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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Malerei des XVI. Jahrhunderts. Ferrara. Siena.
7. Alt. 1., -- die Madonna in Wolken mit S. Gregor und S. Georg,
wozu eine landschaftlich köstliche Predella, sicher von Gian Battista,
gehört, 2. Alt. 1. -- Als Genremaler ist Dosso Dossi besonders in der
aGalerie von Modena vertreten, hauptsächlich allerdings nur durch jene
zu halbdecorativem Zweck gemalten Ovalbilder mit Essenden, Trin-
kenden und Musicirenden, in welchen man doch Giorgione's Vorbild
ahnen kann; ebenda eine Anzahl Porträts, mit welchen die Phan-
tasie den Hof von Ferrara wie er in den spätern Zeiten war, be-
bvölkern mag. -- Im Castell von Ferrara hat Dosso mit Hülfe seiner
Schule mehrere Räume verziert; es sind meist Arbeiten seiner ganz
späten, schon manierirten Zeit, selbst die berühmte Aurora in dem
Saal der 4 Tageszeiten; auch die drei kleinen Bacchanale (in einem
kleinen Corridor) haben nicht mehr die Frische und Schönheit, die
solche Gegenstände verlangen. Nicht das Mythologische, sondern das
frei Fabelhafte wäre Dosso's Fach gewesen. Man sieht im Pal. Bor-
cghese zu Rom ein Bild seiner besten Zeit: Circe (?) im Walde, magi-
sche Künste übend. Es ist die lebendig gewordene Zaubernovelle; so
dachte Ariost seine Gestalten.

Ein Zeitgenosse des Garofalo und Dosso, der Ortolano, hat zu
dS. Francesco in Ferrara die Orgelflügel (linkes Querschiff) ganz tüch-
tig in der Art des Erstern mit grossen Heiligenfiguren geschmückt.
(Die Halbfiguren an der Brustwehr theils von Garofalo selbst, theils
von Bonone.)


Die Unzulänglichkeit und Erstorbenheit der alten sienesischen
Schule muss gegen Ende des XV. Jahrh. sehr unverhohlen als That-
sache anerkannt gewesen sein, indem man sonst nicht Pinturicchio von
Perugia berufen hätte, um die Libreria und die Capelle San Giovanni
im Dom auszumalen. Es scheint sogar, dass einzelne Sienesen nach
Perugia in die Schule gingen, wie die frühern Bilder des Domenico
Beccafumi (s. unten) beweisen. Sehr eigenthümlich äussert sich die-
ser peruginische Einfluss ferner bei dem edeln, männlichen Bernar-
dino Fungai
, der die schöne Inspiration davon annahm ohne die

Malerei des XVI. Jahrhunderts. Ferrara. Siena.
7. Alt. 1., — die Madonna in Wolken mit S. Gregor und S. Georg,
wozu eine landschaftlich köstliche Predella, sicher von Gian Battista,
gehört, 2. Alt. 1. — Als Genremaler ist Dosso Dossi besonders in der
aGalerie von Modena vertreten, hauptsächlich allerdings nur durch jene
zu halbdecorativem Zweck gemalten Ovalbilder mit Essenden, Trin-
kenden und Musicirenden, in welchen man doch Giorgione’s Vorbild
ahnen kann; ebenda eine Anzahl Porträts, mit welchen die Phan-
tasie den Hof von Ferrara wie er in den spätern Zeiten war, be-
bvölkern mag. — Im Castell von Ferrara hat Dosso mit Hülfe seiner
Schule mehrere Räume verziert; es sind meist Arbeiten seiner ganz
späten, schon manierirten Zeit, selbst die berühmte Aurora in dem
Saal der 4 Tageszeiten; auch die drei kleinen Bacchanale (in einem
kleinen Corridor) haben nicht mehr die Frische und Schönheit, die
solche Gegenstände verlangen. Nicht das Mythologische, sondern das
frei Fabelhafte wäre Dosso’s Fach gewesen. Man sieht im Pal. Bor-
cghese zu Rom ein Bild seiner besten Zeit: Circe (?) im Walde, magi-
sche Künste übend. Es ist die lebendig gewordene Zaubernovelle; so
dachte Ariost seine Gestalten.

Ein Zeitgenosse des Garofalo und Dosso, der Ortolano, hat zu
dS. Francesco in Ferrara die Orgelflügel (linkes Querschiff) ganz tüch-
tig in der Art des Erstern mit grossen Heiligenfiguren geschmückt.
(Die Halbfiguren an der Brustwehr theils von Garofalo selbst, theils
von Bonone.)


Die Unzulänglichkeit und Erstorbenheit der alten sienesischen
Schule muss gegen Ende des XV. Jahrh. sehr unverhohlen als That-
sache anerkannt gewesen sein, indem man sonst nicht Pinturicchio von
Perugia berufen hätte, um die Libreria und die Capelle San Giovanni
im Dom auszumalen. Es scheint sogar, dass einzelne Sienesen nach
Perugia in die Schule gingen, wie die frühern Bilder des Domenico
Beccafumi (s. unten) beweisen. Sehr eigenthümlich äussert sich die-
ser peruginische Einfluss ferner bei dem edeln, männlichen Bernar-
dino Fungai
, der die schöne Inspiration davon annahm ohne die

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[944/0966] Malerei des XVI. Jahrhunderts. Ferrara. Siena. 7. Alt. 1., — die Madonna in Wolken mit S. Gregor und S. Georg, wozu eine landschaftlich köstliche Predella, sicher von Gian Battista, gehört, 2. Alt. 1. — Als Genremaler ist Dosso Dossi besonders in der Galerie von Modena vertreten, hauptsächlich allerdings nur durch jene zu halbdecorativem Zweck gemalten Ovalbilder mit Essenden, Trin- kenden und Musicirenden, in welchen man doch Giorgione’s Vorbild ahnen kann; ebenda eine Anzahl Porträts, mit welchen die Phan- tasie den Hof von Ferrara wie er in den spätern Zeiten war, be- völkern mag. — Im Castell von Ferrara hat Dosso mit Hülfe seiner Schule mehrere Räume verziert; es sind meist Arbeiten seiner ganz späten, schon manierirten Zeit, selbst die berühmte Aurora in dem Saal der 4 Tageszeiten; auch die drei kleinen Bacchanale (in einem kleinen Corridor) haben nicht mehr die Frische und Schönheit, die solche Gegenstände verlangen. Nicht das Mythologische, sondern das frei Fabelhafte wäre Dosso’s Fach gewesen. Man sieht im Pal. Bor- ghese zu Rom ein Bild seiner besten Zeit: Circe (?) im Walde, magi- sche Künste übend. Es ist die lebendig gewordene Zaubernovelle; so dachte Ariost seine Gestalten. a b c Ein Zeitgenosse des Garofalo und Dosso, der Ortolano, hat zu S. Francesco in Ferrara die Orgelflügel (linkes Querschiff) ganz tüch- tig in der Art des Erstern mit grossen Heiligenfiguren geschmückt. (Die Halbfiguren an der Brustwehr theils von Garofalo selbst, theils von Bonone.) d Die Unzulänglichkeit und Erstorbenheit der alten sienesischen Schule muss gegen Ende des XV. Jahrh. sehr unverhohlen als That- sache anerkannt gewesen sein, indem man sonst nicht Pinturicchio von Perugia berufen hätte, um die Libreria und die Capelle San Giovanni im Dom auszumalen. Es scheint sogar, dass einzelne Sienesen nach Perugia in die Schule gingen, wie die frühern Bilder des Domenico Beccafumi (s. unten) beweisen. Sehr eigenthümlich äussert sich die- ser peruginische Einfluss ferner bei dem edeln, männlichen Bernar- dino Fungai, der die schöne Inspiration davon annahm ohne die

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 944. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/966>, abgerufen am 05.12.2024.