Burckhardt, Walther: Die Organisation der Rechtsgemeinschaft. Basel, 1927.III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung. Die Doktrin sucht immer noch nach solchen Grundsätzen des Solche allgemeine Sätze und Grundrechte, wie man sie auch recht dem gliedstaatlichen (kantonalen Recht) die Richtung weist; aber
wenn es positives Recht wäre, müßte es auch durch seine Organe für seine Anwendung und Erzwingbarkeit sorgen (vgl. S. 173 ff.), und dieser Organi- sation stände in allem die oberste Entscheidung zu. Dem Völkerrecht kommt aber keines von beiden zu, und das eine kommt ihm nicht zu, weil das andere ihm nicht zukommt. III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung. Die Doktrin sucht immer noch nach solchen Grundsätzen des Solche allgemeine Sätze und Grundrechte, wie man sie auch recht dem gliedstaatlichen (kantonalen Recht) die Richtung weist; aber
wenn es positives Recht wäre, müßte es auch durch seine Organe für seine Anwendung und Erzwingbarkeit sorgen (vgl. S. 173 ff.), und dieser Organi- sation stände in allem die oberste Entscheidung zu. Dem Völkerrecht kommt aber keines von beiden zu, und das eine kommt ihm nicht zu, weil das andere ihm nicht zukommt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0421" n="406"/> <fw place="top" type="header">III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.</fw><lb/> <p>Die Doktrin sucht immer noch nach solchen Grundsätzen des<lb/> Völkerrechts, die zu gelten hätten, mangels Vertrag; aber es gelingt<lb/> ihr nicht, diese Grundsätze fest zu umreißen, nach Voraussetzungen<lb/> und Wirkungen, weil sie es nicht tun könnte, ohne die Autonomie<lb/> der Staaten, d. h. ihre Befugnis, über ihr Recht selbst zu bestimmen,<lb/> also ihre staatliche Eigenschaft im Grundsatze aufzuheben. Manche<lb/> Schriftsteller sprechen z. B. von einem Grundrecht auf Verkehr<lb/> und meinen, ein Staat dürfe sich wirtschaftlich, personell und<lb/> diplomatisch nicht gegen andere abschließen; er müsse fremde<lb/> Waren, Personen und Diplomaten aufnehmen. Allein sobald man<lb/> einen solchen Grundsatz anwenden will, erkennt man, daß man auch<lb/> wissen muß, <hi rendition="#g">welche</hi> Waren die Freizügigkeit genießen sollen, zu<lb/><hi rendition="#g">welchen</hi> Bedingungen und in <hi rendition="#g">welcher</hi> Menge jeder Staat sie<lb/> einlassen muß und <hi rendition="#g">welche</hi> rechtliche Bedingungen ihnen im Ein-<lb/> fuhrland in privat- und öffentlich-rechtlicher Beziehung bereitet<lb/> werden sollen. Was nützt dem Exportstaate das Recht, Waren<lb/> nach einem anderen Staate ausführen zu dürfen, wenn diese<lb/> Waren dort mit erdrückenden Konsumsteuern belegt werden oder<lb/> wenn der Rechtsschutz illusorisch ist? Kann man ihm zumuten,<lb/> einem solchen Staat die Einfuhr <hi rendition="#g">seiner</hi> Produkte zu gestatten,<lb/> ihm, der sie mit keiner Ausnahmesteuer belegt und unter sichern<lb/> Rechtsschutz stellt? Und ebenso für die Personen. Will man<lb/> aber mit dem Recht auf Verkehr auch das Recht auf alle diese<lb/> Dinge verbinden, so stellt man das gesamte innere Recht unter<lb/> die Kontrolle des internationalen. Man postuliert dann nicht<lb/> nur ein bestimmtes <hi rendition="#g">zwischenstaatliches</hi> Recht, sondern auch<lb/> ein bestimmtes staatliches. Verzichtet man aber auf diese Ein-<lb/> wirkung und nimmt man das nationale Recht, wie es eben ist, so<lb/> verzichtet man auch auf eine <hi rendition="#g">begründete</hi> internationale Ord-<lb/> nung, die Anspruch auf Richtigkeit erheben kann.</p><lb/> <p>Solche allgemeine Sätze und Grundrechte, wie man sie auch<lb/> oft nennt, können vielleicht unter bestimmten, bekannten Um-</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_57_2" prev="#seg2pn_57_1" place="foot" n="1">recht dem gliedstaatlichen (kantonalen Recht) die Richtung weist; aber<lb/> wenn es positives Recht wäre, müßte es auch durch seine Organe für seine<lb/> Anwendung und Erzwingbarkeit sorgen (vgl. S. 173 ff.), und dieser Organi-<lb/> sation stände in allem die oberste Entscheidung zu. Dem Völkerrecht<lb/> kommt aber keines von beiden zu, und das eine kommt ihm nicht zu, weil<lb/> das andere ihm nicht zukommt.</note><lb/> </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [406/0421]
III. Teil. Die rechtsgeschäftliche Verfassung.
Die Doktrin sucht immer noch nach solchen Grundsätzen des
Völkerrechts, die zu gelten hätten, mangels Vertrag; aber es gelingt
ihr nicht, diese Grundsätze fest zu umreißen, nach Voraussetzungen
und Wirkungen, weil sie es nicht tun könnte, ohne die Autonomie
der Staaten, d. h. ihre Befugnis, über ihr Recht selbst zu bestimmen,
also ihre staatliche Eigenschaft im Grundsatze aufzuheben. Manche
Schriftsteller sprechen z. B. von einem Grundrecht auf Verkehr
und meinen, ein Staat dürfe sich wirtschaftlich, personell und
diplomatisch nicht gegen andere abschließen; er müsse fremde
Waren, Personen und Diplomaten aufnehmen. Allein sobald man
einen solchen Grundsatz anwenden will, erkennt man, daß man auch
wissen muß, welche Waren die Freizügigkeit genießen sollen, zu
welchen Bedingungen und in welcher Menge jeder Staat sie
einlassen muß und welche rechtliche Bedingungen ihnen im Ein-
fuhrland in privat- und öffentlich-rechtlicher Beziehung bereitet
werden sollen. Was nützt dem Exportstaate das Recht, Waren
nach einem anderen Staate ausführen zu dürfen, wenn diese
Waren dort mit erdrückenden Konsumsteuern belegt werden oder
wenn der Rechtsschutz illusorisch ist? Kann man ihm zumuten,
einem solchen Staat die Einfuhr seiner Produkte zu gestatten,
ihm, der sie mit keiner Ausnahmesteuer belegt und unter sichern
Rechtsschutz stellt? Und ebenso für die Personen. Will man
aber mit dem Recht auf Verkehr auch das Recht auf alle diese
Dinge verbinden, so stellt man das gesamte innere Recht unter
die Kontrolle des internationalen. Man postuliert dann nicht
nur ein bestimmtes zwischenstaatliches Recht, sondern auch
ein bestimmtes staatliches. Verzichtet man aber auf diese Ein-
wirkung und nimmt man das nationale Recht, wie es eben ist, so
verzichtet man auch auf eine begründete internationale Ord-
nung, die Anspruch auf Richtigkeit erheben kann.
Solche allgemeine Sätze und Grundrechte, wie man sie auch
oft nennt, können vielleicht unter bestimmten, bekannten Um-
1
1 recht dem gliedstaatlichen (kantonalen Recht) die Richtung weist; aber
wenn es positives Recht wäre, müßte es auch durch seine Organe für seine
Anwendung und Erzwingbarkeit sorgen (vgl. S. 173 ff.), und dieser Organi-
sation stände in allem die oberste Entscheidung zu. Dem Völkerrecht
kommt aber keines von beiden zu, und das eine kommt ihm nicht zu, weil
das andere ihm nicht zukommt.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |