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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Pacchiarotto. Beccafumi. Peruzzi.
gen (im Chor) ihm zugeschrieben, grosse figurenreiche Compositionen,
schon ziemlich römisch. -- In den Uffizien das Rundbild einer heil.a
Familie.

Der grosse Baumeister Baldassare Peruzzi ist als Maler
entweder vorzugsweise Decorator (S. 173, f) oder in den Manieren des
XV. Jahrh. befangen (Deckenbilder des Saales der Galatea in derb
Farnesina zu Rom, wo freilich neben Rafael Alles unfrei aussieht).
Auf den wenigen Malereien seiner spätern Zeit ruht jedoch Rafaels
und Sodoma's Geist. Das Fresco der ersten Capelle links in S. Mariac
della Pace zu Rom, eine Madonna mit Heiligen und Donator, hält
diessmal gegenüber von Rafaels Sibyllen wenigstens so weit die Probe
aus, dass man in den schönen und klar gegebenen Charakteren und
in der freien Behandlung den Künstler der goldenen Zeit auf den
ersten Blick erkennt. In der Kirche Fontegiusta zu Siena (links) istd
das einfach grandiose Frescobild des Augustus und der tiburtinischen
Sibylle trotz seiner übeln Beschaffenheit ebenso ein ergreifender Klang
aus jener grossen Epoche. (Die Malereien im Chor von S. Onofrioe
zu Rom, die Mosaiken in der unterirdischen Capelle von S. Croce inf
Gerusalemme ebenda, und die wenigen Staffeleibilder Peruzzi's gehören
vorwiegend zu seinen manierirten Sachen.)

Von dem Untergang der Republik an (1557) verdunkelt sich auch
der künstlerische Glanz Siena's, doch nur für einige Zeit. Die Nach-
blüthe der ital. Malerei, welche gegen Ende des XVI. Jahrh. beginnt,
hat gerade hier einige ihrer tüchtigsten Repräsentanten.


In Verona repräsentiren vorzüglich zwei Maler die goldene Zeit:
Gianfrancesco Caroto, Schüler Mantegna's, und Paolo Ca-
vazzola
, Schüler des Franc. Morone; welchen man noch den Giol-
fino
beigesellen kann.

Durch die Verhüllung der Altarblätter wegen der Fasten sah sich
der Verf. mit seinem Urtheil beinahe ganz auf die Gemälde derselben
in der Pinacoteca zu Verona beschränkt. Caroto's graue Unter-

Pacchiarotto. Beccafumi. Peruzzi.
gen (im Chor) ihm zugeschrieben, grosse figurenreiche Compositionen,
schon ziemlich römisch. — In den Uffizien das Rundbild einer heil.a
Familie.

Der grosse Baumeister Baldassare Peruzzi ist als Maler
entweder vorzugsweise Decorator (S. 173, f) oder in den Manieren des
XV. Jahrh. befangen (Deckenbilder des Saales der Galatea in derb
Farnesina zu Rom, wo freilich neben Rafael Alles unfrei aussieht).
Auf den wenigen Malereien seiner spätern Zeit ruht jedoch Rafaels
und Sodoma’s Geist. Das Fresco der ersten Capelle links in S. Mariac
della Pace zu Rom, eine Madonna mit Heiligen und Donator, hält
diessmal gegenüber von Rafaels Sibyllen wenigstens so weit die Probe
aus, dass man in den schönen und klar gegebenen Charakteren und
in der freien Behandlung den Künstler der goldenen Zeit auf den
ersten Blick erkennt. In der Kirche Fontegiusta zu Siena (links) istd
das einfach grandiose Frescobild des Augustus und der tiburtinischen
Sibylle trotz seiner übeln Beschaffenheit ebenso ein ergreifender Klang
aus jener grossen Epoche. (Die Malereien im Chor von S. Onofrioe
zu Rom, die Mosaiken in der unterirdischen Capelle von S. Croce inf
Gerusalemme ebenda, und die wenigen Staffeleibilder Peruzzi’s gehören
vorwiegend zu seinen manierirten Sachen.)

Von dem Untergang der Republik an (1557) verdunkelt sich auch
der künstlerische Glanz Siena’s, doch nur für einige Zeit. Die Nach-
blüthe der ital. Malerei, welche gegen Ende des XVI. Jahrh. beginnt,
hat gerade hier einige ihrer tüchtigsten Repräsentanten.


In Verona repräsentiren vorzüglich zwei Maler die goldene Zeit:
Gianfrancesco Caroto, Schüler Mantegna’s, und Paolo Ca-
vazzola
, Schüler des Franc. Morone; welchen man noch den Giol-
fino
beigesellen kann.

Durch die Verhüllung der Altarblätter wegen der Fasten sah sich
der Verf. mit seinem Urtheil beinahe ganz auf die Gemälde derselben
in der Pinacoteca zu Verona beschränkt. Caroto’s graue Unter-

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[949/0971] Pacchiarotto. Beccafumi. Peruzzi. gen (im Chor) ihm zugeschrieben, grosse figurenreiche Compositionen, schon ziemlich römisch. — In den Uffizien das Rundbild einer heil. Familie. a Der grosse Baumeister Baldassare Peruzzi ist als Maler entweder vorzugsweise Decorator (S. 173, f) oder in den Manieren des XV. Jahrh. befangen (Deckenbilder des Saales der Galatea in der Farnesina zu Rom, wo freilich neben Rafael Alles unfrei aussieht). Auf den wenigen Malereien seiner spätern Zeit ruht jedoch Rafaels und Sodoma’s Geist. Das Fresco der ersten Capelle links in S. Maria della Pace zu Rom, eine Madonna mit Heiligen und Donator, hält diessmal gegenüber von Rafaels Sibyllen wenigstens so weit die Probe aus, dass man in den schönen und klar gegebenen Charakteren und in der freien Behandlung den Künstler der goldenen Zeit auf den ersten Blick erkennt. In der Kirche Fontegiusta zu Siena (links) ist das einfach grandiose Frescobild des Augustus und der tiburtinischen Sibylle trotz seiner übeln Beschaffenheit ebenso ein ergreifender Klang aus jener grossen Epoche. (Die Malereien im Chor von S. Onofrio zu Rom, die Mosaiken in der unterirdischen Capelle von S. Croce in Gerusalemme ebenda, und die wenigen Staffeleibilder Peruzzi’s gehören vorwiegend zu seinen manierirten Sachen.) b c d e f Von dem Untergang der Republik an (1557) verdunkelt sich auch der künstlerische Glanz Siena’s, doch nur für einige Zeit. Die Nach- blüthe der ital. Malerei, welche gegen Ende des XVI. Jahrh. beginnt, hat gerade hier einige ihrer tüchtigsten Repräsentanten. In Verona repräsentiren vorzüglich zwei Maler die goldene Zeit: Gianfrancesco Caroto, Schüler Mantegna’s, und Paolo Ca- vazzola, Schüler des Franc. Morone; welchen man noch den Giol- fino beigesellen kann. Durch die Verhüllung der Altarblätter wegen der Fasten sah sich der Verf. mit seinem Urtheil beinahe ganz auf die Gemälde derselben in der Pinacoteca zu Verona beschränkt. Caroto’s graue Unter-

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 949. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/971>, abgerufen am 18.07.2024.