muß ausgehen von den großen geistigen Möglichkeiten,3. Abschnitt. welche in den Bereich der "Anregung" fallen und schlechter- dings nicht im Ganzen zu berechnen, wohl aber für die genauere Forschung in manchen einzelnen Fällen thatsächlich nachzuweisen sind. Was die italienischen Humanisten seit etwa 1520 auf Europa gewirkt haben, ist immer irgend- wie von dem Antriebe bedingt, der von Leo ausging. Er ist derjenige Papst, welcher im Druckprivilegium für den neugewonnenen Tacitus 1) sagen durfte: Die großen Autoren seien eine Norm des Lebens, ein Trost im Unglück; die Beförderung der Gelehrten und der Erwerb trefflicher Bücher habe ihm von jeher als ein höchstes Ziel gegolten, und auch jetzt danke er dem Himmel, den Nutzen des Menschenge- schlechtes durch Begünstigung dieses Buches befördern zu können.
Wie die Verwüstung Roms 1527 die Künstler zer- streute, so trieb sie auch die Literaten nach allen Winden auseinander und breitete den Ruhm des großen verstor- benen Beschützers erst recht bis in die äußersten Enden Italiens aus.
Von den weltlichen Fürsten des XV. JahrhundertsDas Alterthum bei Alfons von Aragon. zeigt den höchsten Enthusiasmus für das Alterthum Alfons der Große von Aragon, König von Neapel (S. 34). Es scheint, daß er dabei völlig naiv war, daß die antike Welt in Denkmälern und Schriften ihm seit seiner Ankunft in Italien einen großen, überwältigenden Eindruck machte, welchem er nun nachleben mußte. Wunderbar leicht gab er sein trotziges Aragon sammt Nebenlanden an seinen Bruder auf, um sich ganz dem neuen Besitz zu widmen. Er hatte theils nach, theils neben einander in seinen Dien- sten2) den Georg von Trapezunt, den jüngern Chrysoloras,
1)Roscoe, Leone X, ed. Bossi IV, 181.
2)Vespas. Fior. p. 68, s. Die Uebersetzungen aus dem Griechischen die A. machen ließ, p. 93. -- Vita Jan. Manetti, bei Murat. XX, Col. 541, s. 550, s. 595. -- Panormita: Dicta et Facta Al- phonsi, sammt den Glossen des Aeneas Sylvius.
muß ausgehen von den großen geiſtigen Möglichkeiten,3. Abſchnitt. welche in den Bereich der „Anregung“ fallen und ſchlechter- dings nicht im Ganzen zu berechnen, wohl aber für die genauere Forſchung in manchen einzelnen Fällen thatſächlich nachzuweiſen ſind. Was die italieniſchen Humaniſten ſeit etwa 1520 auf Europa gewirkt haben, iſt immer irgend- wie von dem Antriebe bedingt, der von Leo ausging. Er iſt derjenige Papſt, welcher im Druckprivilegium für den neugewonnenen Tacitus 1) ſagen durfte: Die großen Autoren ſeien eine Norm des Lebens, ein Troſt im Unglück; die Beförderung der Gelehrten und der Erwerb trefflicher Bücher habe ihm von jeher als ein höchſtes Ziel gegolten, und auch jetzt danke er dem Himmel, den Nutzen des Menſchenge- ſchlechtes durch Begünſtigung dieſes Buches befördern zu können.
Wie die Verwüſtung Roms 1527 die Künſtler zer- ſtreute, ſo trieb ſie auch die Literaten nach allen Winden auseinander und breitete den Ruhm des großen verſtor- benen Beſchützers erſt recht bis in die äußerſten Enden Italiens aus.
Von den weltlichen Fürſten des XV. JahrhundertsDas Alterthum bei Alfons von Aragon. zeigt den höchſten Enthuſiasmus für das Alterthum Alfons der Große von Aragon, König von Neapel (S. 34). Es ſcheint, daß er dabei völlig naiv war, daß die antike Welt in Denkmälern und Schriften ihm ſeit ſeiner Ankunft in Italien einen großen, überwältigenden Eindruck machte, welchem er nun nachleben mußte. Wunderbar leicht gab er ſein trotziges Aragon ſammt Nebenlanden an ſeinen Bruder auf, um ſich ganz dem neuen Beſitz zu widmen. Er hatte theils nach, theils neben einander in ſeinen Dien- ſten2) den Georg von Trapezunt, den jüngern Chryſoloras,
1)Roscoe, Leone X, ed. Bossi IV, 181.
2)Vespas. Fior. p. 68, s. Die Ueberſetzungen aus dem Griechiſchen die A. machen ließ, p. 93. — Vita Jan. Manetti, bei Murat. XX, Col. 541, s. 550, s. 595. — Panormita: Dicta et Facta Al- phonsi, ſammt den Gloſſen des Aeneas Sylvius.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0229"n="219"/>
muß ausgehen von den großen geiſtigen Möglichkeiten,<noteplace="right"><hirendition="#b"><hirendition="#u">3. Abſchnitt.</hi></hi></note><lb/>
welche in den Bereich der „Anregung“ fallen und ſchlechter-<lb/>
dings nicht im Ganzen zu berechnen, wohl aber für die<lb/>
genauere Forſchung in manchen einzelnen Fällen thatſächlich<lb/>
nachzuweiſen ſind. Was die italieniſchen Humaniſten ſeit<lb/>
etwa 1520 auf Europa gewirkt haben, iſt immer irgend-<lb/>
wie von dem Antriebe bedingt, der von Leo ausging. Er<lb/>
iſt derjenige Papſt, welcher im Druckprivilegium für den<lb/>
neugewonnenen Tacitus <noteplace="foot"n="1)"><hirendition="#aq">Roscoe, Leone X, ed. Bossi IV,</hi> 181.</note>ſagen durfte: Die großen Autoren<lb/>ſeien eine Norm des Lebens, ein Troſt im Unglück; die<lb/>
Beförderung der Gelehrten und der Erwerb trefflicher<lb/>
Bücher habe ihm von jeher als ein höchſtes Ziel gegolten, und<lb/>
auch jetzt danke er dem Himmel, den Nutzen des Menſchenge-<lb/>ſchlechtes durch Begünſtigung dieſes Buches befördern zu können.</p><lb/><p>Wie die Verwüſtung Roms 1527 die Künſtler zer-<lb/>ſtreute, ſo trieb ſie auch die Literaten nach allen Winden<lb/>
auseinander und breitete den Ruhm des großen verſtor-<lb/>
benen Beſchützers erſt recht bis in die äußerſten Enden<lb/>
Italiens aus.</p><lb/><p>Von den weltlichen Fürſten des <hirendition="#aq">XV.</hi> Jahrhunderts<noteplace="right">Das Alterthum<lb/>
bei Alfons von<lb/>
Aragon.</note><lb/>
zeigt den höchſten Enthuſiasmus für das Alterthum Alfons<lb/>
der Große von Aragon, König von Neapel (S. 34).<lb/>
Es ſcheint, daß er dabei völlig naiv war, daß die antike<lb/>
Welt in Denkmälern und Schriften ihm ſeit ſeiner Ankunft<lb/>
in Italien einen großen, überwältigenden Eindruck machte,<lb/>
welchem er nun nachleben mußte. Wunderbar leicht gab<lb/>
er ſein trotziges Aragon ſammt Nebenlanden an ſeinen<lb/>
Bruder auf, um ſich ganz dem neuen Beſitz zu widmen.<lb/>
Er hatte theils nach, theils neben einander in ſeinen Dien-<lb/>ſten<noteplace="foot"n="2)"><hirendition="#aq">Vespas. Fior. p. 68, s.</hi> Die Ueberſetzungen aus dem Griechiſchen<lb/>
die A. machen ließ, <hirendition="#aq">p. 93. — Vita Jan. Manetti,</hi> bei <hirendition="#aq">Murat. XX,<lb/>
Col. 541, s. 550, s. 595. — Panormita: Dicta et Facta Al-<lb/>
phonsi,</hi>ſammt den Gloſſen des Aeneas Sylvius.</note> den Georg von Trapezunt, den jüngern Chryſoloras,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[219/0229]
muß ausgehen von den großen geiſtigen Möglichkeiten,
welche in den Bereich der „Anregung“ fallen und ſchlechter-
dings nicht im Ganzen zu berechnen, wohl aber für die
genauere Forſchung in manchen einzelnen Fällen thatſächlich
nachzuweiſen ſind. Was die italieniſchen Humaniſten ſeit
etwa 1520 auf Europa gewirkt haben, iſt immer irgend-
wie von dem Antriebe bedingt, der von Leo ausging. Er
iſt derjenige Papſt, welcher im Druckprivilegium für den
neugewonnenen Tacitus 1) ſagen durfte: Die großen Autoren
ſeien eine Norm des Lebens, ein Troſt im Unglück; die
Beförderung der Gelehrten und der Erwerb trefflicher
Bücher habe ihm von jeher als ein höchſtes Ziel gegolten, und
auch jetzt danke er dem Himmel, den Nutzen des Menſchenge-
ſchlechtes durch Begünſtigung dieſes Buches befördern zu können.
3. Abſchnitt.
Wie die Verwüſtung Roms 1527 die Künſtler zer-
ſtreute, ſo trieb ſie auch die Literaten nach allen Winden
auseinander und breitete den Ruhm des großen verſtor-
benen Beſchützers erſt recht bis in die äußerſten Enden
Italiens aus.
Von den weltlichen Fürſten des XV. Jahrhunderts
zeigt den höchſten Enthuſiasmus für das Alterthum Alfons
der Große von Aragon, König von Neapel (S. 34).
Es ſcheint, daß er dabei völlig naiv war, daß die antike
Welt in Denkmälern und Schriften ihm ſeit ſeiner Ankunft
in Italien einen großen, überwältigenden Eindruck machte,
welchem er nun nachleben mußte. Wunderbar leicht gab
er ſein trotziges Aragon ſammt Nebenlanden an ſeinen
Bruder auf, um ſich ganz dem neuen Beſitz zu widmen.
Er hatte theils nach, theils neben einander in ſeinen Dien-
ſten 2) den Georg von Trapezunt, den jüngern Chryſoloras,
Das Alterthum
bei Alfons von
Aragon.
1) Roscoe, Leone X, ed. Bossi IV, 181.
2) Vespas. Fior. p. 68, s. Die Ueberſetzungen aus dem Griechiſchen
die A. machen ließ, p. 93. — Vita Jan. Manetti, bei Murat. XX,
Col. 541, s. 550, s. 595. — Panormita: Dicta et Facta Al-
phonsi, ſammt den Gloſſen des Aeneas Sylvius.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 219. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/229>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.