achtungswerther als die heute beliebte von (zumal weib-3. Abschnitt. lichen) Namen, die aus Romanen stammen. Sobald die Begeisterung für die alte Welt größer war als die für die Heiligen, erscheint es ganz einfach und natürlich, daß ein adliches Geschlecht seine Söhne Agamemnon, Achill, und Tydeus taufen ließ 1), daß der Maler seinen Sohn Apelles nannte und seine Tochter Minerva etc. 2). Auch soviel wird sich wohl vertheidigen lassen, daß statt eines Hausnamens, welchem man überhaupt entrinnen wollte, ein wohllautender antiker angenommen wurde. Einen Heimathsnamen, der alle Mitbürger mitbezeichnete und noch gar nicht zum Fa- miliennamen geworden war, gab man gewiß um so lieber auf, wenn er zugleich als Heiligenname unbequem wurde; Filippo da S. Gemignano nannte sich Callimachus. Wer von der Familie verkannt und beleidigt sein Glück als Ge- lehrter in der Fremde machte, der durfte sich, auch wenn er ein Sanseverino war, mit Stolz zum Julius Pomponius Laetus umtaufen. Auch die reine Uebersetzung eines Na- mens ins Lateinische oder ins Griechische (wie sie dann in Deutschland fast ausschließlich Brauch wurde) mag man einer Generation zu Gute halten, welche lateinisch sprach und schrieb und nicht bloß declinable sondern leicht in Prosa und Vers mitgleitende Namen brauchte. Tadelhaft und oft lächerlich war erst das halbe Aendern eines Na- mens, bis er einen classischen Klang und einen neuen Sinn hatte, sowohl Taufnamen als Zunamen. So wurde aus Giovanni Jovianus oder Janus, aus Pietro Pierius oder
1)Bursellis, ann. Bonon., bei Murat. XXIII. Col. 898.
2)Vasari XI, p. 189. 257, vite di Sodoma e di Garofalo. -- Begreiflicher Weise bemächtigten sich die liederlichen Weibspersonen in Rom der volltönendsten antiken Namen Giulia, Lucrezia, Cas- sandra, Porzia, Virginia, Pentesilea etc., womit sie bei Aretino auf- treten. -- Die Juden mögen vielleicht damals die Namen der großen semitischen Römerfeinde Amilcare, Annibale, Asdrubale an sich ge- nommen haben, die sie noch heute in Rom so häufig führen.
achtungswerther als die heute beliebte von (zumal weib-3. Abſchnitt. lichen) Namen, die aus Romanen ſtammen. Sobald die Begeiſterung für die alte Welt größer war als die für die Heiligen, erſcheint es ganz einfach und natürlich, daß ein adliches Geſchlecht ſeine Söhne Agamemnon, Achill, und Tydeus taufen ließ 1), daß der Maler ſeinen Sohn Apelles nannte und ſeine Tochter Minerva ꝛc. 2). Auch ſoviel wird ſich wohl vertheidigen laſſen, daß ſtatt eines Hausnamens, welchem man überhaupt entrinnen wollte, ein wohllautender antiker angenommen wurde. Einen Heimathsnamen, der alle Mitbürger mitbezeichnete und noch gar nicht zum Fa- miliennamen geworden war, gab man gewiß um ſo lieber auf, wenn er zugleich als Heiligenname unbequem wurde; Filippo da S. Gemignano nannte ſich Callimachus. Wer von der Familie verkannt und beleidigt ſein Glück als Ge- lehrter in der Fremde machte, der durfte ſich, auch wenn er ein Sanſeverino war, mit Stolz zum Julius Pomponius Laetus umtaufen. Auch die reine Ueberſetzung eines Na- mens ins Lateiniſche oder ins Griechiſche (wie ſie dann in Deutſchland faſt ausſchließlich Brauch wurde) mag man einer Generation zu Gute halten, welche lateiniſch ſprach und ſchrieb und nicht bloß declinable ſondern leicht in Proſa und Vers mitgleitende Namen brauchte. Tadelhaft und oft lächerlich war erſt das halbe Aendern eines Na- mens, bis er einen claſſiſchen Klang und einen neuen Sinn hatte, ſowohl Taufnamen als Zunamen. So wurde aus Giovanni Jovianus oder Janus, aus Pietro Pierius oder
1)Bursellis, ann. Bonon., bei Murat. XXIII. Col. 898.
2)Vasari XI, p. 189. 257, vite di Sodoma e di Garofalo. — Begreiflicher Weiſe bemächtigten ſich die liederlichen Weibsperſonen in Rom der volltönendſten antiken Namen Giulia, Lucrezia, Caſ- ſandra, Porzia, Virginia, Penteſilea ꝛc., womit ſie bei Aretino auf- treten. — Die Juden mögen vielleicht damals die Namen der großen ſemitiſchen Römerfeinde Amilcare, Annibale, Asdrubale an ſich ge- nommen haben, die ſie noch heute in Rom ſo häufig führen.
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nannte und ſeine Tochter Minerva ꝛc. 2). Auch ſoviel wird
ſich wohl vertheidigen laſſen, daß ſtatt eines Hausnamens,
welchem man überhaupt entrinnen wollte, ein wohllautender
antiker angenommen wurde. Einen Heimathsnamen, der
alle Mitbürger mitbezeichnete und noch gar nicht zum Fa-
miliennamen geworden war, gab man gewiß um ſo lieber
auf, wenn er zugleich als Heiligenname unbequem wurde;
Filippo da S. Gemignano nannte ſich Callimachus. Wer
von der Familie verkannt und beleidigt ſein Glück als Ge-
lehrter in der Fremde machte, der durfte ſich, auch wenn
er ein Sanſeverino war, mit Stolz zum Julius Pomponius
Laetus umtaufen. Auch die reine Ueberſetzung eines Na-
mens ins Lateiniſche oder ins Griechiſche (wie ſie dann in
Deutſchland faſt ausſchließlich Brauch wurde) mag man
einer Generation zu Gute halten, welche lateiniſch ſprach
und ſchrieb und nicht bloß declinable ſondern leicht in
Proſa und Vers mitgleitende Namen brauchte. Tadelhaft
und oft lächerlich war erſt das halbe Aendern eines Na-
mens, bis er einen claſſiſchen Klang und einen neuen Sinn
hatte, ſowohl Taufnamen als Zunamen. So wurde aus
Giovanni Jovianus oder Janus, aus Pietro Pierius oder
3. Abſchnitt.
1) Bursellis, ann. Bonon., bei Murat. XXIII. Col. 898.
2) Vasari XI, p. 189. 257, vite di Sodoma e di Garofalo. —
Begreiflicher Weiſe bemächtigten ſich die liederlichen Weibsperſonen
in Rom der volltönendſten antiken Namen Giulia, Lucrezia, Caſ-
ſandra, Porzia, Virginia, Penteſilea ꝛc., womit ſie bei Aretino auf-
treten. — Die Juden mögen vielleicht damals die Namen der großen
ſemitiſchen Römerfeinde Amilcare, Annibale, Asdrubale an ſich ge-
nommen haben, die ſie noch heute in Rom ſo häufig führen.
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Burckhardt, Jacob: Die Cultur der Renaissance in Italien. Ein Versuch. Basel, 1860, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/burckhardt_renaissance_1860/255>, abgerufen am 22.11.2024.
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