Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.2. Abschnitt.besondere Stände und Gewerbe.) Der Hofnarr des Hauses Die Species des uomo piacevole und des Buffone 1) Laut Bandello IV, Nov. 2 konnte Gonnella auch sein Gesicht in die Züge Anderer verstellen und alle Dialecte Italiens nachmachen. 2) Paul. Jovius, vita Leonis X. 3) Erat enim Bibiena mirus artifex hominibus aetate vel pro-
fessione gravibus ad insaniam impellendis. Man erinnert sich dabei an den Scherz welchen Christine von Schweden mit ihren Philologen trieb. 2. Abſchnitt.beſondere Stände und Gewerbe.) Der Hofnarr des Hauſes Die Species des uomo piacevole und des Buffone 1) Laut Bandello IV, Nov. 2 konnte Gonnella auch ſein Geſicht in die Züge Anderer verſtellen und alle Dialecte Italiens nachmachen. 2) Paul. Jovius, vita Leonis X. 3) Erat enim Bibiena mirus artifex hominibus ætate vel pro-
fessione gravibus ad insaniam impellendis. Man erinnert ſich dabei an den Scherz welchen Chriſtine von Schweden mit ihren Philologen trieb. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0168" n="158"/><note place="left"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">2. Abſchnitt.</hi></hi></note>beſondere Stände und Gewerbe.) Der Hofnarr des Hauſes<lb/> Eſte hat ſich mehr als einmal durch bittern Hohn und<lb/> ausgeſuchte Rache ſchadlos gehalten <note place="foot" n="1)">Laut <hi rendition="#aq">Bandello IV, Nov.</hi> 2 konnte Gonnella auch ſein Geſicht in<lb/> die Züge Anderer verſtellen und alle Dialecte Italiens nachmachen.</note>.</p><lb/> <p>Die Species des <hi rendition="#aq">uomo piacevole</hi> und des Buffone<lb/> haben die Freiheit von Florenz lange überdauert. Unter<lb/> Herzog Coſimo blühte der Barlacchia, zu Anfang des<lb/><hi rendition="#aq">XVII.</hi> Jahrhunderts Francesco Ruspoli und Curzio Ma-<lb/><note place="left">Die Späße<lb/> Leo's <hi rendition="#aq">X.</hi></note>rignolli. Ganz merkwürdig zeigt ſich in Papſt Leo <hi rendition="#aq">X.</hi> die<lb/> echt florentiniſche Vorliebe für Spaßmacher. Der auf die<lb/> feinſten geiſtigen Genüſſe gerichtete und darin unerſättliche<lb/> Fürſt erträgt und verlangt doch an ſeiner Tafel ein paar<lb/> witzige Poſſenreißer und Freßkünſtler, darunter zwei Mönche<lb/> und ein Krüppel <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#aq">Paul. Jovius, vita Leonis X.</hi></note>; bei feſtlichen Zeiten behandelte er ſie<lb/> mit geſucht antikem Hohn als Paraſiten, indem ihnen<lb/> Affen und Raben unter dem Anſchein köſtlicher Braten<lb/> aufgeſtellt wurden. Ueberhaupt behielt ſich Leo die Burle<lb/> für eigenen Gebrauch vor; namentlich gehörte es zu ſeiner<lb/> Art von Geiſt, die eigenen Lieblingsbeſchäftigungen —<lb/> Dichtung und Muſik — bisweilen ironiſch zu behandeln,<lb/> indem er und ſein Factotum Cardinal Bibiena die Cari-<lb/> caturen derſelben beförderten <note place="foot" n="3)"><hi rendition="#aq">Erat enim Bibiena mirus artifex hominibus ætate vel pro-<lb/> fessione gravibus ad insaniam impellendis.</hi> Man erinnert ſich<lb/> dabei an den Scherz welchen Chriſtine von Schweden mit ihren<lb/> Philologen trieb.</note>. Beide fanden es nicht unter<lb/> ihrer Würde einen guten alten Secretär mit allen Kräften ſo<lb/> lange zu bearbeiten, bis er ſich für einen großen Muſiktheore-<lb/><note place="left">Baraballo.</note>tiker hielt. Den Improviſator Baraballo von Gaeta hetzte Leo<lb/> durch beſtändige Schmeicheleien ſo weit, daß ſich derſelbe<lb/> ernſtlich um die capitoliniſche Dichterkrönung bewarb; am<lb/> Tage der mediceiſchen Hauspatrone S. Cosmas und S. Da-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [158/0168]
beſondere Stände und Gewerbe.) Der Hofnarr des Hauſes
Eſte hat ſich mehr als einmal durch bittern Hohn und
ausgeſuchte Rache ſchadlos gehalten 1).
2. Abſchnitt.
Die Species des uomo piacevole und des Buffone
haben die Freiheit von Florenz lange überdauert. Unter
Herzog Coſimo blühte der Barlacchia, zu Anfang des
XVII. Jahrhunderts Francesco Ruspoli und Curzio Ma-
rignolli. Ganz merkwürdig zeigt ſich in Papſt Leo X. die
echt florentiniſche Vorliebe für Spaßmacher. Der auf die
feinſten geiſtigen Genüſſe gerichtete und darin unerſättliche
Fürſt erträgt und verlangt doch an ſeiner Tafel ein paar
witzige Poſſenreißer und Freßkünſtler, darunter zwei Mönche
und ein Krüppel 2); bei feſtlichen Zeiten behandelte er ſie
mit geſucht antikem Hohn als Paraſiten, indem ihnen
Affen und Raben unter dem Anſchein köſtlicher Braten
aufgeſtellt wurden. Ueberhaupt behielt ſich Leo die Burle
für eigenen Gebrauch vor; namentlich gehörte es zu ſeiner
Art von Geiſt, die eigenen Lieblingsbeſchäftigungen —
Dichtung und Muſik — bisweilen ironiſch zu behandeln,
indem er und ſein Factotum Cardinal Bibiena die Cari-
caturen derſelben beförderten 3). Beide fanden es nicht unter
ihrer Würde einen guten alten Secretär mit allen Kräften ſo
lange zu bearbeiten, bis er ſich für einen großen Muſiktheore-
tiker hielt. Den Improviſator Baraballo von Gaeta hetzte Leo
durch beſtändige Schmeicheleien ſo weit, daß ſich derſelbe
ernſtlich um die capitoliniſche Dichterkrönung bewarb; am
Tage der mediceiſchen Hauspatrone S. Cosmas und S. Da-
Die Späße
Leo's X.
Baraballo.
1) Laut Bandello IV, Nov. 2 konnte Gonnella auch ſein Geſicht in
die Züge Anderer verſtellen und alle Dialecte Italiens nachmachen.
2) Paul. Jovius, vita Leonis X.
3) Erat enim Bibiena mirus artifex hominibus ætate vel pro-
fessione gravibus ad insaniam impellendis. Man erinnert ſich
dabei an den Scherz welchen Chriſtine von Schweden mit ihren
Philologen trieb.
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