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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860.

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auf Erholung durch Handarbeit hingewiesen! 1) Oder hat3. Abschnitt.
er sich mit dieser Ausrede doch eher nur die Literaten vom
Leibe gehalten? In eine Seele wie die seinige schauten
schon die Zeitgenossen nicht recht hinein.

Selbst die kleinsten romagnolischen Tyrannen können
nicht leicht ohne einen oder mehrere Hofhumanisten aus-
kommen; der Hauslehrer und Secretär sind dann öfter Eine
Person, welche zeitweise sogar das Factotum des Hofes wird2).
Man ist mit der Verachtung dieser kleinen Verhältnisse
insgemein etwas zu rasch bei der Hand, indem man vergißt,
daß die höchsten Dinge des Geistes gerade nicht an den
Maßstab gebunden sind.

Ein sonderbares Treiben muß jedenfalls an dem HofeSigismondo
Malatesta.

zu Rimini unter dem frechen Heiden und Condottiere Si-
gismondo Malatesta geherrscht haben. Er hatte eine Anzahl
von Philologen um sich und stattete einzelne derselben reich-
lich, z. B. mit einem Landgut aus, während andere als
Offiziere wenigstens ihren Lebensunterhalt hatten3). In
seiner Burg -- arx Sismundea -- halten sie ihre oft sehr
giftigen Disputationen, in Gegenwart des "rex" wie sie
ihn nennen; in ihren lateinischen Dichtungen preisen sie

1) Paul. Jov. Vita Alfonsi ducis.
2) Ueber Collenuccio am Hofe des Giovanni Sforza von Pesaro, (Sohn
des Alessandro, S. 27), der ihn zuletzt mit dem Tode lohnte, s.
S. 139. -- Beim letzten Ordelaffo zu Forli versah Codrus Ur-
ceus die Stelle. -- Unter den gebildeten Tyrannen ist auch der
1488 von seiner Gattin ermordete Galeotto Manfreddi von Faenza
zu nennen; ebenso einzelne Bentivoglei von Bologna.
3) Anecdota literar. II, p. 305, s. 405. Basinius von Parma
spottet über Porcellio und Tommaso Seneca: sie als hungrige Pa-
rasiten müßten in ihrem Alter noch die Soldaten spielen, indeß er
mit ager und villa ausgestattet sei. (Um 1460; ein belehrendes
Aktenstück, aus welchem hervorgeht, daß es noch Humanisten, wie die
zwei letztgenannten gab, welche sich gegen das Aufkommen des Grie-
chischen zu wehren suchten.)

auf Erholung durch Handarbeit hingewieſen! 1) Oder hat3. Abſchnitt.
er ſich mit dieſer Ausrede doch eher nur die Literaten vom
Leibe gehalten? In eine Seele wie die ſeinige ſchauten
ſchon die Zeitgenoſſen nicht recht hinein.

Selbſt die kleinſten romagnoliſchen Tyrannen können
nicht leicht ohne einen oder mehrere Hofhumaniſten aus-
kommen; der Hauslehrer und Secretär ſind dann öfter Eine
Perſon, welche zeitweiſe ſogar das Factotum des Hofes wird2).
Man iſt mit der Verachtung dieſer kleinen Verhältniſſe
insgemein etwas zu raſch bei der Hand, indem man vergißt,
daß die höchſten Dinge des Geiſtes gerade nicht an den
Maßſtab gebunden ſind.

Ein ſonderbares Treiben muß jedenfalls an dem HofeSigismondo
Malateſta.

zu Rimini unter dem frechen Heiden und Condottiere Si-
gismondo Malateſta geherrſcht haben. Er hatte eine Anzahl
von Philologen um ſich und ſtattete einzelne derſelben reich-
lich, z. B. mit einem Landgut aus, während andere als
Offiziere wenigſtens ihren Lebensunterhalt hatten3). In
ſeiner Burg — arx Sismundea — halten ſie ihre oft ſehr
giftigen Disputationen, in Gegenwart des „rex“ wie ſie
ihn nennen; in ihren lateiniſchen Dichtungen preiſen ſie

1) Paul. Jov. Vita Alfonsi ducis.
2) Ueber Collenuccio am Hofe des Giovanni Sforza von Peſaro, (Sohn
des Aleſſandro, S. 27), der ihn zuletzt mit dem Tode lohnte, ſ.
S. 139. — Beim letzten Ordelaffo zu Forli verſah Codrus Ur-
ceus die Stelle. — Unter den gebildeten Tyrannen iſt auch der
1488 von ſeiner Gattin ermordete Galeotto Manfreddi von Faenza
zu nennen; ebenſo einzelne Bentivoglî von Bologna.
3) Anecdota literar. II, p. 305, s. 405. Baſinius von Parma
ſpottet über Porcellio und Tommaſo Seneca: ſie als hungrige Pa-
raſiten müßten in ihrem Alter noch die Soldaten ſpielen, indeß er
mit ager und villa ausgeſtattet ſei. (Um 1460; ein belehrendes
Aktenſtück, aus welchem hervorgeht, daß es noch Humaniſten, wie die
zwei letztgenannten gab, welche ſich gegen das Aufkommen des Grie-
chiſchen zu wehren ſuchten.)
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[223/0233] auf Erholung durch Handarbeit hingewieſen! 1) Oder hat er ſich mit dieſer Ausrede doch eher nur die Literaten vom Leibe gehalten? In eine Seele wie die ſeinige ſchauten ſchon die Zeitgenoſſen nicht recht hinein. 3. Abſchnitt. Selbſt die kleinſten romagnoliſchen Tyrannen können nicht leicht ohne einen oder mehrere Hofhumaniſten aus- kommen; der Hauslehrer und Secretär ſind dann öfter Eine Perſon, welche zeitweiſe ſogar das Factotum des Hofes wird 2). Man iſt mit der Verachtung dieſer kleinen Verhältniſſe insgemein etwas zu raſch bei der Hand, indem man vergißt, daß die höchſten Dinge des Geiſtes gerade nicht an den Maßſtab gebunden ſind. Ein ſonderbares Treiben muß jedenfalls an dem Hofe zu Rimini unter dem frechen Heiden und Condottiere Si- gismondo Malateſta geherrſcht haben. Er hatte eine Anzahl von Philologen um ſich und ſtattete einzelne derſelben reich- lich, z. B. mit einem Landgut aus, während andere als Offiziere wenigſtens ihren Lebensunterhalt hatten 3). In ſeiner Burg — arx Sismundea — halten ſie ihre oft ſehr giftigen Disputationen, in Gegenwart des „rex“ wie ſie ihn nennen; in ihren lateiniſchen Dichtungen preiſen ſie Sigismondo Malateſta. 1) Paul. Jov. Vita Alfonsi ducis. 2) Ueber Collenuccio am Hofe des Giovanni Sforza von Peſaro, (Sohn des Aleſſandro, S. 27), der ihn zuletzt mit dem Tode lohnte, ſ. S. 139. — Beim letzten Ordelaffo zu Forli verſah Codrus Ur- ceus die Stelle. — Unter den gebildeten Tyrannen iſt auch der 1488 von ſeiner Gattin ermordete Galeotto Manfreddi von Faenza zu nennen; ebenſo einzelne Bentivoglî von Bologna. 3) Anecdota literar. II, p. 305, s. 405. Baſinius von Parma ſpottet über Porcellio und Tommaſo Seneca: ſie als hungrige Pa- raſiten müßten in ihrem Alter noch die Soldaten ſpielen, indeß er mit ager und villa ausgeſtattet ſei. (Um 1460; ein belehrendes Aktenſtück, aus welchem hervorgeht, daß es noch Humaniſten, wie die zwei letztgenannten gab, welche ſich gegen das Aufkommen des Grie- chiſchen zu wehren ſuchten.)

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Zitationshilfe: Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/233>, abgerufen am 27.11.2024.