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Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855.

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Malerei des XVI. Jahrhunderts. Siena.
die besten des Fungai den peruginischen Ausdruck mit einer ernst
gemeinten, tiefen Charakteristik; dieser Art soll ausser dem genannten
ain S. Spirito auch eine Madonna mit Heiligen in S. Cristoforo sein.
Später wurde er unter der offenbaren Einwirkung Sodoma's (auch
wohl des Fra Bartolommeo und Andrea del Sarto) einer der wenigen
Historienmaler, welche in den nächsten Jahrzehnden nach Rafaels Tode
die Ehre der historischen Kunst im höhern Sinn vertraten. Ohne den
Sodoma in der schwungvollen Schönheit der einzelnen Gestalten zu
erreichen, war er ihm als Componist beträchtlich überlegen; man wird
bin S. Bernardino (oberes Oratorium) die Geburt Mariä und den eng-
clischen Gruss, ganz besonders aber in S. Caterina (unteres Oratorium)
die Geschichten der Heiligen (die beiden Bilder rechts und das zweite
links) dem Andrea del Sarto nicht weit nachsetzen können. Der Mord-
anfall auf die Mönche ist als Scene vortrefflich entwickelt, die Heilige
an der Leiche der heil. Agnese ein Bild voll des schönsten Ausdruckes.
dVon P.'s Bildern in der Academie ist eine Himmelfahrt Christi (gr.
Saal) noch etwas befangen; ein grosser "englischer Gruss", mit der
Heimsuchung im Hintergrunde, oben Putten, welche die Vorhänge bei
Seite ziehen, wird einem Girolamo del Pacchia zugeschrieben, welcher
vielleicht mit Pacchiarotto identisch ist; ein herrliches Bild, welches
den Geist der sienesischen und der florent. Schule in reinster Ver-
bindung zeigt.

Domenico Beccafumi machte in seinem langen Leben die
Style mit, die in seiner Umgebung herrschten. Seine Jugendbilder
sehen bisweilen denjenigen der peruginischen Schule und Perugino's
selbst zum Verwechseln ähnlich. In seiner zweiten und besten Pe-
riode steht er dem Sodoma kaum minder würdig zur Seite als Pac-
echiarotto; dahin gehört das schöne Bild in der Acad. (Saal der Scuole
diverse), welches mehrere Heilige in archit. Umgebung und oben eine
Erscheinung der Madonna darstellt; ebenso die grandiosen Composi-
ftionen in S. Bernardino, Vermählung und Tod der Maria nebst dem
Altarbilde. In seiner spätern Zeit kam die Ausartung und falsche
Virtuosität der römischen Schule über ihn. (Sturz der bösen Engel,
gAcad., gr. Saal; Fresken der Sala del concistoro im Pal. pubblico etc.)
Der Charakter war vielleicht dem Talent nicht gewachsen. -- Von
hdem figurirten Marmorboden des Domes werden die besten Zeichnun-

Malerei des XVI. Jahrhunderts. Siena.
die besten des Fungai den peruginischen Ausdruck mit einer ernst
gemeinten, tiefen Charakteristik; dieser Art soll ausser dem genannten
ain S. Spirito auch eine Madonna mit Heiligen in S. Cristoforo sein.
Später wurde er unter der offenbaren Einwirkung Sodoma’s (auch
wohl des Fra Bartolommeo und Andrea del Sarto) einer der wenigen
Historienmaler, welche in den nächsten Jahrzehnden nach Rafaels Tode
die Ehre der historischen Kunst im höhern Sinn vertraten. Ohne den
Sodoma in der schwungvollen Schönheit der einzelnen Gestalten zu
erreichen, war er ihm als Componist beträchtlich überlegen; man wird
bin S. Bernardino (oberes Oratorium) die Geburt Mariä und den eng-
clischen Gruss, ganz besonders aber in S. Caterina (unteres Oratorium)
die Geschichten der Heiligen (die beiden Bilder rechts und das zweite
links) dem Andrea del Sarto nicht weit nachsetzen können. Der Mord-
anfall auf die Mönche ist als Scene vortrefflich entwickelt, die Heilige
an der Leiche der heil. Agnese ein Bild voll des schönsten Ausdruckes.
dVon P.’s Bildern in der Academie ist eine Himmelfahrt Christi (gr.
Saal) noch etwas befangen; ein grosser „englischer Gruss“, mit der
Heimsuchung im Hintergrunde, oben Putten, welche die Vorhänge bei
Seite ziehen, wird einem Girolamo del Pacchia zugeschrieben, welcher
vielleicht mit Pacchiarotto identisch ist; ein herrliches Bild, welches
den Geist der sienesischen und der florent. Schule in reinster Ver-
bindung zeigt.

Domenico Beccafumi machte in seinem langen Leben die
Style mit, die in seiner Umgebung herrschten. Seine Jugendbilder
sehen bisweilen denjenigen der peruginischen Schule und Perugino’s
selbst zum Verwechseln ähnlich. In seiner zweiten und besten Pe-
riode steht er dem Sodoma kaum minder würdig zur Seite als Pac-
echiarotto; dahin gehört das schöne Bild in der Acad. (Saal der Scuole
diverse), welches mehrere Heilige in archit. Umgebung und oben eine
Erscheinung der Madonna darstellt; ebenso die grandiosen Composi-
ftionen in S. Bernardino, Vermählung und Tod der Maria nebst dem
Altarbilde. In seiner spätern Zeit kam die Ausartung und falsche
Virtuosität der römischen Schule über ihn. (Sturz der bösen Engel,
gAcad., gr. Saal; Fresken der Sala del concistoro im Pal. pubblico etc.)
Der Charakter war vielleicht dem Talent nicht gewachsen. — Von
hdem figurirten Marmorboden des Domes werden die besten Zeichnun-

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[948/0970] Malerei des XVI. Jahrhunderts. Siena. die besten des Fungai den peruginischen Ausdruck mit einer ernst gemeinten, tiefen Charakteristik; dieser Art soll ausser dem genannten in S. Spirito auch eine Madonna mit Heiligen in S. Cristoforo sein. Später wurde er unter der offenbaren Einwirkung Sodoma’s (auch wohl des Fra Bartolommeo und Andrea del Sarto) einer der wenigen Historienmaler, welche in den nächsten Jahrzehnden nach Rafaels Tode die Ehre der historischen Kunst im höhern Sinn vertraten. Ohne den Sodoma in der schwungvollen Schönheit der einzelnen Gestalten zu erreichen, war er ihm als Componist beträchtlich überlegen; man wird in S. Bernardino (oberes Oratorium) die Geburt Mariä und den eng- lischen Gruss, ganz besonders aber in S. Caterina (unteres Oratorium) die Geschichten der Heiligen (die beiden Bilder rechts und das zweite links) dem Andrea del Sarto nicht weit nachsetzen können. Der Mord- anfall auf die Mönche ist als Scene vortrefflich entwickelt, die Heilige an der Leiche der heil. Agnese ein Bild voll des schönsten Ausdruckes. Von P.’s Bildern in der Academie ist eine Himmelfahrt Christi (gr. Saal) noch etwas befangen; ein grosser „englischer Gruss“, mit der Heimsuchung im Hintergrunde, oben Putten, welche die Vorhänge bei Seite ziehen, wird einem Girolamo del Pacchia zugeschrieben, welcher vielleicht mit Pacchiarotto identisch ist; ein herrliches Bild, welches den Geist der sienesischen und der florent. Schule in reinster Ver- bindung zeigt. a b c d Domenico Beccafumi machte in seinem langen Leben die Style mit, die in seiner Umgebung herrschten. Seine Jugendbilder sehen bisweilen denjenigen der peruginischen Schule und Perugino’s selbst zum Verwechseln ähnlich. In seiner zweiten und besten Pe- riode steht er dem Sodoma kaum minder würdig zur Seite als Pac- chiarotto; dahin gehört das schöne Bild in der Acad. (Saal der Scuole diverse), welches mehrere Heilige in archit. Umgebung und oben eine Erscheinung der Madonna darstellt; ebenso die grandiosen Composi- tionen in S. Bernardino, Vermählung und Tod der Maria nebst dem Altarbilde. In seiner spätern Zeit kam die Ausartung und falsche Virtuosität der römischen Schule über ihn. (Sturz der bösen Engel, Acad., gr. Saal; Fresken der Sala del concistoro im Pal. pubblico etc.) Der Charakter war vielleicht dem Talent nicht gewachsen. — Von dem figurirten Marmorboden des Domes werden die besten Zeichnun- e f g h

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Der Cicerone. Eine Anleitung zum Genuss der Kunstwerke Italiens. Basel, 1855, S. 948. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_cicerone_1855/970>, abgerufen am 05.12.2024.