Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.mian mußte er erst, mit Lorbeer und Purpur ausstaffirt,2. Abschnitt. Die Parodie des Feierlichen und Erhabenen, welcheDie Parodie. 1) Das Lorgnon entnehme ich nicht bloß aus Rafaels Porträt, wo es eher als Loupe zur Betrachtung der Miniaturen des Gebetbuches gedeutet werden kann, sondern aus einer Notiz des Pellicanus, wonach Leo eine aufziehende Procession von Mönchen durch ein Specillum betrachtete, (vgl Zürcher Taschenbuch auf 1858, S. 177) und aus der cristal- lus concava, die er laut Giovio auf der Jagd brauchie. 2) Auch in der bildenden Kunst fehlt sie nicht; man erinnere sich z. B.
jenes bekannten Stiches welcher die Laocoonsgruppe in drei Affen übersetzt darstellt. Nur ging dergleichen selten über eine flüchtige Handzeichnung hinaus; Manches mag auch zernichtet worden sein. Die Caricatur ist wieder wesentlich etwas Anderes; Lionardo in seinen Grimassen (Ambrosiana) stellt das Häßliche dar wenn und weil es komisch ist und erhöht dabei diesen komischen Character nach Belieben. mian mußte er erſt, mit Lorbeer und Purpur ausſtaffirt,2. Abſchnitt. Die Parodie des Feierlichen und Erhabenen, welcheDie Parodie. 1) Das Lorgnon entnehme ich nicht bloß aus Rafaels Porträt, wo es eher als Loupe zur Betrachtung der Miniaturen des Gebetbuches gedeutet werden kann, ſondern aus einer Notiz des Pellicanus, wonach Leo eine aufziehende Proceſſion von Mönchen durch ein Specillum betrachtete, (vgl Zürcher Taſchenbuch auf 1858, S. 177) und aus der cristal- lus concava, die er laut Giovio auf der Jagd brauchie. 2) Auch in der bildenden Kunſt fehlt ſie nicht; man erinnere ſich z. B.
jenes bekannten Stiches welcher die Laocoonsgruppe in drei Affen überſetzt darſtellt. Nur ging dergleichen ſelten über eine flüchtige Handzeichnung hinaus; Manches mag auch zernichtet worden ſein. Die Caricatur iſt wieder weſentlich etwas Anderes; Lionardo in ſeinen Grimaſſen (Ambroſiana) ſtellt das Häßliche dar wenn und weil es komiſch iſt und erhöht dabei dieſen komiſchen Character nach Belieben. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0169" n="159"/> mian mußte er erſt, mit Lorbeer und Purpur ausſtaffirt,<note place="right"><hi rendition="#b"><hi rendition="#u">2. Abſchnitt.</hi></hi></note><lb/> das päpſtliche Gaſtmahl durch Recitationen erheitern, und<lb/> als Alles am Berſten war, im vaticaniſchen Hof den gold-<lb/> geſchirrten Elephanten beſteigen, welchen Emanuel der<lb/> Große von Portugal nach Rom geſchenkt hatte; während<lb/> deſſen ſah der Papſt von oben durch ſein Lorgnon <note place="foot" n="1)">Das Lorgnon entnehme ich nicht bloß aus Rafaels Porträt, wo es eher<lb/> als Loupe zur Betrachtung der Miniaturen des Gebetbuches gedeutet<lb/> werden kann, ſondern aus einer Notiz des Pellicanus, wonach Leo eine<lb/> aufziehende Proceſſion von Mönchen durch ein <hi rendition="#aq">Specillum</hi> betrachtete,<lb/> (vgl Zürcher Taſchenbuch auf 1858, S. 177) und aus der <hi rendition="#aq">cristal-<lb/> lus concava,</hi> die er laut Giovio auf der Jagd brauchie.</note> her-<lb/> unter. Das Thier aber wurde ſcheu vom Lärm der Pauken<lb/> und Trompeten und vom Bravorufen und war nicht über<lb/> die Engelsbrücke zu bringen.</p><lb/> <p>Die Parodie des Feierlichen und Erhabenen, welche<note place="right">Die Parodie.</note><lb/> uns hier in Geſtalt eines Aufzuges entgegentritt, hatte da-<lb/> mals bereits eine mächtige Stellung in der Poeſie einge-<lb/> nommen <note place="foot" n="2)">Auch in der bildenden Kunſt fehlt ſie nicht; man erinnere ſich z. B.<lb/> jenes bekannten Stiches welcher die Laocoonsgruppe in drei Affen<lb/> überſetzt darſtellt. Nur ging dergleichen ſelten über eine flüchtige<lb/> Handzeichnung hinaus; Manches mag auch zernichtet worden ſein.<lb/> Die Caricatur iſt wieder weſentlich etwas Anderes; Lionardo in<lb/> ſeinen Grimaſſen (Ambroſiana) ſtellt das Häßliche dar wenn und<lb/> weil es komiſch iſt und erhöht dabei dieſen komiſchen Character nach<lb/> Belieben.</note>. Freilich mußte ſie ſich ein anderes Opfer<lb/> ſuchen als z. B. Ariſtophanes durfte, da er die großen<lb/> Tragiker in ſeiner Comödie auftreten ließ. Aber dieſelbe<lb/> Bildungsreife, welche bei den Griechen zu einer beſtimmten<lb/> Zeit die Parodie hervortrieb, brachte ſie auch hier zur<lb/> Blüthe. Schon zu Ende des <hi rendition="#aq">XIV.</hi> Jahrhunderts werden<lb/> im Sonett petrarchiſche Liebesklagen und anderes der Art<lb/> durch Nachahmung ausgehöhnt; ja das Feierliche der vier-<lb/> zehnzeiligen Form an ſich wird durch geheimthuenden Unſinn<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [159/0169]
mian mußte er erſt, mit Lorbeer und Purpur ausſtaffirt,
das päpſtliche Gaſtmahl durch Recitationen erheitern, und
als Alles am Berſten war, im vaticaniſchen Hof den gold-
geſchirrten Elephanten beſteigen, welchen Emanuel der
Große von Portugal nach Rom geſchenkt hatte; während
deſſen ſah der Papſt von oben durch ſein Lorgnon 1) her-
unter. Das Thier aber wurde ſcheu vom Lärm der Pauken
und Trompeten und vom Bravorufen und war nicht über
die Engelsbrücke zu bringen.
2. Abſchnitt.
Die Parodie des Feierlichen und Erhabenen, welche
uns hier in Geſtalt eines Aufzuges entgegentritt, hatte da-
mals bereits eine mächtige Stellung in der Poeſie einge-
nommen 2). Freilich mußte ſie ſich ein anderes Opfer
ſuchen als z. B. Ariſtophanes durfte, da er die großen
Tragiker in ſeiner Comödie auftreten ließ. Aber dieſelbe
Bildungsreife, welche bei den Griechen zu einer beſtimmten
Zeit die Parodie hervortrieb, brachte ſie auch hier zur
Blüthe. Schon zu Ende des XIV. Jahrhunderts werden
im Sonett petrarchiſche Liebesklagen und anderes der Art
durch Nachahmung ausgehöhnt; ja das Feierliche der vier-
zehnzeiligen Form an ſich wird durch geheimthuenden Unſinn
Die Parodie.
1) Das Lorgnon entnehme ich nicht bloß aus Rafaels Porträt, wo es eher
als Loupe zur Betrachtung der Miniaturen des Gebetbuches gedeutet
werden kann, ſondern aus einer Notiz des Pellicanus, wonach Leo eine
aufziehende Proceſſion von Mönchen durch ein Specillum betrachtete,
(vgl Zürcher Taſchenbuch auf 1858, S. 177) und aus der cristal-
lus concava, die er laut Giovio auf der Jagd brauchie.
2) Auch in der bildenden Kunſt fehlt ſie nicht; man erinnere ſich z. B.
jenes bekannten Stiches welcher die Laocoonsgruppe in drei Affen
überſetzt darſtellt. Nur ging dergleichen ſelten über eine flüchtige
Handzeichnung hinaus; Manches mag auch zernichtet worden ſein.
Die Caricatur iſt wieder weſentlich etwas Anderes; Lionardo in
ſeinen Grimaſſen (Ambroſiana) ſtellt das Häßliche dar wenn und
weil es komiſch iſt und erhöht dabei dieſen komiſchen Character nach
Belieben.
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