittlern Fläche in zwei grossen Bildern das
Gericht der Götter und das Göttermahl bei Psyche’s Hochzeit. Der
Raum ist durchgängig ein idealer und durch einen blauen Grund re-
präsentirt, seine Trennung nicht scharf architektonisch, sondern durch
Fruchtkränze dargestellt, in welchen Giov. da Udine die schon an den
Loggienfenstern bewährte Meisterschaft offenbarte.
Raum und Format der Zwickel waren für Geschichten von meh-
reren Figuren scheinbar so ungeeignet als möglich; Rafael aber ent-
wickelte gerade daraus (wie aus der Wandform bei der Messe von
Bolsena, der Befreiung Petri, den Sibyllen) lauter Elemente eigenthüm-
licher Schönheit. Irgend eine bestimmte Räumlichkeit, ein bestimmtes
Costüm durfte allerdings darin nicht vorkommen; das war seine Frei-
heit neben dem ungeheuern Zwang, den ihm die Einrahmung aufer-
legte. Nur nackte oder ideal bekleidete menschliche Körper, nur die
schönsten und deutlichsten Schneidungen, nur die Wahl der prägnan-
testen Momente konnten das Wunder vollbringen. Die letztern sind
auch in der That nicht alle gleich glücklich und bei allen muss man
die Kenntniss der bei Apulejus erzählten Mythe (die damals Jeder-
mann auswendig wusste) voraussetzen 1). Aber im Ganzen bezeichnen
sie doch den Gipfel des Möglichen in dieser Art. (Besonders: Amor,
welcher den drei Göttinnen die Psyche zeigt, die Rückkehr Psyche’s
aus der Unterwelt, Jupiter den Amor küssend, Mercur die Psyche
emportragend.) — In den beiden grossen, als ausgespannte Teppiche
gedachten Deckenbildern mit den olympischen Scenen gab R. nicht
jene Art von Illusion, welche mit Schaaren von Figuren in Untensicht
auf Wolkenschichten den Himmel darzustellen vermeint, sondern eine
Räumlichkeit, welche das Auge befriedigt und für den innern Sinn
mehr wahrhaft überirdisch erscheint als alle jene perspectivischen Em-
pyreen. Die einzelnen Motive gehören zum Theil zu seinen reifsten
Früchten (der sinnende Jupiter und der plaidirende Amor, Mercur und
Psyche; im Hochzeitmahl vorzüglich das Brautpaar, der aufwartende
Ganymed u. A. m.), und doch fällt nichts Einzelnes aus dem wunder-
würdig geschlossenen Ganzen heraus. — Die schwebenden Amorine
mit den Abzeichen und Lieblingsthieren der Götter sind wohl im Gan-
1) Eine genügende Inhaltsübersicht giebt Platner, Beschreibung Roms, S. 585 ff.
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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 933. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/955>, abgerufen am 05.12.2024.
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